Über die App Vivy zum Beispiel können Kunden ihre Röntgenbilder einsehen, einen Medikamentenplan erstellen und ihre Notfalldaten immer zur Hand haben. © Screenshots Vivy-App
  • Von Karen Schmidt
  • 18.11.2019 um 13:20
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lesedauer Lesedauer: ca. 04:55 Min

Die Digitalisierung verändert die Krankenversicherung. Apps können helfen, Krankheiten zu lindern, digitale Gesundheitsakten erinnern an Vorsorgetermine und dank Big Data werden Produkte stärker auf einzelne Kunden zuschneidbar. Ein Blick in die Zukunft der PKV.

Ein Angebot im Bereich Behandlung hat etwa die Gothaer im August lanciert. Vollversicherte Kunden, die an schwerem allergischen Asthma leiden, können nun an einer zwölfmonatigen Patientenschulung teilnehmen. Dort besprechen sie mit einem Gesundheitsexperten ihren Gesundheitszustand, kontrollieren ihre Atemmesswerte und lernen, im Alltag sicherer mit der Erkrankung umzugehen. Zusätzlich erhalten sie ein Atemmessgerät, mit dem sie den Entzündungsgrad ihrer Atemwege selbst zu Hause bestimmen können. Durch die regelmäßigen Messungen kann der Arzt die Behandlung individuell anpassen.

Auch die Inter bietet im Rahmen ihres Gesundheitsmanagements unter anderem eine App an, die der Behandlung einer bestimmten Krankheit dienen soll: dem Tinnitus. Das Angebot der App Tinnitracks (siehe Kasten) umfasst eine sogenannte Neuro-Therapie. Patienten behandeln dabei ihren Tinnitus mit auf sie maßgeschneiderter Musik. Die App filtert, analysiert und optimiert die Musik für die Tinnitus-Frequenz des Patienten. Das soll die Hörzellen wieder ins Gleichgewicht bringen.

Die Beispiele zeigen, dass die privaten Krankenversicherer sich immer weiter in den Bereich des E-Health vorwagen. Unternehmensberater Mücke sieht dabei aber auch eine Gefahr. „Die Angebotsvielfalt ist derzeit bei einigen Krankenversicherern bereits sehr hoch, jedoch sind die Nutzerzahlen noch sehr gering.“ Drei Gründe sehen die Berater dafür vor allem: Die digitalen Dienstleistungen sind nicht ausreichend auf die Bedürfnisse der Versicherten abgestimmt. Die Mehrwerte der Angebote sind für die Patienten oft nicht klar ersichtlich. Und: „Die Dienstleistungen sind so konzipiert, dass sie aufgrund fehlender User Experience durch zahlreiche Medienbrüche wie ein doppeltes Log-in-Verfahren zu keiner hohen Nutzungshäufigkeit und damit geringer Verbleib-Dauer führen“, erklärt Mücke.

Immer kleinere Kollektive

Assekurata-Analyst Reichl hakt noch an einer anderen Stelle ein: Die über Apps gesammelten Daten und damit möglichen individuelleren Produkte könnten zu einer Zunahme der Tarifmerkmale führen. „Und damit ginge die Bildung immer kleinerer Versichertenkollektive einher, die dem Prinzip des Risikoausgleichs im Kollektiv entgegenstünden“, so der Experte. Im Rahmen von Big Data sollte daher nicht die Prämiendifferenzierung, sondern die Positionierung als Kundenbegleiter im Vordergrund stehen. Reichl: „Eine Belohnung für gesundheitsbewusstes Verhalten steht dem Kollektivgedanken nicht im Wege.“

Und wie sieht es mit dem Datenschutz aus? Wird das ein ewiger Bremsklotz für die Nutzerzahlen sein? „Gute Angebote, die leicht und bequem zu erwerben sind und einen echten Nutzen versprechen, werden bedenkenlos auch heute schon genutzt“, sagt Zukunftsforscher Berger. „Der Wandel im Denken der Verbraucher hat schon begonnen, und Menschen entscheiden sich für Anbieter, die einen echten Nutzen bringen.“

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Karen Schmidt

Karen Schmidt ist seit Gründung von Pfefferminzia im Jahr 2013 Chefredakteurin des Mediums.

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