- Von Juliana Demski
- 17.02.2020 um 13:51
In einer Stellungnahme wiedersprach der PKV-Verband so gut wie allen Ergebnissen der Studie:
So sei die von der Bertelsmann Stiftung errechnete jährliche Ersparnis von 145 Euro pro Kopf vor allem ein Problem für die ärztliche Versorgung. „Die 145-Euro-Illusion von Bertelsmann beruht darauf, dass der PKV-Mehrumsatz für die Ärzte ersatzlos wegfiele. Damit fehlten jeder Arztpraxis im Schnitt über 54.000 Euro pro Jahr – wodurch sich die Wartezeiten und die Versorgungsqualität für alle Patienten drastisch verschlechtern würden“, schreibt der Verband in einer Stellungnahme zur Studie.
Auch die 48-Euro-Ersparnis durch den Ausgleich anfallender Honorarverluste der Ärzte sei falsch: „Wenn nur der Teilbetrag des PKV-Mehrumsatzes ausgeglichen würde, der auf die ambulante Medizin entfällt (6,4 Milliarden Euro pro Jahr), schrumpft die vermeintliche Ersparnis schon auf 48 Euro im Jahr (0,2 GKV-Beitragspunkte)“, kommentiert der PKV-Verband. In Wirklichkeit sei der Mehrumsatz der PKV mehr als doppelt so hoch und liege bei 13,2 Milliarden Euro pro Jahr. Diese kämen bereits dem gesamten Gesundheitswesen zugute.
Und weiter: „Der PKV-Mehrumsatz in der ambulanten ärztlichen Versorgung betrug im Jahr 2017 (neueste verfügbare Daten) 6,43 Milliarden Euro. Das entspricht für jede der 118.356 ambulanten Arztpraxen in Deutschland 54.319 Euro pro Jahr. Im Jahr 2016 (diese Zahl verwendet die Bertelsmann-Studie, Seite 27) betrug der Mehrumsatz 6,29 Milliarden Euro, das entsprach 52.572 Euro im Jahr je ambulanter Praxis.“
Auch die von der Studie untersuchte Ärztedichte in Regionen mit vielen Privatversicherten werde „von Bertelsmann und insbesondere von dessen Berlin-Repräsentant Stefan Etgeton seit Jahren immer wieder verbreitet“. Dieser aber habe seine These in der Studie nicht wissenschaftlich belegen können.
Nicht nachvollziehen könne der Verband zudem den von der Bertelsmann suggerierten besseren Gesundheitsstand von PKV-Kunden. „Die Datenbasis besteht aus unsicheren Befragungsdaten“, schreibt der Verband dazu. „Die auf dieser Basis aufgezeigten Unterschiede sind minimal und vielfach nicht signifikant.“ Tatsächlich sei der Anteil der Menschen mit Erkrankungen wie Krebs, Bluthochdruck und Demenz in der PKV sogar höher als in der GKV.
Allgemein sei das Szenario, von dem die Studienautoren ausgingen, „vollständig unrealistisch und klar verfassungswidrig“, wie der Verband schreibt.
Das Grundgesetz schütze sowohl das Recht der Versicherten auf Vertragsfreiheit als auch die Grundrechte der Versicherungsunternehmen (Berufsfreiheit). Dieser verfassungsrechtliche Bestandsschutz werde in der Regel auch von Befürwortern einer „Bürgerversicherung“ ausdrücklich anerkannt.
Ebenso sei es kritisch, dass Bertelsmann in der Studie nicht auf die Folgen des demografischen Wandels eingegangen sei. Die „nachhaltige und generationengerechte Demografie-Vorsorge der PKV mit ihrem Aufbau kapitalgedeckter Alterungsrückstellungen in einer Höhe von inzwischen mehr als 270 Milliarden Euro“ hätten die Autoren gar nicht betrachtet. Ebenfalls fänden die Alterungsrückstellungen der PKV keine Erwähnung, „obwohl sie eine wichtige zusätzliche Säule zur Finanzierung des Gesundheitswesens sein werden, wenn die Umlagefinanzierung der GKV infolge der Demografie absehbar in Probleme geraten wird.“ Die Qualität der zukünftigen medizinischen Versorgung bleibe in der Studie vielmehr gänzlich außen vor.
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