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  • Von Redaktion
  • 04.11.2013 um 12:01
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Das Thema Provisionsdeckel in der Lebensversicherung erhitzt die Gemüter. Pfefferminzia hat eine Reihe von Marktteilnehmern aus allen Lagern nach Ihrer Meinung dazu gefragt. Den Anfang macht: Axel Kleinlein, Chef des Bunds der Versicherten.

Pfefferminzia: Die Versicherer denken über eine Deckelung der Provision nach, halten Sie das für ein geeignetes Instrument, um die aktuellen Probleme der Branche in den Griff zu bekommen?

Axel Kleinlein: Der Weg über eine Deckelung ist schon eine gute und richtige Möglichkeit dieses Problem anzugehen. Der Vorschlag des GDV geht aber nicht weit genug, die Provisionen würden dann meist immer noch zu hoch ausfallen. Es wäre sicher auch richtig, die Höhe der Provisionen nicht nur von der Summe der vereinbarten Beiträge abhängig zu machen.

Pfefferminzia: An welchen Kostenschrauben könnten die Gesellschaften noch drehen?

Kleinlein: Sicher gibt es bei den Verwaltungs- oder auch den Kapitalanlagekosten bei einigen Unternehmen noch Spielraum. Aber man darf nicht vergessen, dass das dann nur indirekt den Kunden über die Kostenüberschussbeteiligung zu Gute kommt. Und da sind die Unternehmen zu Teil sehr knausrig.

Pfefferminzia: Führt der Kostendruck dazu, dass bestimmte Versicherungen in Zukunft nur noch übers Internet verkauft werden?

Kleinlein: Bei Standardangeboten ist es denkbar, dass der Weg verstärkt über das Internet geht. Dazu müssten die Unternehmen dann aber auch die Produkte internettauglich gestalten. Es gibt aber immer noch sehr viele Tarife, die so kompliziert gestaltet sind, dass das eben noch nicht richtig klappt.

Pfefferminzia: Vermittlervertreter sagen ein Vermittlersterben voraus, wenn die Provisionen gedeckelt und die Haftungszeit verlängert wird. Eine Folge davon sei die Unterversorgung von Leuten mit kleinen und mittleren Einkommen mit guter Beratung und schlussendlich Versicherungen. Lassen Sie dieses Argument gelten?

Kleinlein: Wir haben in Deutschland wahre Heerscharen von Vermittlern, im internationalen Vergleich haben wir sogar eine Überversorgung. Es wäre gut, wenn sich hier dann Spreu von Weizen trennt und die gutausgebildeten Vermittler sich durchsetzen. Wir befürchten auch bei einer niedrigeren Anzahl von Vermittlern keine Unterversorgung. Im Gegenteil kann dann womöglich endlich auch bedarfsgerechter vermittelt werden. Heute müssen Vermittler zum Teil auch überflüssige Versicherungen verkaufen  um wegen der großen Konkurrenz überleben zu können. Das könnte sich womöglich entspannen, wenn es weniger Vermittler gäbe.

Pfefferminzia: Vermittlervertreter meinen auch, dass ein Fokus auf Bestandsprovisionen insbesondere den Nachwuchs treffen könnte, da er noch nicht über ausreichend große Bestände verfügt, um ein auskömmliches Einkommen damit zu erwirtschaften. Steuert der Versicherungsvertrieb auf einen Nachwuchsengpass zu?

Kleinlein: Quer durch die Versicherungswirtschaft erwarten wir einen Nachwuchsengpass in Hinblick auf wirklich gute Kräfte, egal ob Sie sich die Vermittler, die Mathematiker oder auch das Management anschauen. Deswegen wären die Unternehmen gut darin beraten, die Vergütungssysteme für alle Mitarbeiter so anzupassen, dass die guten und motivierten Kräfte besser abschneiden, als diejenigen, die nur auf den kurzfristigen Erfolg aus sind.

Das ist übrigens auch ein Problem im Management. Wenn die Verweildauer in einem Vorstand nur bei wenigen Jahren liegt, dann hat der Manager natürlich nur geringes Interesse, dass das Unternehmen nachhaltig erfolgreich ist. Wenn das Management deswegen eine Politik der kurzfristigen Erfolge vorlebt, dann braucht man sich nicht wundern, wenn die restliche Belegschaft diese Philosophie übernimmt. Wir haben es hier also auch mit einem Problem der Unternehmenskulturen zu tun.

Pfefferminzia: Wenn der Fokus auf der Bestandsbetreuung liegen soll, was erfordert das von den Versicherern?

Kleinlein: Die Vermittler benötigen eine vernünftige Infrastruktur, um eine vernünftige Bestandsbetreuung vornehmen zu können. Dazu gehören genügend Ressourcen und damit auch Zeit für den Kunden. Wenn ein Vermittler sich betriebswirtschaftlich nur dann das Gespräch mit dem Kunden erlauben kann, wenn er auf jeden Fall noch einen kleinen Zusatzvertrag verkauft, dann ist die Falschberatung programmiert. Hier sind die Unternehmen gefordert, neue Vergütungssysteme zu etablieren, die die nachhaltige Beratung auch unterstützen. Das müssen die Vertriebsvorstände dann vielleicht auch gegen diejenigen Vermittler durchsetzen, die nur auf das schnelle Geld aus sind. Wenn am Schluss aber eher die verantwortungsbewussten und gut ausgebildeten Vermittler übrig bleiben, dann haben alle gewonnen.

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