- Von Andreas Harms
- 27.03.2024 um 14:15
Der neue Referentenentwurf zum Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) ist durchgesickert und sorgt für Unmut bei den Krankenkassen. Am stärksten stört sie, dass die Regierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) damit noch mehr Ausgaben aufdrücken will.
Hier einige Highlights:
- Neue Medizinstudienplätze sollen den Nachwuchs sichern. Einen entsprechenden Förderfonds wolle man aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds speisen. Am Ende soll die GKV so zwei Drittel der Kosten übernehmen.
- An flächendeckenden Gesundheitskiosken sollen sich vor allem sozial benachteiligte Menschen in Hinblick auf Behandlung und Vorbeugung beraten lassen können. Die Kosten soll zu drei Vierteln ebenfalls die GKV tragen.
- Hausärzte sollen Leistungen abrechnen können, ohne dass sie gekürzt werden. Diese sogenannte Budgetierung soll wegfallen. Chronisch kranke Patienten, die fortlaufend Medikamente bekommen, sollen über Versorgungspauschalen abgerechnet werden. Sie sollen somit nicht mehr in die Praxis gehen müssen. Hausärzte sollen dadurch mehr Freiraum für andere Patienten bekommen.
- Hausarztpraxen sollen Vorhaltepauschalen für bestimmte Kriterien erhalten
- Wer an der hausarztzentrierten Versorgung teilnimmt, erhält einen Bonus
- Im Gegensatz zum ursprünglichen Plan wird Homöopathie als Kassenleistung nicht gestrichen
Wie schon angedeutet, kommen die Maßnahmen in der GKV nicht gut an. Vor allem die neu hinzukommenden Ausgaben.
Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen, stempelt das neue Gesetz als „Beitragszahlerbelastungsgesetz“ ab und meint: „Es geht munter weiter: Mit dem nun bekannt gewordenen Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz kommen erneut erhebliche Ausgabenrisiken auf die Versicherten und Arbeitgeber der GKV zu. […] Zusammen mit dem milliardenschweren Transformationsfonds im Rahmen der Krankenhausreform werden hier erneut öffentliche Aufgaben der Daseinsvorsorge auf die GKV verschoben. Das ist inakzeptabel.“
Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, sieht in dem Entwurf ein „fatales Muster, staatliche Aufgaben und Finanzverantwortlichkeiten systematisch in Richtung GKV zu verschieben.“ Damit spielt sie insbesondere auf die Sache mit den geförderten Studienplätzen an.
An denen stört Jürgen Hohnl, Geschäftsführer des Interessenverbands der Innungskrankenkassen, insbesondere die eher läppische Bedingung, um gefördert zu werden: „Die Ärztinnen und Ärzte mögen doch bitte dann zehn Jahre in der vertragsärztlichen Versorgung, einem zugelassenen Krankenhaus oder einer zugelassenen Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung arbeiten! In entsprechenden Länderprogrammen wird zumeist gefordert, in unterversorgten, ländlichen Gebieten tätig zu werden.“
Einkommen der Ärzteschaft optimiert
Doch auch die Pläne für die Hausarztpraxen stoßen auf wenig Gegenliebe. Carola Reimann merkt an, es sei nicht gewährleistet, „dass sich die Erreichbarkeit und Qualität der hausärztlichen Versorgung dadurch wirklich verbessert“. Anstatt also die ambulante Versorgung der Menschen strukturell zu verbessern, optimiere man die Einkommen der Ärzteschaft.
Frank Hippler, Vorstandschef der IKK classic, findet es indes fraglich, ob die Maßnahmen für Hausärzte wirklich die Versorgungsprobleme beheben können. Stattdessen sieht er Mehrausgaben in dreistelliger Millionenhöhe auf die Kassen zukommen. „Für die ambulante Versorgung stehen bereits heute ausreichend Geldmittel zur Verfügung. Hinzu kommt: Ungefähr 40 Prozent der ambulanten Leistungen vergüten wir bereits außerhalb des Budgets“, so Hippler.
Doch immerhin hat man bei der IKK classic auch ein paar gute Ansätze ausgemacht. Die geplante Pauschale für chronisch Kranke sei zumindest diskutabel, „sofern dadurch keine höheren Ausgaben für die Versichertengemeinschaft entstehen und die Qualität gesichert bleibt“. Und Vorhaltepauschalen seien in solchen Gebieten sinnvoll, in denen die hausärztliche Versorgung gefährdet ist.
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