Stephan Busch (links) und Tim Schreitmüller (rechts) von CoachMeNetto interviewen Menschen aus der Branche zum Thema Unternehmertun. Dieses Mal: Stefan Gierschke. © CoachMeNetto/Finanzplan
  • Von Redaktion
  • 03.07.2024 um 13:23
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„Mit Vision – Auf dem Weg zum Unternehmer“ ist eine Interviewreihe, die Stephan Busch und Tim Schreitmüller von CoachMeNetto exklusiv mit Pfefferminzia teilen. Hier enthüllen Pioniere der Branche aus erster Hand die Höhen und Tiefen des Unternehmertums. Der Gast heute: Finanzexperte Stefan Gierschke.

Was geht dir durch den Kopf, wenn du an Versicherungen denkst?

Stefan Gierschke: Hier müssen wir differenzieren. Da ich in der Branche arbeite und mich mit dem Thema nun bereits 15 Jahre intensiv beschäftige, gehen mir sehr viele positive Dinge durch den Kopf. Versicherung bedeutet für mich Sicherheit. Wenn ich an meine Familie denke, dann lässt es mich gut schlafen, dass ich beziehungsweise wir in einem Worst-Case-Szenario gut abgesichert sind. Bei einer schweren Krankheit und einer dazugehörigen Berufsunfähigkeit erhalten wir als Familie Leistungen, von denen wir leben können. Auch falls mir Schlimmeres passiert und ich von dieser Welt scheide, wird meine Familie keine finanziellen Probleme haben. Dafür habe ich gesorgt. Das gibt mir eine gewisse Sicherheit und Frieden.

Ich kann aber verstehen, dass viele ein ungutes Gefühl und sogar eine klare Unsicherheit verspüren. Vorurteile wie „die leisten eh nicht“ halten sich hartnäckig. Dazu kommen Intransparenz und Komplexität. Und wir haben nun mal in der deutschen Versicherungslandschaft auch Versicherungen, die keiner braucht. All das trägt zur Unsicherheit bei. Und das kann ich verstehen. Da gilt es in der Branche noch aufzuräumen und viele Dinge besser zu machen.

Wie bist du in die Branche gekommen?

Gierschke: In die Branche kam ich über meine eigene Beratung. Meine ersten Verträge unterschrieb ich recht „blind“. Ein Freund der Familie war Versicherungsvertreter der Württembergischen Versicherung. Ohne Verständnis unterschrieb ich einen Vertrag.

Im ersten Semester meines Wirtschaftsstudiums wurde ich dann durch einen Freund beraten. Ehrlicherweise war ich stolz darauf, dass ich schon einen Sparvertrag hatte; dass ich mit dem wenigen Geld als Student verantwortungsvoll umging. Aber ich verstand gar nicht, was ich da eigentlich unterschrieben hatte! Als wir dieses Produkt mal analysierten, wurde ich eines Besseren belehrt: eine klassische Lebensversicherung mit einem garantierten Zins nach Kosten von 1,16 Prozent, keine Anteile in Fonds oder ähnlichem. Dazu eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit einer monatlichen Rente von knapp 350 Euro mit dem Endalter 25. Dazu noch eine Unfallzusatzversicherung. Und alles in einem Betrag von knapp 25 Euro monatlich.

Alle, die etwas Ahnung von dem Thema haben, werden nun die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, eventuell auch lachen. Das war unterirdisch schlecht. Mein Interesse war geweckt. In den nächsten Semesterferien absolvierte ich ein Praktikum beim Finanzdienstleister meines Freundes und machte dort extrem viele Testberatungen. Ich ließ mich bei den Banken, Versicherungen und Beratungsunternehmen in der Gegend beraten. Danach nahmen wir alles fachlich unter die Lupe. Ich erkannte, dass es extreme Unterschiede gab – und was unabhängige Beratung bedeutet.

Da wurde vor allem meine soziale Ader geweckt. Mir war klar, dass ich nicht der Einzige war, der so „schlecht“ beraten war und ich den Menschen in meinem Umfeld davon erzählen musste. Und so akquirierte ich erste Kunden, ohne wirklich zu wissen, dass das mein Karriereplan war. Erst später merkte ich, dass das für mich eine echte Karriereperspektive bot. Das ist nun knapp 15 Jahre her und ich bin der Branche seitdem treu geblieben.

Oft will man den Status quo nicht verändern. Das bedeutet aber nicht, dass es nicht geht.

Wer oder was inspiriert dich?

Gierschke: Mich inspiriert, nie 08/15 zu sein. Den Weg, den alle gehen, weil es „normal“ ist, ist für mich keine Option. Ich will stets neue Wege austesten. Das heißt nicht, dass ich alles auf Teufel komm raus umkrempeln muss. Ich brauche auch Routinen. Aber wenn Leute mir sagen, „das haben wir schon immer so gemacht“, und ich einfach nicht verstehe, warum, stachelt mich das an, den etablierten Weg zu hinterfragen und nach neuen Lösungen zu suchen. Oft merke ich, dass „Kann nicht“ in der „Will-Nicht-Straße“ wohnt. Das ist auch gar nicht schlimm. Oft will man den Status quo nicht verändern. Das bedeutet aber nicht, dass es nicht geht. Diese Philosophien haben uns im Unternehmen sehr weit gebracht. Letztlich ist es das Geheimnis unseres Erfolges: Dinge hinterfragen und neu angehen. Darauf habe ich Bock, dafür stehe ich morgens auf.

Butter bei die Fische: Was ist der Auftrag der Finanzdienstleistungsbranche gegenüber der Gesellschaft? Wo liegt eigentlich unsere Verantwortung?

Gierschke: Wow, was für eine tiefe Frage. Darüber könnte man ein Buch schreiben. Ich finde, es gibt kaum Branchen und Aufgabenfelder, die eine höhere Verantwortung haben. Wir brauchen nicht zu diskutieren, dass gerade die Medizin, Forschung und Pflege einen deutlich höheren sozialen Auftrag haben. Aber den Auftrag der FDL vergisst man schnell. Kümmert sich mein Kunde nicht um seine Absicherung, hat das fatale Folgen.

Vor knapp anderthalb Jahren verstarb einer unserer Vertriebspartner unerwartet mit Ende 30 und hinterließ Frau und zwei kleine Kinder. Er hatte nicht wirklich vorgesorgt, keine Risikolebensversicherung abgeschlossen. Das stellt die Familie vor enorme Herausforderungen. Das hat mich in vielerlei Hinsicht berührt und gezeigt, wie schnell es gehen kann. Zwar kann man den emotionalen Schmerz nicht mildern. Aber man kann die finanziellen Sorgen ohne großen Aufwand heilen.

Im Falle einer Berufsunfähigkeit kann mein Kunde, auch wenn er vorher gut und viel verdient hat, in die Armut abdriften, weil das Sozialsystem ihn nur bedingt auffängt. Dazu kommt das gesellschaftliche Problem der Altersarmut. Es ist zwar medial sehr stark vertreten, dennoch gehen die meisten Menschen extrem sorglos damit um. Die staatliche Rente wird nicht reichen. Wenn mein Kunde nicht effektiv vorsorgt, dann landet er in Altersarmut. Das wünsche ich niemandem. Das hört sich an wie Schwarzmalerei. Es ist aber die Realität. Da kann ich wegschauen und sagen „ach Quatsch“. Diese Worte holen mich aber ein.

Am Ende besteht der wahre Auftrag für mich allerdings darin, diese Situation nicht auszunutzen. Mit Angst zu verkaufen, weil der Kunde sich absichern „muss“, ist dann zu einfach. Das Ganze mit einem ethischen, moralischen Kompass zu machen, der angetrieben wird von Ehrlichkeit, Transparenz und der den gegenseitigen Nutzen sucht – das ist der wahre Auftrag.

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