- Von Redaktion
- 08.10.2013 um 16:53
Thorulf Müller gilt als einer der härtesten und ehrlichsten Kritiker der Krankenversicherungsbranche. Seine Kommentare sind gefürchtet, aber fundiert. Jetzt gibt’s den KVProfi ungekürzt und in Farbe auch auf Pfefferminzia.de. Dieses Mal zum Thema Kennzahlenvergleiche.
Von Thorulf Müller
Jedes Jahr im Herbst kommen Sie wieder auf den Tisch und in die Medien, die Kennzahlenvergleiche der PKV-Versicherer. Nach Softfair hat nun Morgen & Morgen einen Kennzahlenvergleich als Rating und ohne vollständiges Ranking beendet. Wie steht es um das Versicherungsunternehmen selbst? Wie groß ist es? Wie sicher? Agiert es erfolgreich am Kapitalmarkt? Verursacht es hohe oder niedrige Kosten? Das sind die Fragen, die das Rating beantworten soll!
Das Ergebnis:
Zum Vergleich das Ergebnis von Softfair:
Morgen und Morgen lässt in seiner Erläuterung des Ratings nicht so tief blicken, wie Softfair.
Morgen & Morgen hat ein Bewertungssystem entwickelt, das diesem Informationsbedarf Rechnung trägt. Hierzu werden jährlich die Geschäftsberichte der vergangenen fünf Jahre praktisch aller deutscher Krankenversicherungsunternehmen ausgewertet, die zu diesem Zeitpunkt seit mindestens sechs Jahren bestehen. Über 30 000 Daten werden zu diesem Zweck den Geschäftsberichten entnommen. Sie fließen ? für jedes Unternehmen und für jedes Bilanzjahr des beobachteten 5?Jahres?Zeitraums ? in zehn Kennzahlen ein. Jede dieser zehn Kennzahlen beleuchtet einen spezifischen Aspekt des Unternehmenserfolgs und der Unternehmensführung.
Nun ist eine Kennzahl für sich alleine noch nicht aussagekräftig. Erst der Vergleich zu allen anderen Unternehmen zeigt, ob der von einem Unternehmen erreichte Wert eher durchschnittlich ist oder in der einen oder anderen Richtung vom Durchschnitt abweicht. Deshalb werden die Kennzahlen im nächsten Schritt miteinander verglichen und mit Hilfe eines statistisch mathematischen Verfahrens ein Schema entwickelt, mit dem für jede Kennzahl jedes Unternehmens gemessen werden kann, ob und wie weit sie vom Durchschnitt aller untersuchten Unternehmen abweicht. Die dabei festgestellten Ergebnisse werden in eine Punkteskala übertragen. Für eine Kennzahl, die nicht stark vom Durchschnitt abweicht, werden drei Punkte vergeben, für stark nach oben oder unten abweichende Ergebnisse bis zu fünf beziehungsweise bis zu einem Punkt.
Ok, wir wissen jetzt also, dass es eine Vielzahl von Daten in den Geschäftsberichten gibt, die nun in Kennzahlen zusammengefasst werden. Diese werden verglichen, gemessen und bewertet! Wunderbar! Und dann geht es um die Abweichung vom Durchschnitt?! Das ist dilettantisch! Warum? Die PKV Versicherer sind insgesamt untereinander nicht vergleichbar. Deshalb werden zum Beispiel beim PKV Verband intern Peer-Groups gebildet. Zum Beispiel die Gruppe der großen und alten Versicherer. Kleine junge und mittelgroße, et cetera.
Folgende Kennzahlen gibt Morgen & Morgen zu:
Nettoverzinsung
Die Quote berücksichtigt sämtliche Erträge und Aufwendungen aus bzw. für Kapitalanlagen. Einbezogen sind damit auch die Gewinne und Verluste aus dem Abgang von Kapitalanlagen sowie die Abschreibungen auf Wertpapiere, Investmentanteile sowie Grundbesitz. Aus dem Kapitalanlageergebnis sind die beitragsentlastenden Maßnahmen nach Paragraf 12a VAG zu finanzieren.
Das ist zwar nicht falsch, aber eben auch nicht richtig. Das Nettozinsergebnis ist in Höhe von 3,5 Prozent bereits im Beitrag rabattiert. Weiterhin ist anzumerken, dass es hier sehr wohl auch Gestaltungsmöglichkeiten gibt, die mittel- bis langfristige Effekte haben können. Man müsste die Strategien sehr viel genauer analysieren! Welche Papiere wurden warum verkauft? Welche Papiere wurden gekauft? Warum wurde was abgeschrieben? Welche Wirkung hatten Kursgewinne auf langlaufende verzinsliche Anleihen? Welche steuerlichen Strategien wurden genutzt? Gibt es Abweichungen zum AUZ (aktuarieller Unternehmenszins) und wenn ja warum?
Eine weitere spannende Frage wäre die nach dem Bruttoanlageergebnis und wer mit der Verwaltung der Kapitalanlagen wie viel Geld verdienen durfte und wo das hin geflossen ist.
Abschlusskostenquote
Die Abschlusskostenquote gibt an, wie viel von den Beiträgen für die Vermittlung von Krankenversicherungsverträgen aufgewendet wird. Abschlusskosten entstehen in Zusammenhang mit dem Neugeschäft. In der Regel sind diese Kosten kalkulatorischer Bestandteil des Versicherungsproduktes, die der Versicherungsnehmer (zumindest teilweise) im Rahmen seiner Prämie trägt. Bezugsgröße sind die verdienten Bruttobeiträge.
Das ist richtig und deshalb gibt es einen Zusammenhang mit dem Bruttowachstum! Aber wo wurde der gemessen? Für die Beurteilung wäre es zum Beispiel wichtig zu wissen, ob die Gesellschaft gezillmert oder ungezillmert kalkuliert und wie hoch die kalkulierten Abschlusskosten sind.
Verwaltungskostenquote
Die Verwaltungskostenquote gibt an, wie viel von den Beiträgen für die Verwaltung der Versicherungsverträge aufgewendet wird. Bezugsgröße sind die verdienten Bruttobeiträge.
Das ist nicht ganz richtig. Es geht hier im Wesentlichen um Verwaltungskosten, die mit dem Vertrieb zu tun haben. Schadenregulierungskosten, Kosten für Policierung oder für die Verwaltung der Kapitalanlagen sind hier nicht enthalten!
Für die Beurteilung wäre es zum Beispiel wichtig zu wissen, wie hoch die kalkulierten Verwaltungskosten sind und was konkret in der Position gebucht wird.
Versicherungsgeschäftliche Ergebnisquote
Die Versicherungsgeschäftliche Ergebnisquote gibt in Prozent der Jahresbeitragseinnahmen an, wie viel von den Jahresbeitragseinnahmen nach Abzug der Aufwendungen für Schäden und Kosten übrig bleibt. Die so definierte Ergebnisquote ermöglicht eine zusammenfassende Betrachtung der Schaden-Kosten-Situation des Versicherers. Ist die Ergebnisquote positiv, so war der kalkulierte Beitrag insgesamt ausreichend bemessen; allerdings kann das Schaden-Ergebnis oder das Kosten-Ergebnis dennoch negativ gewesen sein. Ist die Ergebnisquote negativ, so hat der kalkulierte Beitrag nicht ausgereicht, um alle Aufwendungen abdecken zu können. Ursächlich dafür kann das Schaden-Ergebnis und/oder das Kosten-Ergebnis gewesen sein. Im Falle eines negativen versicherungsgeschäftlichen Ergebnisses stehen andere Überschussquellen, zum Beispiel überrechnungsmäßige Zinserträge, nicht mehr in vollem Umfang als Basis für die Überschussverwendung zur Verfügung.
Das ist zwar richtig, aber leider auch nicht die ganze Wahrheit! Es bleibt aber dabei, dass ich viel mehr über die Zusammensetzung des Bestandes Wissen muss und vor allem über die Zusammensetzung im Sinne von kalkulierten versicherungsgeschäftlichen Ergebnissen um die Zahl überhaupt zu bewerten!
Wachstumsrate (natürliche Personen – Vollversicherung)
Diese Kennzahl gibt Auskunft über das Wachstum der natürlichen Personen in der Krankheitskostenvollversicherung. Die Wachstumsrate zeigt, in welcher Lage sich ein Unternehmen befindet: eher in einer der Stagnation oder in einer der Expansion. Sie gibt auch Auskunft darüber, worauf das Beitragswachstum eines Unternehmens gegründet ist: eher auf der Gewinnung neuer Kunden (also Personenwachstum) oder auf Beitragserhöhungen.
Das ist im Gegensatz zu Softfair sogar einfach und richtig. Allerdings sagt die Zahl auch wirklich nichts anderes aus! Und über die Gründe des Beitragswachstums sagt die Zahl alleine schon einmal gar nichts aus. Ob Wachstum überhaupt sinnvoll ist und einen Nutzen bietet, sei auch dahin gestellt, weil ich dann schon sehr viel genauer wissen müsste wie sich Zu? und Abgänge genau zusammensetzen, also auch warum es Abgänge gegeben hat. Differenziert nach Alterskohorten, Tarifkollektiven und Gründen inklusive den kalkulierten Abgangsordnungen!
Wachstumsrate (natürliche Personen – Ergänzungsversicherung)
Diese Kennzahl gibt Auskunft über das Wachstum der natürlichen Personen in der Ergänzungsversicherung.
Ich will mich nicht wiederholen: eine informative Kennzahl ohne jeglichen qualitativen Anspruch!
Eigenkapitalquote
Bei der Eigenkapitalquote wird das Eigenkapital des Versicherers ins Verhältnis zu den verdienten Bruttobeiträgen gesetzt. Die PKV-Unternehmen müssen zur Sicherstellung der dauernden Erfüllbarkeit der Verträge ausreichendes Eigenkapital bilden. Die Höhe bemisst sich aufgrund einer zu bedeckenden Solvabilitätsspanne. Ein Maß für die Solvabilität eines Unternehmens ist die Eigenkapitalquote.
Richtig, aber es gibt AGs, dann gibt es AGs die in einem Konzern eingebettet sind und deren Solvabilität auch über das haftungskapital des Mutterkonzerns dargestellt werden kann, dann gibt es AGs die einem VVaG gehören und es gibt dieVVaGs die für sich alleine stehen oder sogar die Mutter in einem Konzern sind!
RfB-Quote
Diese Quote bringt zum Ausdruck, in welchem Umfang bezogen auf die Beitragseinnahmen in einem Unternehmen zusätzliche Mittel für Beitragsentlastungen – über die Alterungsrückstellungen und Paragraf 12a VAG hinaus – oder Barausschüttungen in der Zukunft zur Verfügung stehen.
Wobei die Zukunft zeitlich stark begrenzt ist, weil es sich nur um die nächsten drei Jahre handelt. Es stellt sich auch die Frage, wie hoch der bisherige Anteil an Barausschüttungen war und welche Mittel das Unternehmen für die zukünftige zugesagte Barausschüttung benötigt.
RfB-Zuführungsquote
Die RfB-Zuführungsquote gibt an, wie viel für die Finanzierung zukünftiger beitragsentlastender Maßnahmen oder Barausschüttungen der Rückstellung für erfolgsabhängige Beitragsrückerstattung zugeführt.
Ich messe das versicherungsgeschäftliche Ergebnis und den Nettozins! Was ist die RfB?Zuführung? Das versicherungsgeschäftliche Ergebnis plus 10 Prozent des Überzinses abzüglich Zufluss Eigenkapital/Dividende! Wo fließt es hin? Ich weiß nicht, wie oft man einen Wert messen sollte?
Bewertungsreservequote
Die Quote betrachtet die Bewertungsreserven in Prozent der gesamten Kapitalanlagen. Die Stillen Reserven sind die Differenz zwischen den Zeit- und Buchwerten der zu Anschaffungskosten und der zu Nennwert bilanzierten Kapitalanlagen.
Wenn man in die Historie schaut, dann kann man Jahre sehen, wo die Bewertungsreserven schmelzen wie der Schnee in der Sonne. Die PKV Versicherer haben in einem sehr hohen Maß, auch weil es gesetzlich vorgeschrieben ist, in Staatsanleihen investiert! Da die PKV niemals, so wie eine Lebensversicherung, regelmäßig hohe Auszahlungen hat, die sie nicht aus den laufenden Beiträgen erwirtschaften kann, sind die Papiere mit maximalen Laufzeiten ausgestattet. Es liegen in den Büchern also viele Staatsanleihen mit hohen Zinsen!
Bewertungsreserven machen nur dann Sinn, wenn man sie realisieren kann. Das würde bedeuten, dass man sich von hoch verzinsten Anleihen trennen muss. Ich stelle die berechtigte Frage ob das zum Vorteil der heutigen Kunden ist! Wenn nicht, dann stellt sich die Frage, welchen Nutzen die Bewertungsreserven haben!
Das Fazit
Mein Urteil für Softfair trifft eigentlich auch Morgen & Morgen. Zitat: „Es gibt zu dieser Zusammenstellung von Zahlen nur einen einzigen Kommentar: fachlich mangelhaft und überwiegend falsch, oberflächlich, stümperhaft und grausam. Ich habe selten in einem Unternehmensrating so viel Unsinn und Unfug gelesen und gesehen. Transparenz ist der Anspruch? Das Ziel wurde verfehlt!“
Das Ziel war: “Morgen & Morgen hat ein Bewertungssystem entwickelt, das diesem Informationsbedarf Rechnung trägt.”
Sorry, aber das Rating hat weder einen Nutzwert noch befriedigt es einen Informationsbedarf!
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