- Von Peter Schmidt
- 07.08.2023 um 13:20
Beratung und Abschluss von Versicherungsverträgen ist zu dokumentieren. Die Paragrafen 61 und 62 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) sind da zu Inhalt, Form und Zeitpunkt der notwendigen Dokumentation eindeutig.
Inzwischen gibt es diverse Urteile zu den Folgen fehlender, unvollständiger oder vom Kunden nicht unterschriebener Dokumentationen. Gravierend dabei ist, dass es bei Nichtbeachtung der Dokumentationspflichten zu einer Beweislastumkehr zu Lasten des Versicherungsmaklers beziehungsweise zu einer Beweiserleichterung zu Gunsten des Kunden, des Versicherungsnehmers, kommen kann.
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Fachanwälte für Versicherungsrecht verweisen in dem Zusammenhang vor allem auf das Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 13. November 2014 (Aktenzeichen III ZR 544/13), in seiner grundsätzlichen Bedeutung. Im damaligen Fall ging es um die Pflichten des Vermittlers bei einem Wechsel der Lebensversicherung und fehlenden beziehungsweise nicht dokumentierten Hinweisen zu Risiken, die sich aus dem Wechsel ergaben. Im Urteilstext heißt es:
„Die Funktion der vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Dokumentationspflicht liegt vornehmlich darin, dass der Versicherungsnehmer mit einer Beratungsdokumentation die wesentlichen Inhalte der Beratung vor Augen geführt und an die Hand bekommt; hierdurch wird er in die Lage versetzt, seine Entscheidung des Näheren zu überprüfen und den ihm sonst kaum möglichen Nachweis über den Inhalt der Beratung zu führen.“
Der BGH macht mit dem Urteil auch deutlich: Werden nicht im Ansatz die vom Makler erteilten Hinweise und so weiter dokumentiert, dann muss besonders der Makler bei einer juristischen Auseinandersetzung selbst beweisen, dass dieser Hinweis erteilt worden ist. Gelingt ihm dieser Beweis nicht, so ist zugunsten des Versicherungsnehmers davon auszugehen, dass der betreffende Hinweis nicht erteilt worden ist.
Nachweis für Anlass und komplette Beratung ist wichtig
Um einer möglichen Schadenersatzpflicht im konkreten Fall zu entgehen und der gesetzlichen Pflicht zur Dokumentation Genüge zu leisten, bleibt besonders dem Versicherungsmakler nichts anderes übrig, als die wesentlichen Teile des Beratungsprozesses umfassend und effizient zu dokumentieren.
Besondere Bedeutung hat dabei der Anlass der Beratung. Im genannten Paragrafen 61 VVG wird explizit auf die Ermittlung der Wünsche und Risiken des Versicherungsnehmers, der Auswahl der Anbieter, ermittelter Prämien sowie Gründe für eine angeratene Versicherung verwiesen.
Ralf Werner Barth von Conav Consulting schildert als VSH-Experte die Problematik so: „Wie soll sich ein Makler denn erinnern und verteidigen können, zu einem Sachverhalt der Jahre zurückliegt und zu dem er keine konkreten Aufzeichnungen vorliegen hat. Wie leicht ein Kunde bei einem vermeintlichen Schaden behaupten kann, die Ursache läge in einer Falschberatung und wie schwer ein Makler ohne Dokumentation den wahren Sachverhalt beweisen kann, dürfte allen klar sein.“
Auch die Experten der Hans John Versicherungsmakler haben sich mit den Auswirkungen einer fehlenden oder unvollständigen Dokumentation ausführlich auseinandergesetzt. Die Hamburger Haftpflichtexperten kommen dabei zum Ergebnis, dass der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer lediglich bei einer Obliegenheit zur Vorlage der Dokumentation im Schadenfall Konsequenzen ziehen kann.
Vorsicht vor Selbstüberschätzung
In genannten Zusammenhang sei vor der landläufigen Praxis „Ich weiß schon, was mein Kunde braucht“ gewarnt. In einem Urteil des BGH vom 10. März 2016 (Aktenzeichen I ZR 147/14) wird ausgeführt, dass der Versicherungsmakler seinen Pflichten nicht genügt, wenn er ohne Prüfung und Erörterung im konkreten Fall auf Lücken in der bestehenden Versicherung hinweist und eine All-Risk-Police empfiehlt. Er muss eine am individuellen Bedarf des Kunden orientierte Risikoprüfung und Beratung vornehmen.
Bei der Dokumentation geht es aber nicht nur um die Beratung schlechthin. Auch die Dokumentation der gesamten Kommunikation zu Anlass der Beratung, Ermittlung von Wünschen und Risiken, Marktanalyse und empfohlenen Rat zu Produkten und der Annahme oder Ablehnung desselben durch den Kunden gehört dazu. Ebenso die Kommunikation vor oder nach der Beratung und Vermittlung per Mail oder herkömmlicher Post sowie Telefongespräche zu bestimmten Anlässen sollten Teil einer vollständigen Dokumentation sein. Dies gilt auch für die Weiterleitung von Unterlagen, Vertragsnachträgen oder Beitragsanpassungen.
Ein modernes Maklerverwaltungsprogramm (MVP) kann viele dieser komplexen Bestandteile der Dokumentation zeitsparend abbilden. Es kommt darauf an, dass die beschriebenen Elemente des Beratungsprozesses nach den Vorschriften der IDD angemessen abgebildet und im Bedarfsfall nachvollziehbar abgerufen werden können.
Dokumentation als Faktor für Wert und Preis eines Maklerbestandes
Neben möglichst rechtssicheren Vorlagen einer spartenübergreifenden Dokumentation sollten das MVP Möglichkeiten der automatisierten Ablage in der Kundenverwaltung, dem Einbau von individuellen Textbausteinen sowie auch der Dokumentation im Fließtext beinhalten. Mehrere Anbieter von MVPs haben dazu gute Lösungen gefunden.
Mehrfach konnte ich hier bei Pfefferminzia auf die Faktoren für den Wert eines Maklerbestandes oder einer Maklerfirma eingehen. Auch in der speziellen Fachbroschüre zu Nachfolge und Bestandswert wird verdeutlicht, dass der Grad, Inhalt und Umfang der Beratungsdokumentation ein qualitativer Faktor der Wertbestimmung ist. Nach aktuellen Erkenntnissen wird aber das Offenlegen fehlender Dokumentation stärker als früher auch als Mangel am Maklerbestand bewertet.
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