- Von Redaktion
- 11.09.2015 um 10:00
Während der Zeit in einer Großbank habe ich das kaum vorhandene Finanzwissen bei den Kunden nicht negativ wahrgenommen. Schließlich war ich die Bank und hatte das gewünschte Produkt, das es nur noch zu erklären galt. Als Banker wusste man damals eben (vermeintlich) was für den Kunden gut ist. Ein Gefühl der arroganten Überlegenheit ließ im vorletzten Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts gar keine Gedanken an wirklich unabhängiger Beratung aufkommen. Den Kunden detailliert aufzuklären oder gar in Finanzfragen weiterzubilden, war schlicht nicht vorgesehen.
Der kritische Verbraucher schlief noch
Das folgende Jahrzehnt in einer mittelgroßen Vermögensverwaltung waren die Jahre der großartigen Zuwächse an der Börse. Erklärungen waren fast unnötig. Alles lief (267 Prozent Zuwachs im DAX). Auch Kritik unterblieb dadurch weitgehend. Für die Erkenntnis, dass auf Verbraucherseite so gut wie kein Finanzwissen vorhanden war, ein verschenktes Jahrzehnt.
Ab der Jahrtausendwende wurde es holpriger. Die Börsen traten unter großen Schwankungen auf der Stelle und ein neues Medium betrat die Wahrnehmung: Das Internet. Mit einem Mal wurden die Kunden kritischer und verlangten detaillierte Erklärungen. Das war völlig ungewohnt und offen gesagt ziemlich lästig.
Es führte aber auch dazu, dass engagierte Berater ihre Rolle endlich vertieft hinterfragten. Waren die Denkmuster, die Geschäftsmodelle, die Art der Kommunikation mit den Kunden eigentlich richtig? Selbstreflektierenden Beratern wurde immer deutlicher, dass in der Vergangenheit nicht alle Details der Produkte und Märkte vernünftig erklärt wurden und dass der Kundenärger häufig berechtigt war.
Durch Aufklärung zu gleichberechtigten Partnern
Erst in dieser Phase habe ich erkannt, welche Bedeutung das Wort Unabhängigkeit wirklich hat. Keine eigenen Abhängigkeiten zu haben ist selbsterklärend. Es gehört aber auch die Einsicht dazu, dass eine faire und unbeeinflusste Aufklärung des Gegenübers wichtig ist. Endlich wurde der Mandant als gleichberechtigter Partner in einem Dienstleistungsverhältnis wirklich akzeptiert. Seit dieser Zeit haben wir auf eine honorarbasierte Abrechnungsform umgestellt und der Kunde wurde zum Mandant. Transparenz, Offenheit und Fairness wurden täglich gelebte Grundfesten in unserem Unternehmen.
Das Finanzwissen im eigenen Mandantenkreis immer weiter auszubauen ist eine langfristige Aufgabe. Es gehören lange Gespräche, regelmäßige Mandantenbriefe, und sehr, sehr viel Geduld dazu. Anfangs haben wir immer wieder die ökonomische Sinnhaftigkeit hinterfragt.
Zwischenzeitlich rechtfertigen die hohe gegenseitige Zufriedenheit und die daraus entstehenden Empfehlungen die seinerzeitige Richtungsänderung vollständig. Wohltuend nun auch, die Kinder der Mandanten schon in frühen Jahren im Sinne der Weiterentwicklung des finanziellen Verständnisses, empfohlen zu bekommen.
53 Prozent der Deutschen haben keine Finanzbildung
Nun war der nächste Schritt notwendig: Es galt, die reale Finanzwelt um uns herum zu entdecken. „Jeder siebte Schüler hat ein mangelhaftes Finanzwissen“ (OECD, PISA Studie 2014). „In Deutschland geben mit 53 Prozent europaweit die meisten Menschen zu, keine Finanzbildung zu haben“ (Studie ING/DiBa, Black Rock Inc.).
In 2012 haben wir uns daher entschlossen, unseren Teil zur Verbesserung des allgemeinen, praktischen Finanzwissens beizutragen und haben ein Kollegennetzwerk gegründet. Aus der täglichen Beratungspraxis heraus wurden den Verbrauchern werthaltige Artikel präsentiert, abrufbar auf finanzkun.de. Das Internetportal finanziert sich ausschließlich aus Mitgliedsbeiträgen und ist somit werbefrei und unabhängig.
Aktiv werden, um Veränderungen zu erreichen
Die Arroganz und Selbstgefälligkeit eines ehemaligen Bankers ist im Laufe der Zeit der Demut gewichen, in kleinen Schritten das am Boden liegende Finanzwissen in Deutschland zu verbessern. Dazu gehört Idealismus und viel, viel Geduld. Aber nur durch unabhängige, vertrauensbildende Finanzinformationen kann das Image der Branche beim ratsuchenden Verbraucher wirklich verbessert werden.
Nicht durch Diskussionen über Abrechnungsformen oder behördliche Eingriffe. Wir alle müssen endlich wieder den Interessenten/Kunden/Mandanten ernst nehmen und ihn als Geschäftspartner auf Augenhöhe akzeptieren.
Jeder kann dazu beitragen. Packen wir es an.
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