- Von Lorenz Klein
- 30.11.2017 um 12:43
Kurz vor Ende der Wechselfrist in der Kfz-Versicherung am 30. November berichtet der Stern über ein Thema, das wohl jeden Kfz-Versicherten aufhorchen lassen wird: Die Schadenregulierung der Autoversicherer.
Diese habe sich in den vergangenen fünf Jahren verschlechtert, berichtet das Magazin und beruft sich dabei auf eine Forsa-Umfrage unter 1.072 Verkehrsanwälten, die der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein angehören.
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72 Prozent der Befragten beklagen demnach eine verschlechterte Regulierung von Kfz-Haftpflichtschäden, 52 Prozent konstatieren sogar eine deutliche Verschlechterung. Lediglich vier Prozent erkennen Verbesserungen.
Was genau kritisieren die Anwälte?
Vor allem die Bearbeitungszeiten. Diese hätten sich laut der Umfrage deutlich verlängert. Zudem werden Verzögerungstaktiken angeführt sowie als unberechtigt empfundene Kürzung beziehungsweise Zurückweisung von Leistungen.
Was sagt der Versicherungsverband zur Umfrage?
Beim Versicherungsverband GDV wird die Aussagekraft der Umfrage bezweifelt. So kritisiert der Verband in einer Stellungnahme, dass ausschließlich Anwälte befragt wurden, nicht aber die Kunden der Autoversicherer. Die Befragten gehörten einer Gruppe an, „die sich ausschließlich mit Streitfällen beschäftigt“. Tatsächlich seien Konflikte zwischen Versicherern und Versicherten selten und „nicht häufiger als früher“, erklärt der Verband.
So würden nach einer aktuellen Erhebung des GDV über 97 Prozent der Schäden reibungslos reguliert. Der Anteil der Fälle, die vor Gericht kommen, sei zudem seit Jahren stabil und liege bei 2,7 Prozent (siehe Grafik). „Die Einschätzung der Verkehrsanwälte kann sich also nur auf eben diese 2,7 Prozent der Fälle stützen“, heißt es in der Stellungnahme. In der Kaskoversicherung kommt es laut GDV sogar „zu fast gar keinen Prozessen“.
Welche Anbieter machen aus Sicht der Verkehrsanwälte häufig Probleme?
„Bei offener Abfrage benennen die Anwälte als Problemversicherer Nummer Eins spontan die Huk-Coburg, gefolgt von der Allianz und der VHV“, berichtet der Stern. Bei der Bewertung der 20 umsatzstärksten Versicherungsunternehmen sagen 68 Prozent der Verkehrsanwälte, dass es bei der Huk-Coburg „häufig“ Probleme bei der Regulierung von Haftpflichtschäden gebe. Dahinter folgen die VHV (46 Prozent) und die Allianz (44 Prozent).
In der Kategorie Bearbeitungszeiten schneidet die Allianz laut Stern am schlechtesten ab. 50 Prozent der befragten Anwälte sagen, dass es bei ihr häufig zu unangemessen langen Bearbeitungszeiten komme. Dahinter folgen die Huk-Coburg (36 Prozent) und die VHV (33 Prozent).
Zugleich weist das Magazin allerdings darauf hin, dass alle drei Unternehmen „eine sehr große Zahl von Versicherungsverträgen haben und es dementsprechend ein höheres Potenzial für Streitfälle gibt“.
Im Klartext: Eine Police der Huk-Coburg – das Unternehmen, das mit mehr als elf Millionen Verträgen noch vor der Allianz die größte Fahrzeugflotte in Deutschland versichert hat – landet schon aus statistischen Gründen tendenziell häufiger auf dem Schreibtisch eines Anwalts als Beschwerden über kleinere Anbieter.
Wie kommentieren Huk-Coburg, Allianz und VHV die Umfrageergebnisse?
Allianz und VHV wollten sich nach Stern-Angaben nicht zur Umfrage äußern, die Huk-Coburg hingegen schon: „Unsere Kunden beschweren sich seltener als marktüblich, und wir führen seltener Prozesse mit Kunden oder Anspruchstellern”, so ein Sprecher gegenüber dem Magazin.
Welche Anbieter ziehen die geringste Kritik auf sich?
Die wenigste Kritik gibt es laut der Umfrage an der Gothaer, bei der lediglich neun Prozent der befragten Anwälte von häufigen Problemen berichten.
Was sagt die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein zur Kritik des Versicherungsverbandes GDV an der Umfrage?
Dass sich die Erfahrungen der Anwälte nur auf unzufriedene Kunden stütze, so der Vorwurf des GDV, widerspricht Jörg Elsner vom Deutschen Anwaltverein im Stern-Bericht: „Der Geschädigte kann nicht darauf vertrauen, dass ihm freiwillig das gezahlt wird, was ihm zusteht.“
Und weiter: Bei den Versicherern würde die Schadensregulierung heute nicht nach juristischen, sondern nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt. „Unsere regelmäßigen Umfragen zeigen, welche Versicherer hier besonders auffallen“, so Elsner.
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