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  • Von Redaktion
  • 26.06.2015 um 09:56
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Ein Film, der wirkt wie ein Unfall, erhielt gestern Abend im WDR eine große Bühne. Klaus Stern berichtete in seiner Dokumentation über Mehmet E. Göker und sein Leben nach dem ersten Teil von „Der Versicherungsvertreter“. Dabei wies Stern nicht nur die Untätigkeit der Branche nach, sondern er dokumentierte auch, wie Göker jede noch so kleine Lücke in der Regulierung geschickt ausnutzte.

Während der Film lief, waren einige User auf Twitter aktiv. Der Tweet mit der größten Responserate verglich die Dokumentation „Der Versicherungsvertreter 2“ mit einem Unfall: Man kann nicht hin- aber auch nicht wegsehen. Damit fasst die Urheberin zusammen, was an diesem Abend viele dachten. Die Begründung dazu liefern die Aussagen von Göker selbst, von befragten Journalisten, dem Insolvenzverwalter der Meg AG und dem zuständigen Staatsanwalt. Die wichtigsten Erkenntnisse haben wir hier zusammengefasst.

Vor dem Film war bereits bekannt, dass Göker mit Strohmännern arbeitet und inzwischen Telefontarife vertickt. Hierzu gab der Film wichtige Hinweise, die beispielsweise für Verbraucherzentralen wichtig sein könnten: So erzählte ein ehemaliger Mitarbeiter der Meg, dass Göker selbst stets von einer Hamburger Nummer aus telefoniere und sich mit dem Namen Ritter melde. Den Namenstausch mussten alle Mitarbeiter mit Migrationshintergrund vornehmen, berichtet ein nun auf eigene Rechnung in Deutschland tätiger Tarifoptimierer.

Dieser Umstand weist auf eine weitere Entwicklung hin, die der Film nur bedingt aufklärt. So ist stets von Rechnungen die Rede, die raus gehen sollen. Das Wort Honorarberater fällt nicht. Damit ergibt sich aus Sicht der Branche erneut das clevere Ausnutzen einer Lücke: Göker benötigt keine Registrierung als Versicherungsvermittler, um Aufträge abwickeln zu können.

Er bietet eine Dienstleistung an, die im Kern darin besteht, für den Kunden einen anderen Tarif herauszusuchen und einen Wechselantrag aufzusetzen. Dieser wird vom Kunden unterschrieben, über einen Vermittler in Deutschland eingereicht und verprovisioniert. Die „rausgehenden Rechnungen“ legen nahe, dass Göker direkt mit den Kunden abrechnet.

Dabei sind die Abrechnungsmodalitäten eine Grauzone, auf die Klaus Stern in seiner Dokumentation nicht weiter eingeht. So erklären die Vermittler selbst, sie würden in Lira abgerechnet. Eingeblendet wird nachstehender Wechselkurs: 1 Euro entspricht 0,33 Lira. An einer Stelle des Films erklärt Göker, er wisse nicht, woher er das Geld für die Vermittler nehmen solle. Ergänzend dazu erzählt ein ehemaliger Mitarbeiter, er habe nicht das Geld erhalten, was er erarbeitet habe. Göker selbst erhält nach eigener Aussage einmal im Monat das Geld in US-Dollar. Wie das Geld umgetauscht wird, warum das Geld bei Göker in US-Dollar ankommt und wie es aus Deutschland in die Türkei kommt, bleibt offen.

Interessante Aussagen gibt es auch zum Verhältnis zwischen Göker und den einzelnen Versicherern. So erklärt der Gründer der Meg AG, er habe zu vielen Teilen des Vertriebs von der Halleschen ein gutes Verhältnis und unterhalte sich auch mit den Vorständen nach wie vor. Sie hätten unverändert großes Interesse an den Diensten der wiedergegründeten Meg AG.

Im Interview mit Stern erklärt Ozcan Demircan vom Handelsblatt, dass die Versicherer kein Interesse daran haben können, Göker zu schaden. Er wisse zu viel. Was genau das ist und welche Umstände er meint, bleibt offen. Darin besteht eine große Schwäche des gezeigten Films: Der Zuschauer bleibt am Ende mit vielen oberflächlichen Informationen und Einblicken zurück. Viele Prozesse bleiben im Dunkeln, obwohl sie umfassend beschrieben werden.

Der Film zeigt aber auch, dass Verbraucher vor Göker und seinen Methoden besser geschützt werden könnten, wenn man sie darüber aufklärt. Bislang sind Sterns Informationen nicht ausreichend genutzt worden. Ob sich das ändert, ist unklar.

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