- Von Stephan Busch und Tom Wonneberger
- 27.06.2022 um 17:17
Das Ergebnis: Die Anwenderinnen und Anwender sind frustriert und wenden die Software nicht (mehr) oder nur eingeschränkt ein. Manche wünschen sich dann vielleicht die gute alte Zeit der Tarifbücher und des Hausbesuchs zurück.
Die Ursache sind (unter anderem) das Solowsche Produktivitätsparadox und das Jevons Paradox (Rebound-Effekt). Solow sagte einmal treffend zu seinem Produktivitätsparadox: „Sie können das Computerzeitalter überall sehen, außer in der Produktivitätsstatistik.“ Was er damit meinte: Eigentlich müsste die Produktivität überall da, wo flächendeckend digitalisiert wird, deutlicher steigen. Nur gibt es bis heute keinen statistischen Beleg dafür und die Wirtschaftswissenschaft tut sich schwer damit, die erhoffte Produktivitätssteigerung wegen der Digitalisierung dingfest zu machen. Der Grund: Es sind ja nicht nur die reinen Anschaffungskosten die Hard- und Software teuer machen, sondern auch Administratoren, Schulungen der Mitarbeiter und Wartung. Nur lassen sich diese nicht so einfach erfassen. Das nervige Windows-Update kurz vor Feierabend lässt grüßen.
Mehr Effizienz – höherer Ressourcenverbrauch
Der Rebound-Effekt besagt, dass Effizienzsteigerung durch technischen Fortschritt die Nutzung von Ressourcen erhöht, statt sie zu senken. Dazu zwei Beispiele: Die Effizienz von Leuchtmitteln durch LED-Birnen ist gegenüber klassischen Glühbirnen gigantisch. Normalerweise sollte man erwarten, dass deswegen der Stromverbrauch sinkt. Tut er aber nicht. Statt einer Glühbirne hängen sich die Leute halt 20 LED-Lampen ins Wohnzimmer. Der Stromverbrauch bleibt gleich oder steigt sogar.
Zweites Beispiel: Der Otto-Motor ist in den letzten Jahrzehnten immer effizienter geworden und vermutlich nicht mehr groß zu verbessern. Eigentlich sollte der durchschnittliche Kraftstoffverbrauch der Flotte sinken. Tut er aber nicht. Denn zeitgleich mit den effizienteren Motoren sind die Autos größer und schwerer geworden. Aus dem Grund liegt der Kraftstoffverbrauch heute höher als früher.
Sie suchen den Rebound-Effekt in unserem Metier? 100 E-Mails am Tag statt 10 Briefen früher oder 12 Berufsgruppen in der BU statt 2 Berufsgruppen früher. Natürlich ist eine E-Mail schneller und günstiger als ein Brief. Aber verbringen Sie (oder ihre Assistenz) heute weniger oder mehr Zeit mit der Korrespondenz? Natürlich ist eine Beratung zur BU mit einem Vergleichsrechner schneller als früher mit zig Tabellen. Aber verbringen Sie deswegen mehr oder weniger Zeit in der Beratung zu BU?
Erwartungshaltung
Um uns zu erarbeiten, wie wir die Digitalisierung erfolgreich und gewinnbringend einsetzen, ist es nötig, die allgemeinen Erwartungen von Kunden und Maklern zu kennen. Beginnen wir mit den Erwartungen von uns als Maklerin und Makler:
- Wertschätzung: Wir alle wollen für unsere Arbeit und Leistung wertgeschätzt werden. Das kann das positive Feedback der Kundschaft oder das Lob aus dem Kollegenkreis sein.
- Faire Vergütung: Wir wünschen uns eine angemessene und faire Vergütung.
- Loyale Kundschaft: Niemand will Kundinnen oder Kunden, die wegen 3 Euro weniger im Jahr wechseln. Wir alle wünschen uns welche, die wir ein Leben lang begleiten dürfen und die uns Empfehlungen aussprechen.
- Unabhängig sein: Wir wollen möglichst unabhängig agieren, um das Beste für unsere Kundschaft herauszuholen. Dazu möchten wir unabhängig bleiben von Versicherern, Pools und Softwareanbietern.
- Beraten statt verkaufen: Die allermeisten Makler sehen sich weniger als Verkäufer, sondern eher als Berater. Zumal uns der Bundesgerichtshof mit seinem Sachwalterurteil sehr in den Bereich der beratenden Berufe gerückt hat. Dennoch verdienen wir mit der Courtage nur im Erfolgs-, also Verkaufsfall.
- Ertrag: Am Ende des Tages soll sich unsere Arbeit natürlich auch betriebswirtschaftlich lohnen und Ertrag abwerfen. Aufgrund sinkender Courtageerlöse auf der einen und steigender Aufwände auf der anderen Seite sinken die Erträge jedoch für das Gros der Maklerinnen und Makler.
- Werkzeuge, die MIR nutzen: Wir wünschen uns Werkzeuge, die uns nutzen, nicht denen wir nutzen.
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