- Von Barbara Bocks
- 08.10.2024 um 14:01
Ein Solinger Augenarzt hatte über das Buchungsportal Jameda Selbstzahlertermine auch für gesetzlich Versicherte angeboten. Der Termin sollte 150 Euro kosten, obwohl er innerhalb der Sprechstundenzeit für gesetzlich Versicherte stattfinden sollte. Damit handelte es sich um eine Kassenleistung, nicht um eine selbst zu zahlende individuelle Gesundheitsleistung (Igel).
Der Patient informierte die Verbraucherzentrale NRW. Und das Landgericht Düsseldorf teilte die Rechtsauffassung der Verbraucherschützer: In den Sprechzeiten für Kassenpatienten darf der Augenarzt gesetzlich Versicherte nicht gegen einen Aufpreis schneller behandeln (Aktenzeichen: 34 O 107/22).
Krankenkassen erstatten gesetzlich Versicherten nicht die Behandlungskosten
Krankenkassen erstatten gesetzlich Versicherten, anders als Privatversicherten, nicht die vorgestreckten Behandlungskosten. Sie bekommen die benötigten Leistungen als Sachleistung bei ihren Ärzten. Diese haben mit den Kassenärztlichen Vereinigungen entsprechende Verträge geschlossen.
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Im Projekt „Igel-Ärger“ der Verbraucherzentralen NRW und Rheinland-Pfalz gehen häufiger Beschwerden ein, dass Ärzte Kassenpatienten Selbstzahlertermine mit deutlich kürzerer Wartezeit anbieten.
Gängig ist das unter anderem auf Terminbuchungsportalen wie Doctolib oder Jameda. Auf den Buchungsplattformen können Ärzte anhand diverser Kriterien wie dem Versicherungsstatus entscheiden, welcher Patient einen Termin bekommt.
Verbraucherzentrale hatte den Augenarzt bereits 2022 wegen ähnlichem Fall abgemahnt
Die Verbraucherzentrale NRW hatte den Augenarzt aus Solingen bereits wegen seiner Vorgehensweise abgemahnt. Er hatte im Jahr 2022 über Jameda schnellere Termine an gesetzlich Versicherte vermittelt, obwohl die Behandlung in der Sprechstundenzeit für Kassenpatienten stattfinden sollte. Zum Termin für eine augenärztliche Untersuchung sollte der Patient 150 Euro mitbringen (ob zirka oder genau, blieb im Prozess offen), oder alternativ mehrere Monate warten.
Seine privat versicherte Ehefrau hätte übrigens ohne Weiteres über Jameda einen zeitnahen Termin erhalten. Da der Arzt damals aber keine Unterlassungserklärung unterzeichnet hatte, landete der Fall nun vor dem Landgericht Düsseldorf.
Und das rechtskräftige Urteil vom 26. Juni 2024 ist eindeutig: Der Augenarzt darf künftig in seiner Augenarztpraxis keine solchen kostenpflichtigen Termine mehr anbieten. Das Gericht untersagte dem Arzt außerdem, gesetzlich Versicherten über das Buchungsportal Selbstzahlertermine für Notfälle anzubieten.
Vertragsärzte müssen 25 Stunden wöchentlich für Sprechstunden freihalten
Grundsätzlich gilt: Vertragsärzte müssen mindestens 25 Stunden wöchentlich für Sprechstunden zur Verfügung stehen. Davon müssen sie fünf Wochenstunden für Notfälle, also für Patienten mit akuten und dringlichen Erkrankungen freihalten.
Für diese offene Sprechstunde benötigen Patienten keinen Termin. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind verpflichtet, gemeldete Sprechstunden zu veröffentlichen.
Dennoch ist es für Patienten nicht transparent, wie viele Sprechstundentermine eine Arztpraxis noch vergeben kann beziehungsweise muss. „Gesetzlich Versicherte werden benachteiligt, wenn sie für einen schnellen Arzttermin extra bezahlen sollen und nur dann ebenso schnell wie Privatversicherte einen Termin erhalten“, kritisiert Gesundheitsrechtsexpertin Susanne Punsmann von der Verbraucherzentrale NRW.
„Mit diesem Urteil wird klargestellt, dass gesetzlich Versicherte in den Sprechstunden Kassenleistungen erhalten, ohne in die eigene Tasche greifen zu müssen“, so Punsmann. „Denn sie haben schon ihre Krankenversicherungsbeiträge gezahlt.“
Aktuelles Urteil: Augenarzt darf Kassenpatienten nicht für Termin zur Kasse bitten | verticus.
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