- Von Oliver Lepold
- 11.09.2019 um 15:58
Kernthema auf dem 19. PKV Forum+ waren der aktuelle Stand und die Folgen der Digitalisierung in der Versicherungswirtschaft, insbesondere im Bereich der Krankenversicherung. Ein schönes Beispiel für das Optimierungspotenzial in der Branche lieferte Sascha Friesike, Professor für Design digitaler Innovationen an der Universität der Künste in Berlin. Er wollte nach Rückkehr aus dem Ausland eine Krankenversicherung online abschließen und hinterließ einen Hinweis in einem Kommentarfeld der Website des Versicherers.
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„Ich verstand nicht, warum das online nicht möglich war, ich wurde zurückgerufen und die Versicherung bestand darauf, jemanden für ein Beratungsgespräch vorbeizuschicken“, so Friesike. Der vielbeschäftigte Professor musste einen ganzen Nachmittag für einen Termin freiräumen, bei dem der Berater seine Angaben per Hand in eine Maske eintippte und „mir merkwürdige Zettel aushändigte, die ich verstehen und unterschreiben sollte.“ Eine Woche später erhielt Friesike seine Versicherungskarte mit falschem Namen, was weitere analoge Kontakte mit dem Versicherer nach sich zog. Eine enttäuschende Customer Journey, so Friesike, es habe jede Menge Reibungspunkte gegeben – ein klares Zeichen für Innovationspotenzial.
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Elektronische Patientenakte ab 2021
Das große Potenzial der Digitalisierung zog sich als roter Faden durch die Veranstaltung. Der Radiologe Professor Jörg F. Debatin, Leiter des health innovation hub (hih) des Bundesministeriums der Gesundheit, hielt einen Impulsvortrag zur Zukunft der digitalen Medizin. Dabei erläuterte er auch den grundlegenden Paradigmenwechsel, dass Daten künftig nicht mehr dort gespeichert werden, wo sie entstehen, sondern eine patientenbezogene zentrale Datenspeicherung angestrebt wird – die digitale Patientenakte.
Martin Tschirsich, unabhängiger IT-Sicherheitsberater, wies daraufhin, dass der Patient mitspielen muss und diese Daten auch bereitstellen wollen muss. „Er muss vertrauen können, um seinen digitalen Zwilling zu befüllen, das macht er nur, wenn seine Ängste wahrgenommen werden.“ Nach aktuellen Befragungen ist für 70 Prozent der Bevölkerung Datenschutz und Datensouveränität die Hauptbefürchtung. Neben der Vertraulichkeit über den Datenschutz gehören auch die Authentizität, die Verfügbarkeit und die Gewährleistung der Integrität der Daten zu den wichtigsten Kriterien und Risiken.
Betroffene Patienten reagieren nach bisherigen Erkenntnissen unterschiedlich auf die von der Bundesregierung geplante Einführung der elektronischen Patientenakte. „Das Horrorszenario, das Patienten befürchten, ihre Daten zu verlieren, ist gar nicht so stark ausgeprägt, wie man vermeintlich immer meint“, analysierte Thomas Lemke, Vorstandsvorsitzender der Sana Kliniken. Die Prozesseffizienz habe sich zudem deutlich verbessert. Lemke plädierte dafür, nach vielen Modellprojekten endlich einen gemeinsamen Datenstandard für die elektronische Patientenakte festzulegen, denn 1.600 Kliniken könnten nicht für jede Insellösung unterschiedliche Anforderungen erfüllen.
Fakt ist: Ab 1. Januar 2021 müssen die gesetzlichen Krankenversicherungen eine elektronische Patientenakte für die Versicherten bereitstellen. „Wir müssen Standards vereinbaren, die methodisch nach heutigem Wissen und Können relevant sind, dazu gehört ein Patientendatensatz für die Notfallversorgung, der Diagnosen, verschriebene Medikamente und vorhandene Allergien und andere Besonderheiten umfasst,“ so Debatin.
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