Nutri-Score auf Verpackungen: Die Lebensmittelkennzeichnung soll ab 2020 auch in Deutschland kommen. © Getty Images
  • Von Joachim Haid
  • 27.11.2019 um 11:36
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lesedauer Lesedauer: ca. 05:30 Min

Übergewicht und Adipositas nehmen seit Jahren in Deutschland immer mehr zu. 2017 waren 53 Prozent der Erwachsenen übergewichtig, 16 Prozent sogar stark übergewichtig. Auch der Anteil bei Kindern liegt inzwischen bei 15 Prozent. Deshalb wird seit längerer Zeit die Kennzeichnung von Lebensmitteln diskutiert. Bis Mitte 2020 soll nun der notwendige Rechtsrahmen für die Einführung des Nutri-Score geschaffen werden. Wie er funktioniert, erfahren Sie hier.

Aktueller Zwischenstand der positiven Punkte: 15 Punkte

Entscheidend, ob wir die positiven Punkte mit den negativen komplett verrechnen dürfen, ist nun allerdings der Energiegehalt unseres Riegels in Kilojoule. Denn die Verrechnung ist nur dann komplett möglich, wenn wir entweder weniger als 11 Minuspunkte haben. Sind die negativen Punkte größer oder gleich 11 Punkte, können wir nur komplett verrechnen, wenn der Obst- und Nussanteil bei über 80 Prozent liegt. Wir kommen jedoch genau auf 80 Gramm. Zeit also mit dem Energiegehalt den letzten der 4 negativen Punkte zu berechnen:

  • Zucker: 17,5 Gramm ergeben 293,08 Kilojoule
  • 40 Gramm Nüsse enthalten laut der Angabe auf einer Nussmischung ohne Rosinen 1.064,40 Kilojoule
  • Der Fettanteil in unserem Riegel kommt aus den Nüssen und ist damit oben bereits berücksichtigt. Das gleiche gilt für den Eiweißanteil
  • Aus den 40 Gramm Himbeeren erhalten wir 569,40 Kilojoule
  • Ballaststoffe: Diese zählen beim Energiegehalt nicht, wenngleich dies bei einer Fehlbesiedlung des Darms ganz anders ausschauen kann.

Summe: 1.926,88 Kilojoule und damit laut Nutri-Score-Tabelle 5 Punkte

In der Summe ergeben sich aus negativen Faktoren 10 Punkte, liegen damit unter den oben genannten maximal 11 Minuspunkten und dürfen die positiven Punkte vollständig verrechnen.

Negative Punkte: 10

abzüglich positive Punkte: 15

Gesamte Punktanzahl: -5   

Damit erhält unser Eiweiß-Nuss-Riegel ein tiefgrünes A! Das hätten wir jedoch bereits mit -1 Punkt erreicht. Also könnten wir bei den teuren Nüssen etwas einsparen, würden dann zwar nur maximal 4 Pluspunkte für Nüsse und Obst erhalten, das ist jedoch irrelevant, da wir unter den maximalen 11 negativen Punkten bleiben und somit die positiven Punkte vollständig verrechnen dürften.

Der Auftrag an unsere Food-Designer als Lebensmittelhersteller würde also lauten: Optimiert den Riegel bezüglich des Nussanteils so weit, dass wir weiterhin ein A erhalten und dabei möglichst viel der teuren Nüsse einsparen können. Je weniger Nüsse, desto weniger Kilokalorien beziehungsweise Kilojoule enthält der Riegel außerdem.

Nun könnte man natürlich ausführen, dass ein Riegel, der relativ viele Nüsse und Himbeeren enthält doch auch gesund ist und das dunkelgrüne A damit berechtigt ist. Dem wäre zuzustimmen, wenn nicht der Zuckeranteil mit 17,5 Prozent sehr hoch wäre. Und was sind schon 100 Gramm? Der Riegel erhält ein grünes A, scheint also gesund zu sein, warum also nicht zwei davon essen, damit man auch gesättigt wird?

Mit zwei Riegeln ist man aber bereits bei 35 Gramm Zucker und damit weit über der maximalen Zufuhrempfehlung der Weltgesundheitsorganisation. Die künstlichen Aromastoffe und Geschmacksverstärker dürfen wir bei der gesundheitlichen Betrachtung auch nicht außen vorlassen, finden beim Nutri-Score jedoch keine Berücksichtigung.

Dass die Kennzeichnung der Lebensmittel mit dem Nutri-Score das Problem des Übergewichts und der Adipositas in Deutschland reduzieren kann, ist daher stark anzuzweifeln. Wie wir seit vielen Jahren wissen, stieg das durchschnittliche Gewicht der Menschen in den Industrieländern seit den Siebzigern nicht durch zu viel Fett im Essen, auch nicht durch zu viel gesättigte Fettsäuren. Sondern vor allem durch einen zu hohen Gehalt an schnellen Kohlenhydraten wie Zucker und Fruktose-Glukose-Sirup in gesüßten Getränken. Ein Riegel, mit einem grünen A, der jedoch bei nur 100 Gramm bereits 70 Prozent der maximalen empfohlenen täglichen Zuckermenge erreicht, wird das Übergewicht der Deutschen nicht reduzieren helfen.

Fazit: Gut gemeint, aber Thema verfehlt. Setzen, sechs.

 

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Joachim

Joachim Haid

Joachim Haid ist Gründer des Gesundheitsprogramms PaleoMental®, zudem Gesundheitscoach und Heilpraktiker in Ausbildung.

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Kritik am Nutri-Score – Wheaty
Vor 4 Jahren

[…] Durch Food-Design wird der Nutri-Score ganz einfach von diesen Konzernen manipuliert. Eine weitere Absurdität: Künstliche Aromen, Farb- und Konservierungsstoffe, Geschmacksverstärker, Emulgatoren und Stabilisatoren, Füllstoffe, die den Fett- oder Zuckeranteil in einem Produkt senken sollen – das alles spielt für die Bewertung beim Nutri-Score überhaupt keine Rolle. Unsere Produkte etwa sind lactosefrei, eifrei, vegan statt vegetarisch, frei von Füllstoffen, frei von künstlichen Aromen – all das wird vom Nutri-Score nicht belohnt. […]

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Vor 3 Jahren

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