Gernot Kiefer ist stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbands. © picture alliance / Soeren Stache/dpa | Soeren Stache
  • Von Juliana Demski
  • 06.01.2021 um 12:02
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 01:40 Min

Noch in diesem Jahr könnte die Pflegeversicherung ein Finanzdefizit von 2,5 Milliarden Euro einfahren – so heißt es in der Prognose des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Der finanzielle Spielraum durch die vergangene Beitragserhöhung sei bereits jetzt aufgebraucht. Für Verbandsvorstand Gernot Kiefer ist die Lage ernst.

Einer aktuellen Prognose des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Spitzenverband) zufolge, die der Nachrichtenagentur AFP vorliegt, könnte die gesetzliche Pflegeversicherung noch im laufenden Jahr ein Minus von 2,5 Milliarden Euro verbuchen. Der durch die Beitragserhöhung vor zwei Jahren entstandene Puffer habe laut Informationen des „Handelsblatts“ nur kurz geholfen – und sei nun schon wieder aufgebraucht.

Insgesamt geht der GKV-Spitzenverband in seiner Prognose davon aus, dass bei den Pflegekassen 2021 Einnahmen von 50,3 Milliarden Euro Ausgaben von 52,8 Milliarden Euro gegenüberstehen werden. Das zu erwartende Defizit müssten die Kassen daher aus dem Pflegeausgleichsfonds nehmen – um dann auf die gesetzliche Mindestreserve von 1,5 Monatsausgaben zu kommen, so der Verband weiter.

Zum Vergleich: Für 2020 rechnet der GKV-Spitzenverband sogar noch mit einem kleinen Überschuss von 300 Millionen Euro. Insgesamt nahm die Pflegeversicherung im vergangenen Jahr 50,7 Milliarden Euro ein und gab 50,4 Milliarden Euro aus. Der einmalige Corona-Bundeszuschuss ist hier bereits mit eingerechnet. In Anbetracht der Prognose für 2021 würde sich die Lage im Vergleich zum Vorjahr nun also deutlich verschlechtern.

In den Augen von Gernot Kiefer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbands, ist die Lage kritisch. Im Interview mit dem „Handelsblatt“ sagt er: „Wir brauchen einen nennenswerten und dauerhaften Steuerzuschuss für die Pflegeversicherung. Wenn die 40-Prozent-Grenze bei den Sozialabgaben die politische Maßgabe ist, werden wir daran nicht vorbeikommen.“ Außerdem müssten auch die Bundesländer „endlich ausreichend in die Pflege-Infrastruktur investieren“, so Kiefer weiter.

Eigenanteile sollten stabil bleiben

Auch dürften die Eigenanteile von Pflegebedürftigen nicht weiter steigen. „Eine kurzfristige und spürbare Entlastung gäbe es aber schon, wenn die Länder ihren Verpflichtungen bei den Investitionen nachkämen“, ergänzte der Verbands-Vorstand. „Das wird bislang bei den Heimbewohnern abgeladen, die sich im Bundesdurchschnitt mit monatlich 450 Euro an Umbaumaßnahmen, Modernisierungsarbeiten und Instandhaltung beteiligen müssen.“ Hier könne und sollte jedes Bundesland „rasch eigenständig handeln“, fordert Kiefer.

Insgesamt müsse ein Steuerzuschuss von mindestens 3 Milliarden Euro her. Es gehe unter anderem darum, „dass die Pflegeversicherung die Rentenbeiträge für pflegende Angehörige übernimmt“, erklärt Kiefer im Interview. Und damit nicht genug: „Weitere 6 Milliarden Euro jährlich wären nötig, wenn man die Reformvorschläge von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn umsetzen würde. Davon allein 3 Milliarden Euro zur Deckelung der Eigenanteile.“

Kiefers Appell für die Zukunft:

„Sofern sich die Konjunktur bis zur Jahresmitte erholt und keine unvorhergesehenen Ausgaben entstehen, werden wir 2021 ganz knapp an einer Beitragserhöhung vorbeischrammen. Doch spätestens Anfang 2022 reicht der aktuelle Beitragssatz nicht mehr aus.“

autorAutorin
Juliana

Juliana Demski

Juliana Demski gehörte dem Pfeffi-Team seit 2016 an. Sie war Redakteurin und Social-Media-Managerin bei Pfefferminzia. Das Unternehmen hat sie im Januar 2024 verlassen.

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

Pfefferminzia Logo rgb
Suche
Close this search box.
Zuletzt hinzugefügt
Wie die Zukunft der bAV aussieht
Handelsblatt Jahrestagung bAV 2024

Wie die Zukunft der bAV aussieht

Vermittler müssen und wollen sich weiterbilden
AfW-Vermittlerbarometer: Nachhaltigkeit

Vermittler müssen und wollen sich weiterbilden

Skip to content