Paul Stanfield © Axel Jusseit
  • Von Redaktion
  • 27.05.2015 um 21:56
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Ein Provisionsverbot wie in Großbritannien würde sich in Deutschland nicht durchsetzen, meint Paul Stanfield. Wir sprachen mit dem Generalsekretär des britischen Beraterverbands FECIF über den nicht vorhandenen Beraterschwund in Großbritannien, die dafür sehr reale Beratungslücke der Verbraucher dort und mögliche Lehren für Deutschland.

Pfefferminzia: Im Vorfeld der Einführung des Provisionsverbots in Großbritannien befürchteten viele Branchenvertreter einen Beraterschwund. Zu Recht?

Paul Stanfield: Nein. Wer wirklich fest als Berater arbeiten wollte, tut es auch weiterhin. Ein paar ältere Semester sind vielleicht etwas früher als geplant in Rente gegangen. Aber von einem Beraterschwund kann keine Rede sein. So waren im Jahr 2008 in Großbritannien 38.750 freie Finanzberater registriert. Mittlerweile sind es rund 33.000. Es sind also gerade einmal 6.000 Berater vom Markt verschwunden – die Mehrzahl davon waren übrigens Bankberater.

Und hat das Provisionsverbot die Beratungsqualität verbessert?

Ja. Die Berater sind mittlerweile besser qualifiziert und beraten objektiver, da ja der Fehlanreiz von Provisionen wegfiel. Im Gegenzug wuchs aber die Beratungslücke.

Was meinen Sie damit?

Nicht alle Menschen können sich das Honorar für eine Finanzberatung leisten. Das betrifft vor allem die Geringverdiener. Wer jeden Monat gerade einmal 50 Pfund auf die Seite legen kann, wird keine 500 Pfund für eine Beratung ausgeben. Außerdem handelt es sich bei Finanzberatung nicht gerade um eine Dienstleistung, die die Kunden von sich aus in Anspruch nehmen. Die typischen Beratungsanlässe sind Veränderungen in der persönlichen Lebenssituation: Heirat, Geburt eines Kindes, Beförderung mit deutlicher Gehaltserhöhung. Da kommt der Wunsch nach einer eigenen Immobilie oder einer Risikolebensversicherung auf.

Im Zuge der Beratung zu diesen Produkten hatten die Provisionsberater früher die Möglichkeit, den Kunden auf die Bedeutung von Altersvorsorge hinzuweisen und ihm nebenbei weitere Produkte wie Rentenversicherungen oder Fonds zu verkaufen. Da das Provisionsverbot weder für Immobilienfinanzierung noch für Risikolebensversicherungen gilt, schließen die meisten Kunden diese Produkte immer noch bei einem Provisionsvermittler ab – mittlerweile aber ohne Beratung zu weiteren Produkten.

Kunden hingegen, die sich eine Honorarberatung leisten können, bekommen eine bessere Dienstleistung als früher – und das oft zu einem günstigeren Preis. Die Schere zwischen Arm und Reich ist damit größer geworden. Ähnliches gilt übrigens für die Berater: Wer gut ist und über eine breite Produktpalette verfügt, konnte seinen Marktanteil zulasten kleinerer oder schlechter qualifizierter Mitbewerber ausbauen.

Einige Marktbeobachter rechnen damit, dass Deutschland auf lange Sicht das britische Modell übernimmt. Sie auch?

Man sollte sich der Unterschiede zwischen der britischen und der deutschen Finanzindustrie bewusst sein. Der britische Finanzdienstleistungsmarkt ist viel reifer als der deutsche. Wir haben bereits 1988 die erste Regulierung eingeführt; die Transparenzregeln gelten in Großbritannien bereits seit den frühen 90er Jahren. Im Vergleich dazu steckt Deutschland noch in den Kinderschuhen. Man sollte also nichts überstürzen.

Denn Kundenschutz ist zwar gut und wichtig – aber man darf aus lauter Kundenschutz den Beratermarkt nicht zugrunde richten. Man muss ein Gleichgewicht zwischen qualitativ hochwertiger und für die meisten Kunden erschwinglicher Beratung finden. Denn ohne Beratung klappt auch kein Produktabsatz. Schließlich wacht niemand eines Morgens auf und will unbedingt einen Pensionsplan.

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