- Von Karen Schmidt
- 07.05.2020 um 11:15
Pfefferminzia: Wir sitzen heute auf andere Weise zusammen als geplant. Statt uns persönlich an einem Tisch zu versammeln, haben wir uns per Video zusammengeschaltet. Grund dafür ist das Corona-Virus. Wie wird sich dieses auf das Gewerbegeschäft niederschlagen?
Andreas Herber, Maklerreferent Komposit, Inter Versicherung: Das ist schwierig zu sagen, weil sich die Ereignisse derzeit überschlagen. Vermittler, die zum Beispiel Menschen aus Heilberufen beraten haben, mussten sich schon vor dem Corona-Virus mit Krankheitserregern und Krankheiten im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes befassen. Da gehört das Thema in den Beratungskreislauf mit hinein. Das Quarantäne-Risiko abzusichern ist also nicht neu, war aber ein Randprodukt, das bisher nur für bestimmte Zielgruppen relevant war. Jetzt sind auf einmal alle wach geworden. Bei uns stehen im Underwriting derzeit die Telefone nicht mehr still. Das Corona-Virus schlägt also durch und wird eine nachhaltige Wirkung haben, zumindest mittelfristig.
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Christian Buschkotte, Generalbevollmächtigter andsafe: Das glaube ich auch. Allgemeinverfügungen, wie wir sie etwa in Nordrhein-Westfalen auf Gemeinde-Ebene gesehen haben und durch die es zu einer ganzen Reihe an behördlich verfügten Betriebsschließungen gekommen ist, waren vor der Corona-Krise nur für vereinzelte Branchen relevant. Es wird jetzt spannend zu sehen, ob man das Produkt Betriebsschließungsversicherung nicht auch auf andere Branchen ausdehnen kann. Es ist das erste Mal, dass in dieser Breite Betriebe zumachen mussten. Der Gewerbebetrieb, der jetzt davon betroffen ist, wird sich fragen, wie er sich künftig gegen solche Ereignisse schützen kann.
Nils Heise, Direktor EY Innovalue: Im Zuge dessen wird die Betriebsschließungspolice in Zukunft einen ganz anderen Stellenwert einnehmen. Wenn sich der Markt beruhigt hat, wird es spannend sein, zu sehen, was sich die Risikoträger an neuen Produkten oder -erweiterungen einfallen lassen. Auch vom Staat gestützte Risikoabsicherungen oder gar die Diskussion um eine Pflichtversicherung wären denkbar.
Christopher Leifeld, Mitgründer und Geschäftsführer Thinksurance: Der Markt wird für das Thema jetzt gerade sensibilisiert. Bei Thinksurance haben wir ein Fachteam, das Makler bei der Beratung von Gewerbekunden unterstützt. Wir haben dort viele Anrufe bekommen, und die Hauptfrage war: „Was mache ich jetzt mit Corona? Mein Kunde fragt mich, ob das versichert ist oder nicht – und wie er das Pandemie-Risiko versichern kann.“ Aktuell ist das nicht möglich, weil die Branche keine brennenden Häuser versichert. Aber in Zukunft wird der Makler beim Kunden ein offeneres Ohr für das Thema finden. Schauen wir in unsere Datenbank, offenbart sich, dass beim Verkauf von Inhaltsversicherungen über unsere Plattform nur in 60 Prozent der Fälle auch eine Betriebsunterbrechung mitversichert wird. Diese Quote wird jetzt steigen. Auch werden jetzt die Diskussionen losgehen, welcher Stand des Infektionsschutzgesetzes denn gilt – der beim Abschluss der Versicherung oder zum Zeitpunkt des Schadeneintritts? Das hat der Markt noch nicht ganz geklärt.
Buschkotte: An dieser Frage sieht man deutlich, wie stiefmütterlich diese Sparte behandelt wurde. Bei vielen Versicherern sind die Versicherungsbedingungen nämlich auf dem Stand der Produktentwicklung eingefroren. Das heißt, die Folgen des Corona-Virus sind nicht versichert, weil die Bedingungen nie aktualisiert wurden.
Herber: Und dabei hat die Versicherungswirtschaft eine gewisse gesellschaftliche Verantwortung. Ein solcher Standpunkt passt meiner Ansicht nach nicht in die heutige Zeit. Es gilt, individuellere Lösungen zu suchen und trotzdem den Risikoausgleich im Kollektiv nicht außen vor zu lassen.
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