- Von Redaktion
- 05.12.2016 um 16:07
Ein Großteil der rund neun Millionen Menschen in Deutschland, die privat krankenversichert sind, erwartet im kommenden Jahr eine kräftige Beitragserhöhung. Denn offensichtlich schafft es keiner der 37 privaten Krankenversicherer hierzulande mehr, den Höchstrechnungszins von 3,5 Prozent zu erwirtschaften. Die Folge: Die Beiträge müssen steigen, damit die Rücklagen für die steigenden Krankheitskosten im Alter reichen (wir berichteten).
Versicherte, die von einer Beitragserhöhung betroffen sind, sollten das Schreiben ihres Versicherers zunächst sorgsam prüfen. Eine Grundregel von PKV-Experten, wie etwa Gerd Güssler vom Analysehaus KVpro.de, besagt, dass Kunden nicht allein die prozentuale Beitragsanpassung (BAP) im Schreiben berücksichtigen sollten, sondern vor allem die Anpassung in Euro bewerten sollten. „Wenn man in Euro rechnet, relativiert sich vieles“, meint Güssler.
Versicherte, die die Anpassung trotzdem nicht hinnehmen wollen, haben grundsätzlich mehrere Möglichkeiten, um auf eine BAP zu reagieren.
Ein Wechsel des Versicherungsunternehmens gilt dabei als denkbar schlechteste. Denn die Versicherer nutzen die Beiträge, die sie im Laufe der Jahre von ihren Kunden erhalten, auch dafür, um für jeden einzelnen Versicherten Alterungsrückstellungen aufzubauen. Diese sollen sicherstellen, dass die Prämien im Alter nur geringfügig steigen, um somit bezahlbar so bleiben.
Entscheidet sich der Kunde nun für einen Wechsel der Gesellschaft, so darf er sein „Guthaben“ aber nicht einfach auf das neue Unternehmen übertragen. „Wirtschaftlich wäre ein Wechsel der Versicherung deshalb Unsinn“, meint Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur des Online-Portals Finanztip. In seiner Kolumne auf Spiegel Online zeigt Tenhagen verschiedene Wege auf, wenn der Wechsel des kompletten Unternehmens für den Versicherten „nicht sinnvoll möglich ist“.
„Fluchtmöglichkeit“ in die GKV oft nicht möglich
Als ersten Weg nennt er die Rückkehr in die gesetzliche Krankenkasse, was bis zum Alter von 55 Jahren möglich ist. Für viele sei das eine Alternative, so Tenhagen, älteren Versicherten habe der Gesetzgeber allerdings „diese Fluchtmöglichkeit versperrt“.
Die zweite Möglichkeit sei der Wechsel in einen günstigeren Tarif, der von der gleichen Gesellschaft angeboten wird. Dabei mahnt Tenhagen allerdings zur Vorsicht: „Wer jetzt denkt, das wäre so einfach wie der Wechsel des Stromtarifs, des Handyvertrages oder des Girokontos, der irrt.“ Denn viele Versicherer täten sich schwer, ihren Kunden preiswertere Alternativen für ähnliche Leistung im eigenen Konzern anzubieten.
Der Verbraucherschützer empfiehlt Verbrauchern, wie folgt vorzugehen: „Schreiben Sie an Ihren Versicherer und fragen Sie nach Angeboten für einen besseren Tarif. Verlangen Sie explizit auch Vorschläge für andere Tarife mit vergleichbaren Leistungen zum bisherigen Tarif und einer niedrigeren Prämie.“
Leistungsunterschiede sollte der Versicherer „konkret sichtbar“ machen
Zudem sollen sich Wechselwillige „eine konkrete Gegenüberstellung der Leistungsunterschiede zwischen dem vorgeschlagenen neuen Tarif und dem bisherigen Tarif“ erbeten und dem Versicherer eine Frist setzen. Für den Fall, dass der Tarif weniger Leistungen bietet, so Tenhagen, sollte man sich die Kürzungen genau ansehen. „Akzeptieren Sie keine Kürzungen von wichtigen Leistungen“, betont der Verbraucherschützer. „Wenn das Angebot unbefriedigend bleibt, lassen Sie einen guten unabhängigen Versicherungsberater das konkrete Angebot und die Angebotspalette des Versicherers prüfen.“
So könnten Versicherungsberater „oft mehr Geld herausholen als Sie im Alleingang“. Gerade bei älteren Versicherten seien oft über hundert Euro im Monat drin, schreibt der Versicherungsexperte. Doch nicht jeder Berater sei gut, auch hier gebe es schwarze Schafe.
Unter anderem seien auch rechtliche Mittel gegen eine Erhöhung möglich, heißt es weiter. So habe das Amtsgericht Potsdam im Oktober die Beitragserhöhung der Axa-Krankenversicherung für unwirksam erklärt, das Urteil sei aber noch nicht rechtskräftig, schreibt Tenhagen.
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