- Von Karen Schmidt
- 02.10.2019 um 13:34
Bisher scheitert die Nutzung von E-Gesundheitsakten & Co. oft noch an der Angst der Verbraucher um die eigenen Daten. Werden wir auch hier einen Wandel sehen?
Das ist eine sehr einseitige Darstellung und die Realität ist etwas anders. Fragen Sie Menschen auf der Straße zum Thema Datensammlung, erleben Sie natürlich all die Reflexe, die wir uns mit Dystopien wie Orwells 1984 und ähnlichen Narrativen aus durchaus gutem Grund selbst einimpfen. Und doch liest kein Mensch die AGBs. Nicht nur einer Online-Versicherung, sondern auch der, die in einem physischen Straßengeschäft tätig ist. Ähnlich ist es im Gesundheitsmarkt. Gute Angebote, die leicht und bequem zu erwerben sind und einen echten Nutzen versprechen, werden bedenkenlos auch heute schon genutzt – sei es der Schrittzähler und Pulsmesser auf dem Handy oder die Smartwatch oder die Schnarch-App, die mich nachts ununterbrochen überwacht. Ich weiß nicht, wo diese Daten landen. Es ist mir auch egal. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass ein Mensch wie Mark Zuckerberg mir beim Schnarchen zuhört. Und sollte er es doch tun, dann würde ich es als eine weitere Marotte eines Silicon-Valley-Milliardärs abtun.
Der Wandel hat also schon begonnen, und Menschen entscheiden sich für Anbieter, die einen echten Nutzen bringen. Die Gesundheitskarte, an der seit 14 Jahren Verbandspräsidenten und Politik erfolglos basteln, scheitert ja nicht an irgendeiner Angst der Verbraucher, sondern den gegenseitigen Blockadehaltungen der involvierten Akteure, die immer noch in „meins“ und „deins“ denken. Wenn sie denn je das Licht der Welt erblickt, wird kein Mensch mehr Karten besitzen.
Gesundheitsunternehmen, die digitale Dienste anbieten wollen, sollten sich dringend mit der DSGVO auseinandersetzen, jetzt, wo sie die Unannehmlichkeiten mit den Double-Opt-ins auf ihrem Newsletter-Verteiler hoffentlich gelöst haben. Was diese Verordnung tatsächlich zu einem modernen Gesetzeswerk macht, ist dass sie bewusst „Privacy by Design“ vorsieht. Das ist eine kluge Abkehr des stumpfen unflexiblen Datenschutzdenkens, das noch aus dem letzten Jahrtausend stammt. Privacy by design ermöglicht es Unternehmen, in einen Austausch mit ihren Kunden, Behörden in einen Austausch mit Einwohnern, Kassen in einen Austausch mit ihren Mitgliedern zu treten und zu verhandeln, welches Level von Bequemlichkeit bei der Erbringung von Dienstleistungen im Austausch gegen die Verwertbarkeit persönlicher Daten geboten werden kann. Wer diese Klaviatur gut spielen wird, wird es seinen Mitgliedern ermöglichen, selbst zu entscheiden, wie viele Daten sie zu welchem Zweck hergeben wollen. Und jedem Mitglied bleibt es selbst überlassen, wie sehr oder wie wenig es seine Daten schützen oder teilen möchte. Solch ein Ansatz macht uns doch erst zu mündigen Bürgern.
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