- Von Redaktion
- 19.06.2024 um 13:18
Es wird häufig über rechtliche Unklarheiten und Gefahren bei der Honorarberatung gesprochen. Welche siehst du?
Schmidt: Honorarberatung ist aus meiner Sicht kritisch zu betrachten, wenn Honorare ähnlich wie Provisionen gefactort werden. Für mich geht dabei der Transparenzvorteil für den Kunden verloren. Factoring des Honorars hat zudem immer den Anschein, dass nicht die Transparenz für den Kunden, sondern die verringerte Haftung des Beraters im Vordergrund steht.
Das Thema Honorarberatung wird nun seit über zehn Jahren in der Fachpresse als „die Chance für Vermittler:innen / Berater:innen“ kommuniziert. Nicht selten wird die Honorarberatung folglich als die Lösung der Zukunft gehandelt. Warum wird die Honorarberatung aus deiner Sicht trotzdem noch nicht aktiv angepackt?
Schmidt: Ich denke, dass viele von dem vermeintlichen Argument abgeschreckt sind „Meine Kunden sind nicht bereit, ein Honorar zu zahlen“. Sicher ist nicht jeder Kunde in der Lage, hohe Honorare für die Vertragsvermittlung zu bezahlen. Ich glaube aber auch, dass viele Berater sich ihres eigenen Mehrwertes einfach nicht bewusst sind und deshalb den Weg der provisionsbasierten Vergütung wählen. Im Falle einer Honorarvermittlung muss der Nutzen für den Kunden und der Mehrwert des Beraters deutlich stärker betont werden.
Die Angst vor sozialer Spaltung bei Einführung von Provisionsverboten wird immer wieder genannt. Richtet sich die Honorarberatung nur an vergleichsweise vermögende Kund:innen?
Schmidt: Ja, der gesamte Bereich der Finanzberatung richtet sich hauptsächlich an vermögende Kunden. Einem Großteil der Deutschen ist es heute nicht einmal mehr möglich, genug für die Rente zurückzulegen. Wie sollen zusätzlich noch Honorare für die Beratung bezahlt werden? Im Versicherungsbereich wird das im Falle eines Provisionsverbotes vermutlich in einem Konglomerat an Online- und Großmaklern enden, die sich auch bei günstigen Honoraren durch die Masse an Kunden über Wasser halten können.
Gute Beratung kostet
Warum arbeiten nahezu alle Gewerbe und Dienstleistungen wie Handwerker oder Steuerberater auf Rechnung, nur die Versicherungsbranche nicht?
Schmidt: Einfach weil sich über die Jahre der Glauben festgesetzt hat, dass Versicherungs- und Finanzberatung umsonst sei. Sicher fördern große Vergleichsportale auch genau das. Es sollte logisch sein, dass gute Beratung kostet. Da inzwischen umso mehr Wissen digital zur Verfügung steht, ist die Bereitschaft dafür zu zahlen relativ gering. Gerade wenn ein Honorar auch mal vier- bis fünfstellig ausfällt, werden sich sicher einige Kunden zur DIY-Variante abwenden. Die Wertschätzung für das Finanzhandwerk fehlt hier, und der Glaube „das kann ich selbst besser“, hat sich sicherlich auch durch einzelne Fehlberatungen in der Vergangenheit verfestigt.
Welche Chance hat das Thema Honorarberatung für die Gesellschaft und unsere Branche?
Schmidt: Aus Sicht des Vermittlers liegt die Chance vor allem darin, den Ruf des Vermittlers neu zu definieren und aufzuwerten. Weil die Honorarberatung beim Kunden mit einer ganz anderen Unabhängigkeit, Ehrlichkeit und Fachkompetenz verbunden wird à la „Wofür ich nichts zahle, das ist nichts wert“. Dementsprechend steigt mit der Honorarberatung auch die Wertschätzung des Beraters und seine wahrgenommene Kompetenz.
Über den Interviewpartner
Adrian Schmidt ist Gründer und Geschäftsführer der Finanzberatung „Käpsele“. Nach seiner Doppelausbildung zum Versicherungsfachmann und Honorar-Finanzanlagenberater, seinem Economics-Studium und seinem Fachmann für Honorarberatung berät er mit seiner Firma „Käpsele“ seit 2020 hauptsächlich ITler, Softwareentwickler und Techies.
Über die Autoren
Tim Schreitmüller ist digitaler Stratege mit Versicherungs-Know-how von der LV 1871. Stephan Busch ist Versicherungsmakler und Inhaber von Progress Finanzplaner. Tim und Stephan sind die Köpfe von CoachMeNetto.
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