Bei zu viel Stress, einfach mal abschalten und auf sich konzentrieren. Darum geht es bei der Achtsamkeit. © picture alliance / Zoonar | Elnur Amikishiyev
  • Von Manila Klafack
  • 03.08.2021 um 11:20
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lesedauer Lesedauer: ca. 02:05 Min

Sich auf den Augenblick konzentrieren, nicht in der Vergangenheit leben und nicht immer planen – darum geht es bei der Achtsamkeit. Viele positive Effekte auf Körper, Geist und Seele sollen davon ausgehen. Darum schießen Achtsamkeitskurse und -bücher wie Pilze aus dem Boden. Doch was ist dran an dieser Art der Meditation?

Ablenkungen im Alltag, Angst vor der Zukunft, das Hängen an der Vergangenheit, Anpassungsprobleme an Veränderungen – viele Menschen kennen das. Psychische Erkrankungen, wie Angststörungen oder Depressionen, können die Folge sein. Laut einer Umfrage der Deutschen Depressionshilfe glauben jeweils 96 Prozent der Menschen, dass „Überforderung und Stress“ und „Belastungen am Arbeitsplatz“ relevant für das Entstehen von Depressionen sind.

Psychische Erkrankungen nehmen zu. Das belegen Auswertungen der Krankentage durch Krankenversicherer. Diese Krankheiten führen oft zur Berufsunfähigkeit, in der Häufigkeit kommen sie direkt hinter Muskel- und Skeletterkrankungen. Insbesondere, um zu reduzieren und psychische Probleme zu vermeiden, gewinnt die Achtsamkeit oder Achtsamkeitsmeditation, an Bedeutung.

Es geht darum, im Hier und Jetzt zu sein, ganz ohne Bewertung der Situation. Nicht in der Vergangenheit zu leben, sich nicht über die Zukunft zu sorgen, sondern diesen einen konkreten Moment wahrzunehmen. Um dahin zu kommen, ist das bewusste Atmen ein wichtiger Schritt.

Unter Stress atmen wir zu flach

Denn unter Stress neigen wir dazu, zu flach zu atmen. Wir nutzen das Lungenvolumen nicht aus. So gelangt weniger Sauerstoff ins Blut, das kann uns müde und unkonzentriert machen. Hinzu kommt, dass insbesondere beim langen Sitzen die Atemhilfsmuskulatur, das Zwerchfell, eingeklemmt wird. Ein weiterer Grund, weshalb die Atmung eingeschränkt sein kann.

Wer sich auf das gleichmäßige Ein- und Ausatmen konzentriert, beruhigt sich und bringt mehr Sauerstoff in seinen Körper. Der US-amerikanische Molekularbiologe und Professor Jon Kabat-Zinn gilt als derjenige, der die Praxis der Achtsamkeit in der westlichen Welt verbreitet hat, indem er die Wirkung auf Körper und Geist beobachtete.

Ende der siebziger Jahre hat er das sogenannte MBSR-Training entwickelt (Mindful-Based Stress Reduction). Es ist wissenschaftlich erforscht und soll bei den unterschiedlichsten Problemen helfen – ohne einen spirituellen Bezug zu haben. Kabat-Zinn selbst ist Anhänger des Zen-Buddhismus und darüber auf die Meditation gestoßen.

Die positive Wirkung ist gut erforscht

Achtsamkeit steigere die Aufmerksamkeitsregulation, verbessere gesundheitsförderndes Verhalten, nehme Gedanken, Grübeleien und Ängste wahr und sorge für einen bessere Umgang damit, berichtet der Verband der Achtsamkeitslehrenden. Das wiederum wirke präventiv unter anderem bei Depressionen. Es stärke das Immunsystem und helfe bei chronischen Beschwerden, schreibt der Verband weiter.

Unter dem Gedanken der Prävention können Achtsamkeits- oder Meditationskurse bei entsprechender Qualifikation der Lehrenden von der Krankenkasse teilweise erstattet werden. Es lohnt sich daher, vor Kursbeginn bei der Krankenkasse nachzufragen.

Doch es gibt auch Kritik

In den vergangenen Jahren ist aus dem Trend ein Hype geworden. Aufgrund der positiven Effekte des bewussteren Lebens auf Körper und Geist setzen auch Großkonzerne auf Kurse für ihre Mitarbeiter. Doch auch kritische Stimmen mehren sich. So argumentiert der „Tagesspiegel“ in einem Artikel, dass Ronald Purser in seinem Buch „McMindfulness“ „vor einem schnellen Konsum der Spiritualität ohne höheren Erkenntnisgewinn“ warnte.

Achtsamkeit solle uns von Stress und Leiden befreien, fördere diese aber laut Purser, indem sie die Ursachen für das Unwohlsein in unseren Köpfen verankere. „Demnach sind nicht die äußeren Bedingungen schuld an meinem Stress, sondern ich“, heißt es weiter. Unter dem Achtsamkeitstraining würden nicht die Ursachen infrage gestellt, vielmehr werde das „Ich“ zum Sündenbock und zur eigenen Rettung. Daher lautet das Fazit des „Tagesspiegel“: „Wenn Achtsamkeit mehr sein will als ein Verkaufsargument oder eine temporäre Problemlinderung, muss sie politischer werden.“

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Manila Klafack

Manila Klafack war bis März 2024 Redakteurin bei Pfefferminzia. Nach Studium und redaktioneller Ausbildung verantwortete sie zuvor in verschiedenen mittelständischen Unternehmen den Bereich der Öffentlichkeitsarbeit.

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