- Von Redaktion
- 24.02.2016 um 20:32
Provisionen nur, wenn sie keine Nachteile haben
Der Vorstandskollege von Wirth beim AfW, Frank Rottenbacher, wird im Februar-Heft von Pfefferminzia in Fragen der Provisionsregelung mit einem interessanten Hinweis zitiert: „Nichtsdestotrotz haben die europäischen Gesetzgeber … einen wichtigen Satz in die Richtlinie geschrieben. So darf es Provisionen nur noch geben, wenn sie ‚keinen nachteiligen Einfluss‘ für den Verbraucher haben.“ Da ahnt man doch schon, was kommen könnte.
Für mich ist es deshalb auch keine Frage mehr, ob der Gesetzgeber in Deutschland die Frage der Provisionen nochmal angehen wird, sondern nur wann. Aktuell sprechen sich zwar die Parteien der regierenden Koalition gegen ein Provisionsverbot aus. Das kann Vermittlerverbände und Vermittler erst mal freuen. Aber auch diese Parteien wollen den Verbraucherschutz stärken und sind mit Aktivitäten im Markt zu beobachten, die von Misstrauen in die Selbstregulierung der Branche sprechen. Dafür nur zwei Beispiele.
Viele Studien zur Qualität der Kundenberatung
Das Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz ist institutioneller Förderer der Zentralen für Verbraucherschutz in Deutschland. Letztere fallen in letzter Zeit besonders mit Studien, Untersuchungen und Bewertungen der Qualität der Kundenberatung durch die klassischen Vertriebswege bei Banken und Versicherungen auf.
Erst kürzlich wurden Bankberater und Vorsorgeprodukte wieder einer „objektiven“ Bewertung unterzogen. Selbst Schülerinnen und Schüler wurden von der Verbraucherzentrale Saarland zu verschiedenen Banken geschickt, um Erfahrungen zum Thema „Girokonto“ machen.
Es ist wohl kein Zufall, dass die Mehrzahl dieser Ratings – bis auf wenige Ausnahmen – mangelhaft ausgefallen ist. Der negative Einzelfall wird zum Pauschal-Urteil über die Vermittler der Branche. Daraus wird früher oder später ein Anlass oder ein Alibi für politisches Handeln. Und dafür bieten gesetzliche Regelungen wie „Provision darf nicht nachteilig sein“ jederzeit den richtigen Rahmen. Die Qualität der Beratung kann dann ignoriert werden, denn Provisionen sind per se schlecht.
Provozieren die Versicherer ein LVRG 2.0?
Ein anderes Beispiel: Mit dem Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, die Vorsorgeprodukte für Kunden auch in Zeiten der Finanzkrise sicherer zu machen, mit weniger Kosten zu belasten und mit mehr Transparenz das Vertrauen in Versicherungsprodukte zu stärken.
Aber auch mit diesen deutlichen Zeichen des Gesetzgebers, was von der Versicherungsbranche erwartet wird, wurden die Entscheider einiger Unternehmen noch nicht erreicht. Aus mangelndem Willen oder Möglichkeiten gibt es immer noch Versicherer, die den Vermittlern den großen Schluck aus der Flasche Provision gönnen. Das freut zwar einige Vertriebe und Pools, aber das kann (wird) auch Folgen haben. Im Auftrag des Gesetzgebers handelt bereits die Aufsichtsbehörde.
Mit der Umsetzung des LVRG nicht zufrieden
Der GDV und auch die Finanzaufsichtsbehörde Bafin sind mit der Umsetzung des LVRG nicht zufrieden. Bereits im Dezember 2015 hatte der GDV-Chef an die Mitgliedsunternehmen für mehr Verantwortung in Sachen Umsetzung des LVRG appelliert. Auch Frank Grund, oberster Versicherungsaufseher der Bafin kritisiert jetzt: „Was die Versicherer bisher getan haben, reicht nicht aus“.
Unter dieser Sichtweise kann es nicht beruhigen, dass in der IDD kein Provisionsverbot explizit benannt ist. Die nationale Ausgestaltung des IDD eröffnet alle Möglichkeiten den Verbraucher- oder Kundenschutz restriktiver umzusetzen. Je nach politischer Konstellation sind intensivere oder exzessivere Regularien nicht auszuschließen.
Gäbe es Konsens in der Koalition oder in einer neuen Regierungskonstellation, dass die Branche das LVRG nicht wie gewollt umsetzt, sind auch andere Reaktionen auf das Thema Provision möglich. Und die Verbraucherzentralen mit einem alternativen Beratungsmodell stünden bereit.
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