Viele gesetzliche Versicherte haben bereits oder werden in diesem Jahr noch Post von ihrer Krankenkasse erhalten: Die Zusatzbeitäge steigen. © prostock-studio/Freepik.com
  • Von Karen Schmidt
  • 08.08.2024 um 14:23
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Das Vergleichsportal gesetzlichekrankenkassen.de schlägt in einem aktuellen Kommentar Alarm: Die Zusatzbeiträge der gesetzlichen Krankenkassen explodierten. Hatten zu Jahresbeginn 45 der 94 Krankenkassen ihren Zusatzbeitrag teils kräftig erhöht, kamen zwischen April und August 22 dazu. Hier der Kommentar im Wortlaut.

Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit. Jetzt, in den Sommermonaten, tritt genau das ein, was schon seit langem befürchtet wurde: Die Zusatzbeiträge für die gesetzlichen Krankenkassen explodieren. Denn ja, anders als mit dem Wort „Beitragsexplosion“ kann man es nicht beschreiben, was vor allen Dingen in der Ferienzeit geschieht.

So hatte der Gesetzgeber die Krankenkassen – beziehungsweise deren die Beiträge aufbringenden Mitglieder – in den vergangenen Jahren mit einem Federstrich um die aufgebauten Finanzreserven enteignet. Jetzt ist in schlechten Zeiten bei steigenden Leistungsausgaben kein Polster mehr vorhanden. Also muss der Beitragszahler ran!

Hatten bereits zum Jahresbeginn von den 94 gesetzlichen Krankenkassen (ohne die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau) 45 ihre Beiträge teils deutlich erhöht, so gab es zwischen April und August weitere 22 Erhöhungen, die um bis zu 1,5 Prozentpunkte reichten.

Ihre Zusatzbeiträge unterjährig erhöht haben bislang:

Im April 2024

  • Viactiv Krankenkasse von 1,60 auf 1,99 Prozent

Im Mai 2024

  • BKK Gildemeister Seidensticker von 1,50 auf 1,99 Prozent
  • Merck BKK von 1,10 auf 1,40 Prozent

Im Juni 2024

  • BKK Euregio von 1,25 auf 1,79 Prozent
  • BKK MTU von 1,60 auf 1,90 Prozent
  • BKK ZF & Partner von 1,69 auf 2,10 Prozent

Im Juli 2024

  • BKK Diakonie von 1,80 auf 2,69 Prozent
  • BKK Pfaff von 1,40 auf 1,80 Prozent
  • BKK Pfalz von 1,98 auf 2,38 Prozent
  • BKK Textilgruppe Hof von 1,30 auf 2,80 Prozent
  • BKK24 von 1,89 auf 2,55 Prozent
  • BMW BKK von 0,90 auf 1,30 Prozent
  • Continentale BKK von 1,60 auf 2,20 Prozent
  • IKK – Die Innovationskasse von 1,70 auf 2,30 Prozent
  • Vivida bkk von 1,70 auf 2,49 Prozent

Im August 2024

  • BKK Rieker. Ricosta. Weisser von 2,00 auf 2,90 Prozent
  • BKK Verbund-Plus von 1,35 auf 1,55 Prozent
  • IKK classic von 1,70 auf 2,19 Prozent
  • KKH Kaufmännische Krankenkasse von 1,98 auf 3,28 Prozent
  • Knappschaft von 2,20 auf 2,70 Prozent
  • Mkk meine Krankenkasse von 1,80 auf 2,50 Prozent
  • Pronova BKK von 1,80 auf 2,40 Prozent

Die Kaufmännische Krankenkasse ist nunmehr die teuerste gesetzliche Krankenkasse mit einem Gesamtbeitrag von 17,88 Prozent (14,60 Prozent Grundbeitrag plus 3,28 Prozent kassenindividueller Zusatzbeitrag).

Eine gute Nachricht darf aber natürlich auch nicht unter den Tisch fallen: Zum 01. Juni 2024 hat die betriebsbezogene EY BKK ihren Beitragssatz von 1,54 auf 1,04 Prozent reduziert.

Warum erhöhen jetzt viele Krankenkassen Ihren Beitragssatz?

Dahinter steckt nicht etwa böse Absicht. Keine Krankenkasse nimmt ohne Notwendigkeit eine Beitragserhöhung vor. Aber hier hat der Gesetzgeber in den vergangenen Jahren die Zahlungspflichten für die Krankenkassen massiv in die Höhe geschraubt.

Und so gibt es zwar einen ganz erheblichen Bundeszuschuss aus Steuermitteln in Höhe von aktuell 14,5 Milliarden Euro, aber dieser reicht derzeit bei weitem nicht aus, um die den Krankenkassen aufgebürdeten Mehrkosten zu decken. Bleiben also nur die Beiträge der Mitglieder übrig, die jetzt entsprechend dramatisch ansteigen (müssen).

Denn bislang konnten Krankenkassen Reserven bilden. Verantwortungsvolle Vorstände legten in guten Zeiten etwas zur Seite und wenn sich eine Haushaltsplanung für das laufende Jahr als nicht ganz den Realitäten entsprechend zeigte, konnten Unterdeckungen leicht aus den Reserven gefüllt werden. So hielt man den Beitragssatz das Jahr über stabil.

Den Kassen wurden aber inzwischen mehrmals sowohl unter Jens Spahn (CDU) als auch unter Karl Lauterbach (SPD) mit einem einfachen Federstrich diese aufgebauten Reserven einfach genommen. Man könnte hier auch von Enteignung der jeweiligen Mitglieder sprechen … Die Gelder wurden in den Gesundheitsfonds eingebracht, um damit Beitragssteigerungen im gesamten System zu vermeiden. Nachdem die Krankenkassen in mehreren Schritten um nahezu alle Reserven beraubt wurden, bildet natürlich kein klardenkender Kassenvorstand derzeit noch Rücklagen.

So ist der Haushalt 2024 bei praktisch allen Kassen „auf Kante genäht“. Tritt wie im ersten Quartal 2024 aus diversen Gründen – besonders auffallend sind hier die Krankenhauskosten und die Pflegepauschalen – eine deutliche Ausgabensteigerung ein, hat kaum noch eine Krankenkasse die Möglichkeit, diese Mehrausgaben abzufangen. Die einzige Möglichkeit: Die Zusatzbeiträge werden zeitnah erhöht.

Und genau das geschieht derzeit – nur wird die Wurzel des Übels im Zusammenhang mit den Beitragssteigerungen nicht kommuniziert!

Was bringt die Zukunft?

Mit weiteren Beitragssteigerungen ist definitiv zu rechnen! Wir als Informationsdienst www.gesetzlichekrankenkassen.de gehen davon aus, dass auch in den kommenden Monaten weitere unterjährige Erhöhungen anstehen. Außerdem werden zum Jahreswechsel 2024/2025 mindestens alle Kassen, die ihren Zusatzbeitrag bisher noch nicht erhöht haben, sicherlich nachziehen.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass viele gesetzliche Krankenkassen nochmals weiter nach oben gehen müssen. Denn, nachdem die Mittel überall knapp sind, kann keinesfalls mit einer Erhöhung des Bundeszuschusses gerechnet werden. Das bedeutet sowohl für die fast 59 Millionen Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen als auch für deren Arbeitgeber höhere Abgaben.

Praxistipp: Was man bei einer Beitragserhöhung tun kann

Wer sich über die Beitragserhöhung seiner Krankenkasse ärgert, hat die Möglichkeit, die Kasse zu wechseln. Das ist mit einer Frist von zwei vollen Monaten möglich – übrigens gilt diese Kündigungsfrist auch dann, wenn man wegen der Erhöhung sein Sonderkündigungsrecht geltend macht.

Allerdings sollte man dann nicht nur einen reinen Preisvergleich vornehmen, sondern sich auch über die gar nicht so geringen Leistungsunterschiede informieren. Genau passende freiwillige Mehrleistungen einer Krankenkasse sind schließlich ihr Geld wert.

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Karen

Karen Schmidt

Karen Schmidt ist seit Gründung von Pfefferminzia im Jahr 2013 Chefredakteurin des Mediums.

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