- Von Redaktion
- 05.11.2013 um 10:43
Monika Sebold-Bender, Vorstand Komposit und Schaden bei Generali Versicherungen, über Frauen in Führungspositionen ? und ihren Weg dorthin.
Das Gespräch führte Svetlana Kerschner, Redakteurin bei unserem Schwestermagazin DAS INVESTMENT.com.
DAS INVESTMENT.com: Frau Sebold-Bender, ich möchte Ihnen ein paar Fragen zum Thema Frauen in Führungspositionen in Versicherungsgesellschaften stellen.
Monika Sebold-Bender: Schade. Ein Gespräch über lineare Funktionen wäre mir lieber.
DAS INVESTMENT.com: Warum?
Sebold-Bender: Weil ich es traurig finde, dass man im 21. Jahrhundert als Frau an der Unternehmensspitze nach wie vor Exoten-Status hat. Es wäre schön, wenn Frauen in Führungspositionen selbstverständlich wären.
DAS INVESTMENT.com: Woran merken Sie, dass sie das nicht sind?
Sebold-Bender: An den Erwartungen an weibliche Chefs, die teilweise unvereinbar mit einer Führungsposition sind. So ist dominantes Auftreten bei einem Chef in Ordnung und wird sogar erwartet. Ist eine weibliche Führungskraft aber dominant, wird sie dafür kritisiert. Das gleiche gilt für die Stimme: Spricht eine Chefin laut, löst das oft Befremden aus. Diese Erfahrung habe ich bereits in meiner ersten Führungsposition gemacht.
DAS INVESTMENT.com: Woran könnten solche unterschiedlichen Erwartungshaltungen liegen?
Sebold-Bender: Männer sind in der Regel durch ihre Sozialisation – Stichwort Fußball, Bundeswehr – eine geschlossene Gesellschaft. Sie sind wettbewerbsorientiert, haben bestimmte Reaktionsmuster auf verschiedene Situationen im beruflichen Alltag. Frauen sind anders, verhalten sich anders, reagieren anders. Dieses Anderssein nehmen viele Männer als Bedrohung wahr.
DAS INVESTMENT.com: Und was raten Sie Frauen, die eine Führungsposition anstreben und sich in so einem Umfeld durchsetzen müssen?
Sebold-Bender: Sich nicht um diese Erwartungen zu scheren. Sie sollten unbegründete Vorwürfe nicht zu sehr an sich heran- und sich nicht auf Machtspiele einlassen.
DAS INVESTMENT.com: Aber Durchhaltevermögen bei gemeinsamen Kneipenabenden mit ihren männlichen Vorgesetzten müssen sie dennoch beweisen, oder?
Sebold-Bender: Nein, die Zeiten,in denen so etwas als Karriere-Turbo galt, sind schon längst vorbei. Das war vielleicht in den 80er Jahren so. Doch mittlerweile haben die meisten Unternehmen einen anderen Typ Mensch an der Spitze.
DAS INVESTMENT.com: Und welchen?
Sebold-Bender: Weniger patriarchalisch ausgerichtete Manager, sondern stärker sozial ausgerichtete Menschen mit analytischen Fähigkeiten, die reflektiert sind und keinen großen Wert auf Statussymbole legen. Sie lassen sich nicht von den Mitarbeitern, die am lautesten und aggressivsten für ihre vermeintlichen Qualitäten werben, überzeugen, sondern stellen den Menschen, seine Fähigkeiten und Leistungen für das Unternehmen in den Vordergrund. Solche Manager sind auch in der Lage, die Leistungen von Frauen, die im Allgemeinen etwas leiser auftreten, anzuerkennen und sie zu fördern.
DAS INVESTMENT.com: Aber für eine Führungskraft ist ein selbstbewusstes Auftreten doch von Vorteil.
Sebold-Bender: Selbstbewusstes Auftreten schon. Doch kein Unternehmen braucht Egozentriker mit übermäßigem Geltungsdrang und fehlender Fähigkeit zur Selbstreflexion. Was Unternehmen derzeit brauchen sind männliche und weibliche Top-Manager, die Bedenken wahrnehmen und abwägen und auch Kritik akzeptieren können. Denn niemand ist perfekt..
DAS INVESTMENT.com: In Theorie klingt das alles schön und gut. Doch können nachdenkliche, introvertierte Menschen denn wirklich als Führungskräfte erfolgreich sein.
Sebold-Bender: Ja. Laut einem Bericht von „Spiegel Online“ sind viele berühmte Unternehmer und Politiker, darunter Bill Gates und Barack Obama, introvertiert.
DAS INVESTMENT.com: Was halten Sie von der vieldiskutierten Frauenquote an den Unternehmensspitzen?
Sebold-Bender: Ich bin dafür. Bis ein einigermaßen ausgewogenes Geschlechterverhältnis in den Chefetagen deutscher Konzerne erreicht ist, sind gesetzliche Vorgaben notwendig. Denn in Versicherungsunternehmen arbeiten genauso viele Frauen wie Männer – nur eben in unterschiedlichen hierarchischen Positionen.
DAS INVESTMENT.com: Das könnte aber auch an der Schwierigkeit liegen, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Wie haben Sie es geschafft, ihre Aufgabe als Mutter eines Sohnes mit ihrer Führungsposition zu vereinbaren?
Sebold-Bender: Mein Sohn hat auch einen Vater. In anderen Ländern ist es selbstverständlich, wenn Mütter Vollzeit arbeiten, nur in Deutschland wird man da kritisch beäugt. Auch das Wort „Rabenmutter“ gibt es nur im Deutschen. Hier haben wir Deutschen einen großen Nachholbedarf.
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