- Von Joachim Haid
- 20.06.2019 um 15:06
Reparaturmedizin statt Prävention
Im eingangs erwähnten Paragrafen 1 SGB V ist auch zu lesen: „Die Krankenkassen haben den Versicherten dabei durch Aufklärung, Beratung und Leistungen zu helfen und auf gesunde Lebensverhältnisse hinzuwirken.“ Vieles wird hier bereits geleistet, jedoch ist noch reichlich Potenzial vorhanden! Heilbehandler in Deutschland werden weiterhin primär für eine Reparaturmedizin bezahlt. Für Präventionsmaßnahmen wie einer individuellen Ernährungsberatung, Trainingsplänen und -begleitung fehlt heute nicht nur die Zeit, die Behandler werden dafür in der Regel auch nicht, oder zumindest nicht ausreichend hoch vergütet. Vielen fehlt auch schlichtweg die Ausbildung und Kompetenz hierzu.
Thema Ernährung findet zu wenig Beachtung
Auch wenn die Deutsche Gesellschaft für Ernährung in den vergangenen Jahren ihre Ernährungsempfehlungen zumindest etwas an den aktuellen Wissensstand angepasst hat, sind ihre Richtlinien noch immer veraltet. Außerdem können individuelle Situationen nicht berücksichtigt werden. Wer etwa Medikamente nimmt oder bestimmten Umwelteinflüssen ausgesetzt ist, hat einen höheren Bedarf an Nährstoffen. Ernährungsempfehlungen, die rein auf die Vermeidung von Mangelkrankheiten ausgerichtet sind, reichen nicht aus. Zwischen „gerade so ausreichend“ und „optimal versorgt“ gibt es einen riesigen Unterschied. Auch das Medizinstudium müsste dringend verändert werden. Selbst viele Ärzte, die über den Tellerrand hinausschauen, sagen heute, dass in den vielen Jahren des Studiums Ernährung und Prävention so gut wie nicht vorkommen. Der Fokus liegt auf der Pharmakologie und der Behandlung von Krankheiten. Nicht auf deren Vermeidung.
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Weitere Beitragssteigerungen sind wahrscheinlich
Auch die Politik ist gefordert, sinnvolle Maßnahmen zu ergreifen, so dass der Bevölkerung mehr gesundheitsförderliche Nahrung zur Verfügung steht. Wird das Ruder hier nicht bald deutlich herumgerissen, werden unsere Sozialsysteme die immer weiter steigenden Kosten nicht mehr ohne zusätzliche Beitragssteigerungen, Steuersubventionen und Leistungsreduktionen stemmen können. Dies alles muss von der Gemeinschaft bezahlt werden. Unabhängig davon, ob der Einzelne sich gesundheitsbewusst verhält und damit Kosten reduziert oder gesundheitsförderliche Maßnahmen komplett ignoriert und damit häufig Krankheitskosten verursacht, die vermeidbar wären. Droht hier also in Zukunft ein Aufstand der Gesundheitsbewussten?
Das Solidarsystem ist keine Einbahnstraße
„Die Versicherten sind für ihre Gesundheit mitverantwortlich; sie sollen durch eine gesundheitsbewußte Lebensführung… dazu beitragen, den Eintritt von Krankheit und Behinderung zu vermeiden, oder ihre Folgen zu überwinden.“
Wie man dieser Aussage des Paragrafen 1 SGB V entnehmen kann, hat jeder dazu beizutragen, das Solidarsystem zu entlasten und Kosten zu vermeiden. Hierbei dürfen die Menschen nicht vorverurteilt werden und ihnen die alleinige Schuld zugesprochen werden. Viel wichtiger ist es, sie dabei zu unterstützen, sich gesundheitsbewusst zu verhalten. Die Aufklärung muss, unabhängig wirtschaftlicher Interessen von Lebensmittelkonzernen und Pharmaunternehmen, deutlich ausgeweitet werden. Das beginnt schon im Kindergarten, der Schule und muss auch innerhalb der Familien und bei Belegschaften erfolgen. Jeder ist gefragt, die Kostenentwicklung zu bremsen. Das Solidarsystem ist per gesetzlicher Definition keine Einbahnstraße!
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