- Von Achim Nixdorf
- 03.09.2021 um 15:52
Die Krankenkassen fühlen sich von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Stich gelassen und warnen vor „unsicheren Zeiten“. Der Grund: Spahn will die Entscheidung über einen zusätzlichen Bundeszuschuss für 2022 auf Mitte Oktober vertagen, wenn der Schätzerkreis der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) tagt – also auf die Zeit nach der Bundestagswahl. Aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes ist das zu spät. „Bisher galt die politische Zusage, rechtzeitig im Spätsommer die Finanzsituation für das kommende Jahr zu klären“, teilte der Verband nach einem Treffen mit dem Minister mit. Diese Zusage werde nun nicht eingehalten.
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Spahn habe zwar unterstrichen, heißt es weiter, dass die gesetzliche Vorgabe gelte, den Zusatzbeitragssatz bei 1,3 Prozent stabil zu halten und dass die dafür notwendigen Finanzmittel bereitgestellt würden, doch angesichts erwartbar schwieriger Koalitionsverhandlungen nach der Wahl sei jetzt völlig offen, wie und wann dies tatsächlich geschehen werde.
„Organisierte Verantwortungslosigkeit“
Auch der AOK-Bundesverband geht mit Spahn hart ins Gericht. „Angesichts der schwierigen Finanzlage der gesetzlichen Krankenkassen wäre schnelles und verbindliches politisches Handeln zur Aufstockung der Bundesmittel erforderlich. Aber Herr Spahn entzieht sich der notwendigen Entscheidung, obwohl er zuvor eine anderslautende, explizite Zusage gemacht hat“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Aufsichtsratsvorsitzenden Volker Hansen (Arbeitgeber) und Knut Lambertin (Versicherte).
Und weiter: „Der Gesundheitsminister verspricht heute, mit der Sozialgarantie die Beiträge stabil zu halten, die Verantwortung schiebt er aber in einen sich gerade konstituierenden Bundestag, der bis dahin sicher noch gar keine neue Bundesregierung hat. Dabei müssen für eine seriöse Kassenführung schon Ende Oktober die Haushaltspläne der Krankenkassen stehen, und die Entscheidungsgrundlagen dafür fehlen. Das nennen wir organisierte Verantwortungslosigkeit.“
Zusatzbeiträge könnten steigen
Enttäuscht über die Entscheidung Spahns zeigen sich ebenso Vertreter der Innungskrankenkassen (IKK). „Konkrete und verlässliche Finanzierungszusagen wären wichtig“, sagt IKK-Vorsitzender Hans Peter Wollseifer. Die Finanzverantwortung für die vielen gesamtgesellschaftlichen Aufgaben könne nicht allein von der GKV getragen werden.
Laut GKV-Spitzenverband ist für die Stabilität des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes im kommenden Jahr ein Sonder-Bundeszuschuss in Höhe von 7 Milliarden Euro notwendig – zusätzlich zu den bereits Mitte Mai beschlossenen 7 Milliarden. „In der Pandemie hat die gesetzliche Krankenversicherung im Hintergrund dafür gesorgt, dass die Versorgungsstrukturen verlässlich funktioniert haben”, so die Verbandsvorsitzende Doris Pfeiffer. Jetzt gehe es darum, die gesetzliche Krankenversicherung finanziell nicht im Regen stehen zu lassen.
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