- Von Karen Schmidt
- 12.03.2024 um 12:02
Die Wissenschaftler des ZEW Mannheim schlagen eine Reform der gesetzlichen Krankenversicherung vor. Genauer gesagt wollen sie den sogenannten Risikostrukturausgleich ändern, der die Beiträge der Versicherten zwischen den einzelnen Krankenkassen aufteilt.
„Im aktuellen Ausgleichssystem zwischen den Krankenkassen führen Maßnahmen, die die Gesundheit der Versicherten nachhaltig verbessern, potenziell zu weniger Zuweisungen in den Folgejahren. Langfristige Investitionen lohnen sich für die Krankenkassen also oft nicht“, schildert ZEW-Präsident Achim Wambach das Problem.
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Das ZEW schlage daher einen „Nachhaltigen Risikostrukturausgleich“ vor. Über ihn sollen die Zuweisungen für einen Zeitraum von zehn Jahren berechnet werden. Anders als im bisherigen System wären dadurch nicht nur kurzfristige Einsparungen, sondern auch langfristige Investitionen in Prävention und innovative Versorgungsformen wirtschaftlich rentabel, glauben die Wissenschaftler. „So wird ein wirtschaftlicher Anreiz gesetzt, in die Gesundheit der Versicherten zu investieren“, sagt Wambach.
Denn Maßnahmen für eine bessere Patientenversorgung erhöhten meist erstmal die Ausgaben kurzfristig, bevor sie sie langfristig senken könnten. Durch den vorgeschlagenen längeren Zeithorizont in den Zuweisungen lohne es sich finanziell, wenn die Versicherten nachhaltig gesund seien. „Wenn weniger Kosten anfallen als über den RSA zugeteilt wurden, kann die Krankenkasse einen finanziellen Vorteil verbuchen“, so das ZEW.
„Mit dieser Reform sollen die Krankenversicherungen nicht nur primär die Zahlungen für die Behandlungen übernehmen, sondern aktiver bei der Versorgungsgestaltung mitwirken.“, sagt Simon Reif, Leiter der ZEW-Forschungsgruppe „Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik“. „Durch langfristige Anreize im Risikostrukturausgleich kann das Gesundheitssystem nachhaltiger gestaltet werden, wenn die Krankenversicherungen gleichzeitig mehr Möglichkeiten erhalten die Qualität der Versorgung zu verbessern.“
Deutschland habe mit knapp 12 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) die zweithöchsten relativen Ausgaben für Gesundheitsleistungen unter allen OECD-Ländern. Trotz dieser Ausgaben belege Deutschland allerdings nur den 21. Platz in Bezug auf die Lebenserwartung in diesen Ländern. Dies liege zu großen Teilen an einer hohen Sterblichkeit durch chronische Erkrankungen, heißt es weiter.
„Die hohe Zahl von chronisch Kranken in Deutschland ist auch auf eine zu kurzfristige Ausrichtung des Systems zurückzuführen“, kritisiert Sabrina Schubert, Co-Autorin und Wissenschaftlerin, das aktuelle System. Bei der Behandlung von Patientinnen und Patienten spiele Prävention oft nur eine untergeordnete Rolle spielt. „Ein nachhaltiger Risikostrukturausgleich würde dafür sorgen, dass Gesundheitsvorsorge einen größeren Stellenwert erhält“, sagt sie.
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