Übergewicht kann viele Ursachen haben. © Panthermedia
  • Von Joachim Haid
  • 25.09.2019 um 15:04
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Kürzlich veranstaltete die Deutsche Adipositas Gesellschaft ihre Jahrestagung in Kiel. Dort forderten die Verantwortlichen, dass Ärzte die Betroffenen besser unterstützen und beraten sollten. Und die Politik solle sich in Sachen Lebensmittelampel Nutri-Score endlich festlegen. Wird das etwas bringen? Ein Kommentar dazu von Joachim Haid, Geschäftsführer Softfin und Initiator des Gesundheitsprogramms PaleoMental.

Ärzte sollen behandeln, nicht beraten? Gehört das nicht beides zusammen? Adipositas ist eine hormonelle Störung/Erkrankung, welche unterschiedliche Ursachen haben kann:

  • Fehlernährung
  • Psychologische Gründe

In beiden Fällen wird der aktuell geplante Nutri-Score nichts helfen. Es geht doch nicht nur um den Zucker. Es geht auch nicht um Fett allgemein und schon gleich gar nicht um Salz. Im Bereich der Ernährung geht es darum, was wie im Körper mit welchen Folgen verstoffwechselt wird.

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Ist Zucker wirklich so schlecht für uns?

Zucker ist nicht gleich Zucker und auch nicht nur Haushaltszucker oder die gut 60 anderen Bezeichnungen dafür. Relevant sind grundsätzlich alle Kohlenhydrate, die den Blutzuckerspiegel schnell ansteigen lassen. Das löst langfristig die Hormonstörung aus, die zu Adipositas und/oder Diabetes Typ II führt.

Fruktose ist hier noch viel bedeutender als „Zucker“. Glukose-Fruktose-Sirup noch viel mehr. Fruktose mit der vollen Frucht aufgenommen, ist jedoch etwas ganz anderes als Fruktose als Zusatz in industriell gefertigten Produkten oder im Saft (Nein, der Orangensaft ist eben nicht gesund).

Wer sich unbewusst aus psychischen Gründen fehlernährt, dem wird der Nutri-Score auch nichts helfen. Im schlimmsten Fall werden vielleicht nur zusätzliche Schuldgefühle erzeugt. Das müssen Psychologen einschätzen.

Was kann nun aber wirklich helfen?

  • Aufklärung der Zusammenhänge, damit die Menschen aus eigener Motivation heraus das Verhalten ändern.
  • Unterstützung im Bereich des Darm-Checks und eventuell dessen Regeneration (Darm-Hirn-Connection und deren Auswirkung auf die Pysche). Beim Gesundheitstag der Pfefferminzia habe ich vorgetragen, wie wir durch eine Fehlbesiedlung des Darms regelrecht ferngesteuert sein können. Erfolg beginnt im Darm. Das gilt auch für eine Ernährungsumstellung, aber nicht nur.
  • Check der Nährstoffversorgung und bei größerem Defizit (den sehr viele in verschiedenen Bereichen haben) individuelles Auffüllen.
  • Bei primär psychischen Gründen (zum Beispiel Traumata) ist eine psychologische Betreuung notwendig. Diese kombiniert mit der oben genannten Darmbehandlung, da das dortige Mikrobiom einen gewaltigen Einfluss auf unsere Psyche hat. Negativ, wie aber auch positiv. Selbst bei primär psychischen Gründen, unterstützt ein Darm in Balance die Gesprächstherapie positiv.

Und wo kommen da jetzt ein Nutri-Score oder eine Lebensmittelampel ins Spiel? Wo industriell gefertigte Lebensmittel? Wo rein auf Ertrag und Resistenzen hochgezüchtete landwirtschaftliche Erzeugnisse? Wo Medikamente?

Nirgends! Genau das ist die Herausforderung in unserer Politik.

Wenn…

… ein Ministerium gleichzeitig für Ernährung steht, aber auch für Landwirtschaft (Ministerin: Julia Klöckner, Studienschwerpunkt unter anderem Agrarpolitik),

… das Verbraucherschutzministerium sich gleichzeitig um Justiz kümmern muss (Ministerin: Christine Lambrecht, studierte Juristin und Rechtsanwältin),

… das Bundesministerium für Gesundheit von einem Minister geführt wird (Jens Spahn), der Bankkaufmann ist und Politikwissenschaft studiert hat,

dann…

…wird es schwierig, selbst über die notwendigen Erkenntnisse zu verfügen und notwendige Maßnahmen zu ergreifen.

Ja, ich bin gelernter Versicherungskaufmann und habe weder Medizin noch Sport studiert, noch bin ich Oecotrophologe. Ich bin „nur“ Fitnesstrainer A-Lizenz und zertifizierter Mikronährstoff-Coach. Dennoch habe ich mich in diese Themen so intensiv, nicht nur in der Theorie, weitergebildet, dass ich zumindest nicht vollständig auf „Sachverständige“ angewiesen bin und deren Aussagen kritisch betrachten und fachliche Rückfragen stellen kann.

Auf jeden Fall kann ich jedoch einschätzen, ob jemand wirklich Sachverstand hat – und verlasse mich dabei nicht rein auf seinen Studienabschluss und Titel – oder ob er Lobbyvertreter ist. Dafür muss man jedoch selbst in der Materie stecken. Das kostet viel Zeit, die ein Minister meist nicht hat und deshalb auf „Sachverständige“ angewiesen ist. Werden hier jedoch zum Teil veraltete und/oder fehlinterpretierte Studien herangezogen, löst das leider keine Probleme.

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Joachim Haid

Joachim Haid ist Gründer des Gesundheitsprogramms PaleoMental®, zudem Gesundheitscoach und Heilpraktiker in Ausbildung.

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