- Von Hannah Dudeck
- 15.06.2020 um 12:18
Warum gelingt es den privaten Krankenversicherern nicht, die Diskussion um die Bürgerversicherung ein für alle Mal zu beenden? Darüber diskutierte der Versicherungsökonom Fred Wagner in seiner aktuellen Internet-Talk-Sendung mit Daniel Bahr, ehemaliger Gesundheitsminister und seit 2017 Vorstandsmitglied der Allianz Privaten Krankenversicherung. Das Thema werde in Wahlkämpfen immer wieder hervorgeholt, sei einfach mobilisierbar und bediene Klischees, so Bahr. Allerdings seien alle Versuche der Umsetzung bisher gescheitert. „Die rechtlichen Hürden sind nicht zu unterschätzen“, sagte Bahr, der per Video zum Gespräch zugeschaltet war.
PKV soll sich stärker an Corona-Kosten beteiligen
Corona-Pandemie bringt PKV unter Druck
In der Corona-Krise haben sich die Stärken des dualen Systems gezeigt, ist der FDP-Politiker überzeugt. „Länder, die staatliche Gesundheitswesen mit Einheitskassen haben, sind schlechter durch die Corona-Pandemie gekommen.“ Der schnelle Zugang zu Testverfahren, die gute Versorgung der Erkrankten sowie die vielen Intensivbetten seien durch beide Säulen finanziert worden. „Der Finanzierungsbeitrag der PKV ist nicht zu unterschätzen“, so Bahr. Hinzu komme der Beitrag, den die PKV bei Innovationen leiste, die in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern schnell allen Versicherten zur Verfügung stünden.
„Unser duales Krankenversicherungssystem funktioniert sehr gut“, sagt Bahr. Er rechnet auch anlässlich der Bundestagswahl mit einer Debatte über die Bürgerversicherung. Bei Wahlen habe sich allerdings immer gezeigt: „Eine Mehrheit für eine Einheitskasse gibt es dann doch nicht“, so Bahr.
Abschlussprovision noch zu hoch?
Auch zu häufigen Kritikpunkten an der PKV äußerte sich Bahr. So sei die Abschlussprovision mittlerweile gedeckelt. Eine Krankenvollversicherung laufe meist über 20 bis 40 Jahre. „Darauf umgelegt ist die Abschlussprovision kein großes Thema“, so der Ex-Politiker. Die Beratung sei zudem sehr aufwendig. Es müsse daher einen Anreiz für Vermittler geben.
Im Online-Abschluss sieht der Allianz-Vorstand derzeit keine Alternative. Die Allianz habe zwar vor etwa fünf Jahren eine Online-Antragsstrecke für die Krankenversicherung eingeführt. „Erstaunlicherweise wollen das die Bürger noch nicht“, sagt Bahr. Es gebe Ausnahmen, wie die Zahnzusatz- oder die Reisekrankenversicherung, bei der ein Trend zu Online-Abschlüssen erkennbar sei. Bei allen anderen Krankenversicherungen wählten die Kunden den Weg über die persönliche Beratung.
Corona-Kosten für PKV noch nicht absehbar
Die Kosten für die Corona-Pandemie sind laut Bahr noch nicht absehbar. Die Allianz stelle fest, dass im Zahnbereich, bei Heilmitteln und im stationären Bereich die Ausgaben in den vergangenen Wochen gesunken seien. Ob das die Mehrausgaben durch Corona-Patienten und gesetzgeberische Entscheidungen komplett kompensieren werde, könne man noch nicht sagen. Bahr geht aber von einer Leistungsausgabensteigerung aus. „Die wird aber nicht so dramatisch, wie am Anfang der Pandemie befürchtet.“ Ein Einfluss auf die Beiträge sei daher kein Thema.
Ob sich die PKV im Allgemeinen und die Allianz im Speziellen an der Finanzierung von Massentests beteiligt, dazu gab es von dem Allianz-Vorstand keine klare Aussage. Das werde gerade diskutiert, so Bahr. Tests für Menschen ohne Symptome seien aber ohnehin nicht erstattbar.
Wenn Massentests dazu beitragen, Krankheiten zu verhindern und Lockerungen zu ermöglichen, seien sie sinnvoll. Für die Pandemiebekämpfung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe müssten aber eigentlich Steuermittel herangezogen werden.
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