Jürgen Horstmann verantwortet das Lebensversicherungsgeschäft der Helvetia in Deutschland und Österreich. © Uwe Nölke
  • Von Redaktion
  • 28.01.2015 um 18:39
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Jürgen Horstmann, verantwortlich für das Lebensversicherungsgeschäft der Helvetia in Deutschland und Österreich, über das Lebensversicherungsreformgesetz und sinkende Provisionen, umstrittenes Einmalbeitragsgeschäft und teure Zinszusatzreserven.

Pfefferminzia: 2015 dürfte für die Lebensversicherungsbranche ein recht ereignisreiches Jahr werden. Von welchen Produkten erwarten Sie die größten Impulse fürs Neugeschäft?

Jürgen Horstmann: Wir haben zwei Schwerpunkt-Produktlinien – das fondsgebundene Geschäft auf der einen und die betriebliche Altersvorsorge auf der anderen Seite. Hier erwarten wir für 2015 die Hauptumsätze. Im fondsgebundenen Bereich möchten wir insbesondere das Einmalbeitragsgeschäftstärken. Dazu haben wir im Oktober 2014 das Produkt Clevesto Balance eingeführt – eine fondsgebundene Rentenversicherung, die besonderen Wert auf das Einstiegs- und Ausstiegsmanagement über den Deckungsstock legt und fünf gemanagte Anlagestrategien bietet. Aus meiner Sicht gibt es zwei Gruppen von Vermittlern. Die einen kommen sehr stark über die Kapitalanlage, haben eine Zulassung nach Paragraf 34f Gewerbeordnung und beraten zu einzelnen Fonds. Auf der anderen Seite gibt es den klassischen Lebensversicherungsvermittler, der Konzepte bevorzugt, die in sich schlüssig sind und bei denen er sich nicht um die Kapitalanlage kümmern muss. Diese unterschiedlichen Zielgruppen adressieren wir.

Andere Versicherer haben dem Einmalbeitragsgeschäft abgeschworen. Sie setzen verstärkt darauf – warum?

In der Branche gibt es überwiegend konventionelles Einmalbeitragsgeschäft. In diesem Bereich ist unser Anteil aber geringer als bei vielen Konkurrenten. Wir sind hier zurückhaltend, da es bei den aktuell niedrigen Zinsen den Bestand zu sehr belastet, wenn man zu viel investiert. Und wir haben die Sorge, dass hier Zinsarbitrage betrieben wird. Wenn also Anfragen kommen, die über 300.000 Euro liegen, lehnen wir das momentan ab. Aber im fondsgebundenen Einmalbeitragsbereich sehen wir sehr gute Chancen. Und warum soll man die nicht nutzen?

Sehen Sie jetzt auch gerade eine Chance für fondsgebundene Policen, weil die konventionellen Produkte durch die Garantiezinssenkung noch einmal unattraktiver geworden sind?

Bei jeder Rechnungszinssenkung heißt es, dass die klassische Lebensversicherung unattraktiver wird. Ich finde das nicht. Selbst bei einem Rechnungszins von 1,25 Prozent müssen Sie sich die Frage stellen, wo Sie das heute noch bekommen. Sie finden keine Bank, die Ihnen 1,25 Prozent über eine Laufzeit von 25 oder 30 Jahren garantiert. Also ist das Produkt klassische Lebensversicherung doch durchaus noch spannend. Außerdem erhöhen Überschüsse ja noch einmal die Ablaufleistung. Die klassische Lebensversicherung bleibt ein Produkt, das die meisten Deutschen haben möchten.

Eine Garantie bleibt also wichtig?

Ja, absolut. Es gibt natürlich Menschen, die Risiken für eine höhere Rendite gerne in Kauf nehmen. Aber das ist Einstellungssache. Der Anteil derer, die in irgendeiner Form eine Garantie dazuwählen, liegt bei 60 bis 70 Prozent. Wobei ich durchaus der Auffassung bin, dass junge Leute, die über 30 oder 40 Jahre sparen, sich die ersten 20 Jahre keine Gedanken machen müssen über die Absicherung ihrer Rendite. Erst später, wenn schon Vermögen da ist.

Kommen wir zur Reform des vergangenen Jahres, dem Lebensversicherungsreformgesetz. Was ändert sich bei der Helvetia bei den Maklercourtagen?

Was die kurzfristigen Änderungen betrifft, haben wir noch keine Entscheidung gefällt. Ich erwarte aber, dass in ein bis zwei Jahren das Niveau der Abschlusscourtage sinken wird. Das ist einfach vorgegeben durch die Reduzierung des Höchstzillmersatzes von 40 auf 25 Promille. Der Makler erbringt gerade bei Vertragsabschluss aber einen gewissen Aufwand. Und der muss auch finanziert werden. Wenn das über die Abschlusscourtage nicht mehr geht, muss die laufende Vergütung angehoben werden. Dabei bleibt aber die Frage, wie man in der Zwischenzeit mit dem Liquiditätsengpass umgeht. Einige Vermittler sind doch sehr stark abhängig von der Abschlussvergütung. Und da arbeiten wir an Überbrückungshilfen, um unsere Vertriebspartner zu unterstützen. Dazu gehen wir in das Gespräch mit unseren erfolgreichen Maklern und sprechen darüber, wie wir das gestalten können. Denn viele Makler wissen nicht so genau, was auf sie zukommt, sie sind unsicher. Auf der anderen Seite haben die meisten Versicherer noch keine hundertprozentige Lösung, weil das Zeitfenster zur Umsetzung des LVRG extrem kurz war. Ich hoffe aber, dass sich schnell wieder ein Marktstandard etabliert bei den Vergütungsmodellen. Die ganze Diskussion, dass die Courtagen zu hoch sind, halte ich übrigens für nicht sachgerecht.

Warum?

Weil es sich dabei eher um eine Vertriebswegediskussion handelt. Makler bekommen eine Abschlusscourtage, von der sie hauptsächlich leben. Dafür ist die Bestandspflegevergütung relativ gering. Vergleichen Sie das mal mit der Ausschließlichkeit. Da ist die eigentliche Provision vielleicht niedriger, aber die Kosten für die Ausschließlichkeit müssen trotzdem vom Versicherer erbracht werden – die Betreuung des Außendienstes, die ganze IT-Unterstützung. Da sieht die Situation unter Kostengesichtspunkten doch schon wieder ganz anders aus. Wer also glaubt, eine geringe Abschlusscourtage ist das Allheilmittel auch für den Endkunden, liegt falsch. In der Versicherungsbranche ist es nun mal so, dass bei den meisten Bürgern Beratungsbedarf besteht. Der wesentliche Vorteil ist, dass die Leute einfach zu ihrem Vermittler gehen und sich beraten lassen können, ohne gleich dafür bezahlen zu müssen. Müssten die Kunden sofort Geld auf den Tisch legen, würden sich viele wahrscheinlich gar nicht beraten lassen. Das Provisionssystem in Deutschland hat sich seit über 100 Jahren bewährt. Und nur weil sich in der Vergangenheit einige Vermittler danebenbenommen haben, sollte man nicht sofort das ganze System infrage stellen.

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