Kinder spielen im Dreck: Untersuchungen ergaben, dass Kinder, die auf Bauernhöfen aufwuchsen, seltener unter Allergien und Asthma leiden. © panthermedia
  • Von Joachim Haid
  • 27.08.2019 um 10:15
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Im zweiten Teil dieser Reihe beschäftigen wir uns mit der Frage, welche Folgen der Kampf gegen Bakterien und Viren seit deren Entdeckung als Krankheitsauslöser Ende des 19. Jahrhunderts hatte. Welche Konsequenzen haben moderne Trends wie geplante Kaiserschnitte? Und was ist eigentlich ein Holobiont? Hier erfahren Sie es.

Viele Mütter wollen teilweise aus diesen Gründen nicht mehr stillen. Manche auch deshalb, weil sie möglichst früh wieder beginnen wollen zu arbeiten und Abpumpen sehr unangenehm und kompliziert in der Planung sein kann. Eine Flasche zu machen ist einfacher. Kinder, die per Kaiserschnitt zur Welt kommen und/oder nicht gestillt werden, fehlt aber diese natürliche Impfung durch die Keime der Mutter. Es besteht der Verdacht, dass viele dieser Kinder anfälliger für Infekte und Allergien sind. Deshalb werden der Flaschennahrung Pro- und Präbiotika beigemischt, um diesen Verlust einigermaßen auszugleichen. Eine pauschale, künstliche Gabe kann jedoch nicht den Schutz durch das individuelle Mikrobiom der Mutter ersetzen.

Bei Kaiserschnittgeburten wird deshalb teilweise ein vaginaler Mikrobentransfer durchgeführt. Dabei wird die Vagina der Mutter mit einer Kompresse bedeckt und nimmt dort vorhandene Bakterien auf. Nach der Geburt wird das Kind damit beginnend von den Lippen, über Gesicht, Brust, Arme, Beine, Genitalien bis zur Analregion eingerieben. Das mag beim Leser nun abstoßend wirken, ist aber sehr ähnlich dessen, was bei einer natürlichen Geburt passiert. Ob dieses Verfahren jedoch den gleichen Schutz wie eine natürliche Geburt bietet, bleibt wohl noch abzuwarten. Kann eine Frau natürlich gebären, sollte sie dies im Interesse des Kindes bevorzugen. Für medizinisch notwendige Kaiserschnitte kann der Mikrobentransfer jedoch eine Chance für eine möglichst natürliche Mikrobiomtwicklung des Säuglings sein.

Auch bei einer natürlichen Geburt kann jedoch die Übertragung des schützenden Mikrobioms durch die Mutter auf den Säugling gefährdet sein. Nämlich dann, wenn die Mutter während der Schwangerschaft selbst mit Antibiotika behandelt wird, welche ihr eigenes Mikrobiom aus der Balance bringt. Die Behandlung der Mutter kann also langfristig zu einem weniger effektiven Immunsystem des Kindes führen. Ein weiterer Grund, weshalb Antibiotika zurückhaltender als in der Vergangenheit eingesetzt und die Eltern auf eine Ernährung achten sollten, die möglichst frei von Medikamentenrückständen ist.

Ein folgenschwerer Vernichtungskampf

Wie oben bereits erwähnt, wurden in den vergangenen Jahrzehnten gegen bestimmte Erreger regelrechte Ausrottungskampagnen mit Antibiotika geführt. Dazu zählt beispielsweise der Magenkeim Helicobacter Pylori (H.Pylori). Dieser Keim kann Gastritis und Magengeschwüre auslösen, aus denen sich als Spätfolge auch Magenkrebs entwickeln kann. Kann, muss aber nicht. Dennoch wurde nach dieser Entdeckung der Keim teilweise pauschal mit Antibiotika bekämpft, sobald ein Mensch positiv auf ihn getestet wurde.

Dieser Medikamenteneinsatz beeinflusste natürlich auch unser schützendes Mikrobiom negativ. Durch genetische Analysen wissen wir heute jedoch, dass die Menschheit seit mindestens 100.000 Jahren mit H. Pylori infiziert ist. Man geht sogar davon aus, dass dies seit Auftreten des Homo Sapiens möglich sein könnte. Da stellt sich die Frage, ob H. Pylori wirklich nur schädigende Wirkung hat. Wenn dem so wäre, wäre die Menschheit dann nicht ausgestorben, oder hätte das Immunsystem in den vielen hunderttausend Jahren nicht eine effektive Abwehr entwickelt?

Der Vernichtungskampf wurde so erfolgreich geführt, dass H. Pylori tatsächlich in den Industrieländen nach und nach am Verschwinden ist. Mit verantwortlich dafür ist jedoch auch die indirekte Vernichtung des Keims durch den generell häufigen Einsatz von Antibiotika in der Vergangenheit. Denn darunter litt auch der Magenkeim. Dieser wird von den Eltern auf die Kinder übertragen. Ist er bei den Eltern ausgelöscht worden, kann er auf den Nachwuchs nicht mehr übertragen werden. Deshalb geht mit jeder Generation die Besiedlung mit H.Pylori zurück. Heute wissen wir, dass dieser Keim nicht nur Magengeschwüre auslösen kann, sondern auch schützend im Körper wirkt. Der Keim spielt beispielsweise eine wichtige Rolle bei der Magensäuren- und Hormonproduktion.

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Joachim Haid

Joachim Haid ist Gründer des Gesundheitsprogramms PaleoMental®, zudem Gesundheitscoach und Heilpraktiker in Ausbildung.

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