- Von Lorenz Klein
- 10.05.2022 um 12:15
Es sei eine Notwendigkeit, sich so früh wie möglich mit dem Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) auseinanderzusetzen, findet Andreas Ludwig, Bereichsleiter Rating & Analyse beim Analysehaus Morgen & Morgen – und offenbar tun dies auch immer mehr Menschen, wie Auswertungen des Unternehmens zeigen.
Laut aktueller „Point-of-Sale“-Daten, die Morgen & Morgen zufolge auf mehr als eine halbe Million anonymisierter Berechnungen aus den letzten zwölf Monaten beruhen, zeige sich ein deutlicher Trend hin zu jungen Versicherungsnehmerinnen und -nehmern. „Es werden vermehrt Schüler und Schülerinnen, Azubis und Studentinnen und Studenten sowie Alter unter 30 Jahren berechnet“, kommentiert Analyst Ludwig die Entwicklung (siehe Grafik). Das sei „ein erfreulicher Trend“, so Ludwig, denn die beste BU sei die, „die man gestern abgeschlossen hat“. Weiterhin sei zu erkennen, dass das Endalter in den Berechnungen höher gewählt und immer häufiger auf über 65 Jahren angesetzt werde.
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Der Vorteil eines BU-Abschlusses in jungen Jahren liegt vor allem daran, dass die BU-Prämien aufgrund des meist relativ guten Gesundheitszustandes des Vertragsanwärters vergleichsweise niedrig sind – wer hingegen schon eine etwas dickere Krankenakte mit sich herumträgt und/oder einem gesundheitlich belastenden Beruf ausübt, schaut mitunter in die Röhre. Analyst Ludwig fasst diese ungleichen Zugangsvoraussetzungen so zusammen: „Die Königin der Arbeitskraftabsicherung zeigt sich nach wie vor divenhaft und lässt ihre Gunst nur einem erlesenen Kreis zu teil werden. Glücklich schätzen können sich diejenigen, die einer Bürotätigkeit nachgehen.“
Denn für sie sei die Berufsunfähigkeitsversicherung nicht nur erschwinglich, so Ludwig, sondern teils preislich attraktiver als andere Formen der Arbeitskraftabsicherung – was der Analyst anhand eines Beispiels veranschaulicht: So zahlt eine junge Mathematikerin nach aktuellen Berechnungen in der Vergleichssoftware von Morgen & Morgen nur rund 37 Euro monatlich für die BU, während sie für eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung 43 Euro und für eine Grundfähigkeitsversicherung 47 Euro monatlich aufwenden müsste.
BU-Tarife im Neugeschäft teurer geworden
Zugleich zeigt sich, dass die BU-Tarife im Neugeschäft insgesamt betrachtet teurer geworden sind. Das habe eine Analyse von 50 gängigen Berufen gezeigt, wie es bei Morgen & Morgen heißt. Die günstigsten Tarife haben sich demnach durchschnittlich um 3,1 Prozent erhöht. Der Durchschnitt aller Tarife zeigt eine Verteuerung um etwa ein Prozent.
Dieser Entwicklung liegt die Rechnungszinssenkung zum Jahreswechsel zugrunde, wodurch die Versicherungsgesellschaften gezwungen waren, ihre Tarife zu überarbeiten. „Die neuen Kalkulationsgrundlagen zeigen ein angepasstes Prämiengefüge, in dem sich eine leicht erhöhte Brutto-Netto-Spreizung abzeichnet“, schildert Analyst Ludwig.
Zum Verständnis: Je größer der Abstand zwischen Netto- und Bruttoprämie ist – in der Branche auch als „Spreizung“ geläufig – desto größer ist das Risiko für den Versicherten, dass die Prämien steigen. So wird der Nettoprämie auch als Zahlbeitrag bezeichnet, der theoretisch gesehen im Verlauf der Jahre bis zur Bruttoprämie steigen kann. Das ist wiederum davon abhängig, wie gut der Versicherer mit den eingenommenen Beiträgen wirtschaftet. Manche Gesellschaften erhoffen sich durch die Angabe eines zunächst geringen Zahlbeitrags Vorteile im Vertrieb.
Manche Gesellschaften setzen auf niedrige Zahlbeiträge im Vertrieb
Bei rund 20 Gesellschaften hat Morgen & Morgen eine leicht angehobene Spreizung feststellen können – vermutlich, um in diesem Zuge „teure Bruttobeiträge abzufangen und im Wettbewerb mit guten Nettobeiträgen mithalten zu können“, wie Analyst Ludwig schlussfolgert. Zehn Anbieter haben im Gegenzug ihre Rabatte gesenkt, teils sogar sehr deutlich. Dies betrifft eher Versicherer, die vorher eine recht hohe Spreizung hatten,“ ergänzt Ludwig.
Zugleich gilt aus Sicht des Analysten, dass die meisten Versicherer in Sachen Beitragsstabilität gut aufgestellt sind. Einige Versicherer konnten sich demnach im Teilrating „Beitragsstabilität“ im Vergleich zum Vorjahr sogar verbessern. „Trotz der schwierigen finanziellen Lage am Kapitalmarkt besteht bei den gut bewerteten Versicherern kein signifikantes Risiko für starke Beitragserhöhungen im Bestand“, resümiert Ludwig.
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