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Zahnarzt und Mitarbeiterin behandeln die Zähne eines Patienten: Die Aufwendungen der gesetzlichen Krankenkassen für zahnärztliche Behandlungen ohne Zahnersatz stiegen im ersten Halbjahr 2024 laut aktuellen Schätzungen um 3,7 Prozent beziehungsweise 255 Millionen Euro. © picture alliance / photothek | Ute Grabowsky
  • Von Barbara Bocks
  • 09.09.2024 um 14:57
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lesedauer Lesedauer: ca. 03:05 Min

Es war keine große Überraschung: Die 95 gesetzlichen Krankenkassen haben in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres ein Defizit in Höhe von 2,2 Milliarden Euro erwirtschaftet. Welche Ausgaben vor allem dafür verantwortlich waren und wie sich die Zusatzbeiträge entwickelt haben, erfahren Sie hier.

Die 95 gesetzlichen Krankenkassen (GKV) haben in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres ein Defizit in Höhe von 2,2 Milliarden Euro erwirtschaftet. Die Finanzreserven der Krankenkassen lagen zum Ende des ersten Halbjahres bei rund 6,2 Milliarden Euro. Dies entspricht 0,23 Monatsausgaben. Die gesetzliche Mindestreserve soll bei 0,2 Monatsausgaben liegen. Diese Zahlen hat das Bundesministerium für Gesundheit bekanntgegeben.

Insgesamt standen den Einnahmen der gesetzlichen Krankenkassen in Höhe von 159,1 Milliarden Euro Ausgaben in Höhe von 161,3 Milliarden Euro gegenüber. Und mehr Versicherte sorgten für um 7,3 Prozent höhere Ausgaben für Leistungen und Verwaltungskosten.

Der Milliardenverlust verteilt sich auf die folgenden Versicherungsgruppen:

  • Die Ersatzkassen erzielten ein Defizit von 859 Millionen Euro,
  • die Ortskrankenkassen von 721 Millionen Euro,
  • die Betriebskrankenkassen von 366 Millionen Euro,
  • die Innungskrankenkassen von 161 Millionen Euro
  • und die Knappschaft von 43 Millionen Euro

Die nicht am Risikostrukturausgleich teilnehmende Landwirtschaftliche Krankenkasse verbuchte ein Minus von 8 Millionen Euro.

Ein solches Defizit macht sich natürlich auch bei den Mitgliedsbeiträgen bemerkbar:
  • Der durchschnittlich von den Krankenkassen erhobene Zusatzbeitrag lag im August mit 1,78 Prozent um 0,08 Prozentpunkte über dem zuvor bekanntgegebenen Beitrag.
  • Zu Jahresbeginn lag der durchschnittlich erhobene Zusatzbeitrag bei 1,70 Prozent.
  • Bis August 2024 haben 22 Krankenkassen ihren Zusatzbeitragssatz unterjährig angehoben.

Der Gesundheitsfonds verfügte zum Stichtag 15. Januar 2024 über eine Liquiditätsreserve von rund 9,4 Milliarden Euro. Er schrumpfte im ersten Halbjahr 2024 um 6,3 Milliarden Euro.

Ein Teil des Defizits im ersten Halbjahr ist normal. Der Grund: Die Ausgaben des Gesundheitsfonds fließen als monatliche Überweisungen in konstanter Höhe an die Krankenkassen. Die Einnahmen schwanken unterjährig aber deutlich. Insbesondere im vierten Quartal können sie wegen Jahressonderzahlungen wie dem Weihnachtsgeld höher ausfallen.

Was das Defizit allerdings noch erhöht hat: Im Jahr 2024 haben die Krankenkassen insgesamt 3,1 Milliarden Euro aus der Liquiditätsreserve erhalten, um ihre Zusatzbeitragssätze zu stabilisieren.

Die Beitragseinnahmen ohne Zusatzbeiträge stiegen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 5,5 Prozent. Inflationsbedingt kräftig gestiegene Tariflöhne sorgten für höhere Einnahmen.

Die Ausgaben und Verwaltungskosten der gesetzlichen Krankenkassen haben sich erhöht

Die Leistungsausgaben und Verwaltungskosten der gesetzlichen Krankenkassen stiegen im ersten Halbjahr 2024 allerdings um 7,3 Prozent.

  • Die Leistungsausgaben stiegen um 7,6 Prozent auf 10,9 Millionen Euro. Sie erhöhten sich damit deutlich stärker als in den vergangenen Jahren.
  • Die Verwaltungskosten verminderten sich um 1,2 Prozent, also um 75 Millionen Euro. Einer der Gründe war, dass die Altersrückstellungen um rund 280 Millionen Euro im Vergleich im Vorjahresquartal zurückgegangen sind.
  • Die Verwaltungskosten ohne Altersrückstellungen stiegen im ersten Halbjahr um 3,5 Prozent.

Die Ausgaben für Krankenhausbehandlungen wuchsen in den ersten sechs Monaten um 7,9 Prozent beziehungsweise 3,6 Milliarden Euro. Sie sind damit der größte Treiber bei den hohen Ausgaben. Neben einer sehr dynamischen Preiskomponente und steigenden Fallzahlen stiegen insbesondere die Pflegepersonalkosten im ersten Halbjahr mit rund 10,9 Prozent beziehungsweise 1,05 Milliarden Euro erneut stark.

Auch in den folgenden Bereichen haben sich die Kosten der Krankenkassen erhöht:
  • Die Kosten für Arzneimittel stiegen im 1. Halbjahr um 10 Prozent beziehungsweise 2,5 Milliarden Euro und damit noch etwas stärker als im ersten Quartal.
  • Die Ausgaben für ambulant-ärztliche Behandlungen wuchsen im ersten Halbjahr um 5,3 Prozent beziehungsweise 1,3 Milliarden Euro.
  • Die Kosten für zahnärztliche Behandlungen (ohne Zahnersatz) erhöhten sich um 3,7 Prozent beziehungsweise 255 Millionen Euro und damit weniger stark als im ersten Quartal.
  • Stark stiegen auch die Ausgaben in der Behandlungspflege und der häuslichen Krankenpflege (+12,4 Prozent beziehungsweise +569 Millionen Euro) sowie bei Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen (+11,1 Prozent beziehungsweise +231 Millionen Euro).

Hinweis: Viele Angaben zu den Ausgaben einiger Leistungsbereiche wie Zahnarztbehandlungen sind aktuell noch geschätzt. Die Abrechnungsdaten liegen derzeit noch nicht komplett vor.

  • Der GKV-Schätzerkreis wird Mitte Oktober eine Prognose abgeben, wie sich die Versichertenanzahl, die Ausgaben und die Einnahmen der gesetzlichen Krankenversicherung für das laufende und das kommende Jahr entwickeln werden.
  • Das Bundesministerium für Gesundheit wird bis zum 1. November den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz für das Jahr 2025 bekannt geben. Dieser soll die Ausgaben abdecken und basiert auf den Ergebnissen des Schätzerkreises.

Die Finanzergebnisse für das erste bis dritte Quartal 2024 legt das Bundesministerium für Gesundheit Ende November vor.

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Barbara

Barbara Bocks

Barbara Bocks ist seit 2011 als Journalistin im Wirtschafts- und Finanzbereich unterwegs. Seit Juli 2024 ist sie als Redakteurin bei der Pfefferminzia Medien GmbH angestellt.

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