- Von Lorenz Klein
- 20.09.2023 um 17:44
Das Analysehaus Morgen & Morgen hat im Rahmen seines neuen „M&M Rating KV-Unternehmen“ die Bilanzen der privaten Krankenversicherer (PKV) einem ausführlichen Check unterzogen. Ziel war demnach, belastbare Aussagen über die wichtigsten Kennzahlen der Versicherer treffen zu können und daraus Erkenntnisse zur Zukunftsfähigkeit der Branche abzuleiten. Dazu wurde das Rating in drei Einheiten unterteilt: Erfolg, Bestand und Sicherheit.
Gerade das Thema Sicherheit beschäftigt viele Versicherungsnehmer, wo sie sich doch für einen langen Zeitraum an einen Versicherer binden. Sicherheit und Solvabilität seien daher eine sehr wichtige Komponente, wie Morgen & Morgen am Mittwoch auf Basis des Ratings mitteilte.
Acht private Krankenversicherer sind „ausgezeichnet“
Diese PKV-Leistungen sind aktuell (nicht) gefragt
Im Teilrating Sicherheit wurden daher neben den einzelnen Eigenmitteln nach HGB (Handelsgesetzbuch) auch die SCR-Bedeckungsquoten (Solvency Capital Requirement / Solvenzkapitalanforderung) nach Solvency II betrachtet. Und das Gesamtergebnis kann sich offenbar sehen lassen: „Die Analyse der Bilanzkennzahlen zeigt trotz rückläufiger Werte auf der Ertragsseite und dem Rückgang der Bewertungsreserven hin zu stillen Lasten eine positive Situation im Hinblick auf die Sicherheit der Unternehmen“, wissen die Analysten zu berichten.
Sowohl das Eigenkapital als auch die Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) seien im Vergleich zum Vorjahr im Schnitt leicht gestiegen. Die RfB erfülle eine „Pufferfunktion“, wie die Analysten erklären: So sammeln die Gesellschaften im RfB-Topf Überschüsse an, die dann zeitverzögert den Kunden zugute kommen. „Auch wenn die Zuführung zur RfB in diesem Jahr geringer ausfiel, konnte die RfB insgesamt im Marktschnitt leicht wachsen“, konstatieren die Marktbeobachter. Das zeige, dass die Entnahmen für Barauszahlungen und zur Abmilderung von Beitragsanpassungen geringer ausgefallen seien.
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„Ein Großteil der Gesellschaften ist sehr gut aufgestellt“
Zusätzlich weisen die privaten Krankenversicherer marktweit hohe Solvency II Bedeckungsquoten von über 300 Prozent auf, die im Vergleich zum Vorjahr im Marktschnitt noch gestiegen seien. Erleichterungen wie Volatilitätsanpassungen oder Übergangsmaßnahmen würden von den PKV-Unternehmen kaum in Anspruch genommen.
„Ein Großteil der Gesellschaften ist sehr gut aufgestellt. Es ist davon auszugehen, dass diese Gesellschaften in naher Zukunft nicht unter Beobachtung der Bafin stehen werden“, äußerte sich Iris Portugall, Spezialistin für Ratings und Aktuarin bei Morgen & Morgen, zuversichtlich.
Um den Erfolg eines Versicherungsunternehmens zu beurteilen, analysierten Portugall und ihr Team auch die Fähigkeit der Unternehmen, die zur Verfügung stehenden Mittel rentierlich anzulegen. „Eine angemessene Rendite ist notwendig, um einerseits die momentanen Rechnungszinsen zu erwirtschaften, andererseits spielen darüberhinausgehende Überschüsse eine wichtige Rolle für den privat Krankenversicherten, um eventuelle Beitragsanpassungen im Alter zu vermeiden oder abzumildern“, heißt es zur Erklärung.
Die von der Branche erwirtschaftete Nettoverzinsung liegt laut Morgen & Morgen im Schnitt bei 2,3 Prozent nach 2,9 Prozent im Vorjahr. Zugleich sinken auch seit mehreren Jahren die Rechnungszinsen in den Beständen der Versicherer. Gründe hierfür sind einerseits niedrigere Rechnungszinsen im Neugeschäft, andererseits auf Beitragserhöhungen in den Bestandstarifen zurückzuführen. Im Schnitt liegt der von Morgen & Morgen ermittelte durchschnittliche unternehmensindividuelle Rechnungszins bei 2,2 Prozent – vor 5 Jahren lag er noch bei rund 3 Prozent. „Durch diesen Rückgang reichen die Kapitalerträge in der Regel, um die Rechnungszinsen zu stemmen“, fassen die Analysten zusammen.
„In Zukunft wird sich auch die Inflation und die Energiekrise in den Zahlen bemerkbar machen“
Auf der Ertragsseite spielen neben den Kapitalmarktentwicklungen und den konstant gebliebenen Kosten auch die Schadenzahlungen eine Rolle. Nach dem abgeschwächten Einreichverhalten während der Coronapandemie sei nun eine „Rückkehr zur Normalität“ im Sinne von steigenden Leistungsausgaben zu verzeichnen, wie es heißt.
Hinzu kämen gestiegene Behandlungskosten im Gesundheitssystem durch medizinischen Fortschritt und durch die Bestandsalterung. „In Zukunft wird sich auch die Inflation und die Energiekrise in den Zahlen bemerkbar machen“, prognostizieren die Experten. Die versicherungsgeschäftliche Ergebnisquote sinke infolge der höheren Erstattungsleistungen, und zusammen mit den rückläufigen Kapitalerträgen führe das auch zu einer niedrigeren RfB-Zuführungsquote.
„Auch wenn der Kapitalmarkt herausfordernd ist und die Ertragsseite der Gesellschaften davon beeinflusst wird, ist ihre Situation im Zusammenspiel mit der Rechnungszinsanpassungen stabil“, resümiert Iris Portugall.
In der Kategorie Bestandsgrößen untersuchte Morgen & Morgen außerdem, wie sich der Bestand eines Krankenversicherungsunternehmens entwickelt. Denn grundsätzlich sei ein Bestandswachstum erstrebenswert und als positiv zu bewerten. Zu dieser quantitativen Komponente komme jedoch noch eine qualitative Komponente hinzu – quasi der „Preis“, den die Gesellschaft für das Wachstum „bezahlen“ müsse, so Portugall. Diese Gegenpositionen finden sich in der Kennzahl der (Abschluss-) Kosten – diese relativierten die Wachstumskomponente der Unternehmen.
In der Analyse von Morgen & Morgen zeigen sich die Bestände der Versicherer weiterhin stabil. Während die Vollversicherung im Schnitt einen leichten Rückgang der versicherten Personen zu verzeichnen hat, zeigt der Zusatzbereich weiterhin ein Wachstum – wenn auch geringer als im Vorjahr.
„Obwohl das Bestandswachstum im Schnitt zurückgegangen ist, sind einzelne Versicherer sehr wachstumsstark – auch in der Vollversicherung. Sie bieten nach wie vor attraktive Produkte“, lobt Portugall abschließend.
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