Jan Esser ist Produktvorstand der Allianz Privaten Krankenversicherung. © Allianz
  • Von Lorenz Klein
  • 15.08.2018 um 10:53
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440.000 Fachkräfte fehlen heute auf dem deutschen Arbeitsmarkt, zeigt ein aktueller Bericht. Ein oft übersehenes Instrument für die Mitarbeitergewinnung und -bindung kann die betriebliche Krankenversicherung sein. Wir sprachen mit Jan Esser, Produktvorstand der Allianz Privaten Krankenversicherung, über Markt, Vertriebschancen und Produktanforderungen in diesem Bereich.

Pfefferminzia: Ihr Haus wirbt damit, dass eine betriebliche Krankenversicherung, kurz bKV, den Unternehmen einen „Trumpf in die Hand“ gebe. Doch offenbar zögern viele Unternehmen in Deutschland noch, diesen Trumpf tatsächlich auszuspielen. Woher rührt diese zögerliche Haltung?

Jan Esser: Viele wissen schlichtweg  gar nicht, dass es mit der bKV eine Karte gibt, die sie im Wettbewerb um gesuchte Fachkräfte zücken könnten. In Befragungen kann zum Beispiel nur gut die Hälfte der Arbeitgeber mit dem Begriff „betriebliche Krankenversicherung“ etwas anfangen. Rund 60 Prozent der deutschen Betriebe sehen den Fachkräftemangel als Geschäftsrisiko Nummer 1, das zeigt der aktuelle Arbeitsmarktreport des Deutschen Industrie und Handelskammertages. Trotzdem schöpfen die meisten ihre Möglichkeiten nicht aus, um qualifizierte Mitarbeiter zu finden und zu halten.

Vor allem unterschätzen Unternehmen immer noch, welche Rolle Personalzusatzleistungen inzwischen spielen, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren. Nur 16 Prozent geben an, diese Mittel überhaupt für das Recruiting zu nutzen. Dabei stehen die Extras vom Chef bei Mitarbeitern hoch im Kurs und lassen sich hervorragend zur Personalgewinnung und -bindung einsetzen. Dabei kommt es darauf an, welche Zusatzleistungen ein Arbeitgeber bietet, denn nicht alle sind gleich beliebt: Studien zeigen, dass die Absicherung im Alter oder zusätzliche Gesundheitsleistungen wie eine bKV den meisten Mitarbeitern viel wichtiger sind als etwa ein Dienstwagen oder ein Handy.

Welche Hausaufgaben haben Ihre Vertriebspartner, allen voran die Makler, noch zu lösen und wie können Sie dabei helfen?

Der größte Hebel, die bKV in die Breite zu tragen, liegt bei den Vermittlern. Gerade für diejenigen mit den Schwerpunkten betriebliche Altersvorsorge und dem gewerblichen Sachgeschäft lohnt es sich besonders,  bestehende Kontakte zu nutzen. Viele werden überrascht sein, auf wie viel Interesse sie stoßen, wenn sie ihren Firmenkunden die bKV vorstellen.

Natürlich gibt es auch Vermittler die, wie die Arbeitgeber, noch nicht allzu vertraut mit der bKV sind. Deshalb unterstützen wir sie mit qualifizierter Aus- und Weiterbildung und bieten ein spezielles Betreuungskonzept: Unsere spezialisierten bKV-Underwriter stehen unseren Vertriebspartnern mit Rat und Tat zur Seite – und begleiten sie auf Wunsch bei Gesprächen mit Firmenkunden vor Ort. Auch bei der steuerlichen und arbeitsrechtlichen Behandlung der bKV beantworten persönliche Ansprechpartner Vermittlern sämtliche Fragen, ohne Mehrkosten. Das garantieren wir.

Die Allianz hat ihr Angebot in der betrieblichen Krankenversicherung laut eigenen Angaben „radikal vereinfacht“. Was genau haben Sie vereinfacht und warum?

Das Warum ist schnell erklärt. Ich bin überzeugt, dass es auch bei einem guten Angebot immer noch etwas gibt, das man besser machen kann. Was genau das ist, wissen diejenigen am besten, die die bKV verkaufen und nutzen. Deshalb haben wir unsere Firmenkunden, bKV-Versicherte und auch Vermittler gefragt und ihnen gut zugehört. Das Ergebnis war kurz gesagt:  Wir können noch leistungsstärker und gleichzeitig viel einfacher werden.

Unsere „bKV der nächsten Generation“ ist jetzt radikal einfach, weil alle elf Produktbausteine frei kombinierbar und auch einzeln abschließbar sind. Wir haben durchweg altersunabhängige Einheitsbeiträge. Das sorgt für Transparenz und verschafft Vermittlern wie Firmenkunden einen schnellen Überblick über die Kosten. Ebenfalls transparent sind die Leistungen, zum Beispiel bei unseren neuen Zahnersatztarifen: Die Zusatzversicherung übernimmt den Anteil der Kosten für Zahnersatz ab dem ersten Tag, egal, wie hoch diese sind. Sogenannte Erstattungs-Höchstgrenzen oder Zahnstaffeln entfallen.  Auch wenn ein Patient sich bereits in Behandlung befindet oder eine solche angeraten ist, bezahlt die bKV die Kosten ab Beginn der Versicherung.

Können Sie für uns ein Bild des bKV-Markts in fünf Jahren entwerfen?

Die bKV wird in Zukunft eine größere Rolle spielen, definitiv. Das sehen wir an den hohen Wachstumsraten in diesem Geschäft. Natürlich wird nicht von heute auf morgen jeder Arbeitgeber in Deutschland eine bKV abschließen, das braucht Zeit. Die betriebliche Altersvorsorge ist auch nicht über Nacht groß geworden. Doch mehr und mehr Firmen entscheiden sich, ihren Mitarbeiten diese Art der Wertschätzung auszusprechen.

Und sie tun meiner Meinung nach gut daran: Gerade hat das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln eine Studie vorgelegt, nach der dem Arbeitsmarkt aktuell rund  440.000 qualifizierte Fachkräfte fehlen. Der Wettbewerb um Personal ist also heute schon zur Überlebensfrage geworden. In Zukunft wird der demografische Wandel das Problem weiter verschärfen. Für Unternehmen wird es immer wichtiger, rechtzeitig die Weichen zu stellen und in die Attraktivität als Arbeitgeber zu investieren. Bei der bKV sehe ich also viel Potenzial – die Unternehmen werden schlichtweg nicht mehr um sie herum kommen, wenn sie erfolgreich qualifizierte Bewerber ansprechen wollen.

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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