- Von Andreas Harms
- 19.05.2022 um 15:50
Nach einem großen Schluck aus der Pulle trinkt die Branche nun wieder in etwas kleineren Schlückchen. Aber sie trinkt. So schätzt die Rating-Agentur Assekurata im Rahmen ihres „Marktausblick zur privaten Krankenversicherung“, dass die Prämien in der privaten Krankenversicherung (PKV) in diesem Jahr wieder etwas geringer wachsen als noch im Vorjahr. 2021 verzeichneten die Versicherer in der Hinsicht noch einen Rekordzuwachs von rund 2,6 Milliarden Euro. In diesem Jahr wird das Wachstum wohl wieder unter 2 Milliarden Euro liegen.
Beitragssteigerungen in der PKV geringer als in der GKV
PKV-Beiträge sollen 2022 um durchschnittlich 4,1 Prozent zulegen
Gleichwohl sorgen die kräftig erhöhten Prämien zunächst für stabilere Finanzen. Laut Assekurata stieg die Eigenkapitalquote branchenweit auf 16,5 Prozent. Gesetzlich gefordert sind lediglich 5,5 Prozent. Die Solvency-II-Quote zog von 491,4 auf 512,0 Prozent an.
Große Euphorie möchten die Analysten jedoch nicht aufkommen lassen, denn ihrer Meinung nach könnten einige Unsicherheiten den Versicherern noch zu schaffen machen.
- Die Corona-Pandemie ist noch nicht vorbei, und es ist nicht vorhersehbar, wie sich Long-Covid noch auswirken wird.
- Die gestiegenen Renditen an den Zinsmärkten erleichtern es zwar wieder etwas, die Beiträge stabil zu halten. Allerdings bleibt unklar, wie sich der Krieg in der Ukraine auf die Gesellschaft und die Zahlungsbereitschaft für Versicherungen auswirkt.
Außerdem steigen die Kosten. 31,4 Milliarden Euro mussten die PKV-Anbieter im vergangenen Jahr auf die Tresen blättern, das sind 2,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Und es könnte noch mehr werden. „Es bleibt abzuwarten, ob die erwarteten Nachholeffekte einsetzen, also während der Pandemie verschobene Krankenhausaufenthalte oder Behandlungen nachgeholt werden und die Leistungsausgaben merklich beeinflussen“, sagt Alexander Kraus, Autor der Studie. Mehr Informationen zeigt die Grafik:
Doch jetzt sieht es erstmal gut auf den Konten aus. Das versicherungsgeschäftliche Ergebnis stieg 2021 um 24 Prozent auf 6,9 Milliarden Euro. Mit dem Rohergebnis ging es gar um 36 Prozent auf 7,8 Milliarden Euro aufwärts. Das gab den Versicherern die Möglichkeit, die Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) aufzustocken, was sie denn auch taten. Laut Assekurata beträgt sie nunmehr 34,2 Prozent der Bruttobeiträge. Und das, obwohl die Unternehmen die RfB bereits nutzen, um Beiträge stabil zu halten. Bislang stiegen sie im laufenden Jahr um 3,8 Prozent in der Vollversicherung ohne Beihilfe und um 1,6 Prozent in der Beihilfe.
Auch um die Finanzkraft der Versicherten scheint es gut bestellt zu sein, jedenfalls konnten sie ihre Beiträge größtenteils zahlen. „Der befürchtete starke Anstieg von Wechslern in die Sozialtarife aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten im Zuge der Corona-Pandemie ist bislang ausgeblieben“, gibt Kraus leichte Entwarnung. Die Zahl der Versicherten legte im Standard- und im Basistarif jeweils um lediglich 2 Prozent auf 53.900 beziehungsweise 34.300 zu. Im Notlagentarif sank sie sogar um 5,2 Prozent auf 83.500.
Dünn bleibt es hingegen beim Neukundengeschäft. Der Nettobestand an Vollversicherten ging um rund 9.000 zurück. Immerhin ging es bei der Zusatzversicherung um 1,1 auf 28,8 Millionen aufwärts. Die Assekurata-Leute führen das hauptsächlich auf hohe Abschlussraten in der betrieblichen Krankenversicherung (bKV) zurück.
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