- Von Redaktion
- 08.07.2013 um 15:46
Der Aktienmarkt brummt. Trotzdem entwickelt sich das Geschäft mit Fondspolicen eher schleppend. Jürgen Horstmann, Vorstand der Helvetia Leben, erklärt anlässlich des zehnjährigen Jubiläums der Fondspolice CleVesto Allcase, was fondsgebundene Versicherungen heute leisten müssen.
Pfefferminzia: Sie haben vor zehn Jahren die Fondspolice CleVesto Allcase auf den Markt gebracht. Inwiefern unterscheiden sich Fondspolicen von damals im Vergleich zu denen von heute?
Jürgen Horstmann: Damals waren überwiegend Fondspolicen mit einer festen Laufzeit, einer geringen Flexibilität und einem eingeschränkten Fondsuniversum im Angebot. Als wir vor zehn Jahren die Helvetia CleVesto Produktlinie einführten, gingen wir mit vier Tarifen an den Markt:Life, Retire, Allcase und Trio. CleVesto Allcase war von allen der Flexibelste, da wir ihn als Whole-Life-Tarif aufgebaut haben – also als Produkt, das den Kunden sein ganzes Leben begleiten soll. Wegen dieser Flexibilität und der diversen Anlagemöglichkeiten hat sich der Tarif bei unseren Vermittlern und Kunden durchgesetzt.
Pfefferminzia: Wie viele CleVesto-Policen haben Sie in diesen zehn Jahren verkauft?
Horstmann: Als wir vor zehn Jahren die Helvetia CleVesto Produktlinie einführten, konnten wir nicht erwarten, dass für die Helvetia unser „Whole Life“-Tarif CleVesto Allcase zum absoluten Flaggschiff werden würde. Mittlerweile trägt dieser Tarif zu mehr als 90 Prozent zum fondsgebundenen Neugeschäft bei. Insgesamt liegt der Anteil der fondsgebundenen Policen am Neugeschäft deutlich über 50 Prozent. Und die CleVesto Produktlinie hat wesentlich dazu beigetragen, dass wir in den vergangenen zehn Jahren unser Prämienaufkommen um 135 Prozent steigern konnten.
Pfefferminzia: Der deutsche Aktienmarkt brummt zwar, doch kommt viel Geld aus dem Ausland. Deutsche Anleger sind immer noch recht aktienscheu. Ist das nicht ein großes Hemmnis für Fondspolicen?
Horstmann: In Folge der Finanzkrise ist das Garantiebedürfnis bei fondsgebundenen Tarifen deutlich gestiegen. Alles auf eine Karte zu setzen wird von unseren Kunden selten gewünscht. Vor dem Hintergrund des derzeitig unsicheren Kapitalmarktumfelds ist der Wunsch nach Sicherheit daher sehr gut zu verstehen.
Reine fondsgebundene Produkte werden vom Kunden immer weniger nachgefragt. Deshalb haben wir uns dazu entschlossen, auch bei fondsgebundenen Versicherungen Konzepte zum Thema Sicherheit anzubieten. Als ein Beispiel sei hier das Sicherungsguthaben angeführt, bei dem der Kunde die Möglichkeit hat, dauerhaft oder befristet auf den sicheren Deckungsstock auszuweichen.
Meiner Meinung nach kann ein Versicherungsunternehmen nur Erfolg haben, wenn dem Kunden während der gesamten Laufzeit die Möglichkeit gegeben wird, ohne Tarifwechsel auf die verschiedenen Kapitalmarktsituationen reagieren zu können.
Pfefferminzia: Eine Feri-Studie hat jüngst gezeigt, dass viele Versicherer keinen systematischen Fondsauswahl- oder -prüfprozess haben und sich daher viele schwächliche Fonds in Fondspolicen befinden. Beispiel ist der Fidelity European Growth, den Sie auch im Angebot haben.
Horstmann: Wir achten darauf, dass wir unser Fondsangebot regelmäßig, mindestens zweimal im Jahr, überprüfen und überarbeiten. Einerseits haben wir interne Kriterien, was Größe, Performance und Fondsmanagement angeht. Gleichzeitig müssen wir aber auch schauen, welche Fonds am Markt nachgefragt werden. Das ist auch der Grund, warum wir den Fidelity European Growth in unserer Fondspalette haben. Er war einer der Superstars in den vergangenen Jahren. Vorübergehende Schwächen eines Fonds bedeuten auch nicht zwangsläufig, dass ein Fonds schlecht ist.
Pfefferminzia: Studien zeigen auch, dass der Absatz von Fondspolicen zurückgeht. Dabei sind die Rahmenbedingungen für die Produkte durch das Niedrigzinsniveau doch recht gut. Wie erklären Sie sich das?
Horstmann: Euro-Krise und Niedrigzinsphase bedeuten ein hohes Maß an Unsicherheit und in diesem Umfeld wünscht der Kunde sich sichere Anlagen. Dieser Wunsch des Kunden ist nicht immer rational zu erklären. Insbesondere bei einem langfristigen Anlagehorizont mit laufenden Prämienzahlungen und vor dem Hintergrund der aktuellen Kapitalmarktsituation halte ich gerade jetzt eine Investition in Aktien für durchaus sinnvoll.
Scheinbar sichere Anlagen bedeuten im jetzigen Kapitalmarktumfeld, dass man real Geld verliert, da die Inflation höher ist als die scheinbar sicheren Renditen von beispielsweise Deutschen Staatsanleihen. Hier bedarf es intelligenter Konzepte.
Pfefferminzia: Welche Produkttrends erwarten Sie im Bereich der Fondspolicen?
Horstmann: In Vermögensverwaltungskonzepten, die neben attraktiven Anlagemöglichkeiten auch Garantien beinhalten, liegt meiner Einschätzung nach die Zukunft. Insbesondere bei fondsgebundenen Versicherungen, die lange investiert sind, ist ein Höchstmaß an Flexibilität unerlässlich. Wir werden in der Branche dazu sicherlich noch verschiedene Modelle erleben.
Die Versuche der vergangenen Jahre beispielsweise Variable Annuity-Produkte einzuführen oder auch die dynamischen Hybridmodelle sind noch nicht der Weißheit letzter Schluss. Manch ein Versicherer hat ein blaues Auge davongetragen, da die Kosten für diese Garantien zum Teil erheblich sind.
Das Grundproblem besteht darin, dass wir langfristige Garantien aussprechen, der Markt für langfristige Garantien aber illiquide ist. Die vom Markt angebotenen Garantieprodukte sind daher unverhältnismäßig teuer. In naher Zukunft erwarte ich auf diesem Gebiet noch einige Produktinnovationen, auch wir von der Helvetia Leben untersuchen mit Hochdruck diverse Konzepte.
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