- Von Juliana Demski
- 15.06.2021 um 19:01
Beitragssteigerungen sorgen für Verunsicherung
Die Kehrseite der Medaille seien jedoch die damit einhergehenden Beitragssteigerungen in der Voll- und Pflegeversicherung, „die bei Kunden und Vermittlern für Verunsicherung sorgen und unternehmensseitig das Neugeschäft beziehungsweise das Bestandswachstum negativ tangieren“, schreiben die Analysten weiter.„Besonders deutlich wird dies aktuell in der Pflegezusatzversicherung, die im Geschäftsjahr 2020 netto nach Verträgen aller Voraussicht nach stagnierte. Ursächlich hierfür ist ein Neugeschäftsrückgang von rund 30 Prozent und ein Storno-Anstieg von 70 Prozent; jeweils gemessen in Monatssollbeiträgen.“
Dazu Reichl: „Diese Entwicklung ist – neben der Absenkung des Rechnungszinses – ganz wesentlich auch auf die Verteuerung der Beiträge durch das zweite Pflegestärkungsstärkungsgesetz, PSG II, zurückzuführen.“ So sei die Zahl der Leistungsempfänger in der sozialen und privaten Pflegepflichtversicherung von 2016 bis 2019 um knapp 45 Prozent von 2,94 Millionen auf 4,25 Millionen Euro gestiegen. Gleichzeitig hätten auch die Leistungsausgaben rund 41 Prozent von 29,95 Milliarden auf 42,27 Milliarden Euro zugenommen. Aus diesem Grund würden, so die Assekurata-Experten, die Unternehmen die Beiträge in der privaten Pflegepflichtversicherung für Beamte zum 1. Juli 2021 auch erneut anheben.
„Bereits zu Beginn des Jahres hatten die Gesellschaften die Beträge in der Vollversicherung marktweit so stark angepasst wie seit 2010 nicht mehr“, erklärt Gerhard Reichl. „Im Durchschnitt der von uns gerateten Krankenversicherer erhöhten sich die Bestandsbeiträge im Beihilfesegment um 5,7 Prozent und im Nicht-Beihilfebereich um 7,7 Prozent.“
„Nachhaltige Ruhe an der Beitragsfront ist vorerst nicht in Sicht“
Assekurata-Chef Reiner Will ergänzt: „Nachhaltige Ruhe an der Beitragsfront ist vorerst nicht in Sicht, schon allein aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase, die auch in den kommenden Jahren durch weitere Rechnungszinsabsenkungen für Beitragsanpassungen sorgen dürfte.“ Hinzu kämen die steigenden Pflegekosten und die für die nächste Legislaturperiode zu erwartende Reform der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). „Diese dürfte ähnlich wie die Novellierung der Gebührenordnung für Zahnärzte im Jahr 2012 mehr oder weniger starke Beitragserhöhungen für die Vollversicherten nach sich ziehen“, so Will.
Aber auch auf Seiten der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zeichnen sich laut der Rating-Agentur „schon jetzt Beitragserhöhungen ab“. Inwieweit und für wie lange diese durch entsprechende Erhöhungen des Steuerzuschusses aufgefangen werden könnten, bleibe jedoch vorerst abzuwarten. Gleiches gelte für mögliche Reformen des Gesundheitssystems nach der Bundestagswahl.
Die sogenannte Systemfrage werde, so die Analysten weiter, derzeit, wenn überhaupt, nur am Rande diskutiert. „Dies liegt wohl unter anderem auch daran, dass sich das deutsche Gesundheitssystem in Zeiten der Pandemie durchaus bewährt und der Versichertenstatus – egal ob gesetzlich oder privat – bei der ärztlichen Behandlung keine Rolle gespielt hat“, merkt Will an.
Der Ausblick in die Zukunft
Vor diesem Hintergrund erwartet Assekurata für 2021 in der Vollversicherung keine wesentlichen Veränderungen beim Personenwachstum. „Aufgrund der durchgeführten Beitragsanpassungen gehen wir jedoch von einem erneuten Rekordbeitragszuwachs von erstmals über 2 Milliarden Euro aus“, so Reichl. Auch ertragsseitig dürfte laut Assekurata 2021 deshalb ein positives Jahr für die Branche werden. „Wir rechnen mit einem weiteren Anstieg des versicherungsgeschäftlichen Ergebnisses und damit auch des Rohüberschusses, sofern die Kapitalanlageseite nicht erneut einbricht wie im Vorjahr“, prognostiziert Reichl.
Weiteres Wachstumspotenzial sieht der Krankenversicherungsexperte indes in den Budgettarifen der betrieblichen Krankenversicherung, die sich zunehmender Beliebtheit erfreuen. „Die Pflegezusatzversicherung dürfte sich dagegen angesichts der empfindlichen Beitragsanpassungen erneut schwer tun, einen nennenswerten Bestandszuwachs zu erzielen“, so Reichl.
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