Sprachen mit Pfefferminzia über die Zukunft der Krankenversicherung (v. l.): Frank Girolstein, R+V Krankenversicherung, Kabil Azizi, Gothaer, und Pedro Chica Sanchez, Signal Iduna. © Freepik.com, Florian Sonntag
  • Von Karen Schmidt
  • 21.10.2021 um 14:00
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Prävention wird in der Krankenversicherung in Zukunft immer wichtiger werden. Entsprechende Service-Angebote gibt es bereits, nur wissen die Kunden davon oft nichts. Hier spielt der Makler eine wichtige Rolle, sagen Branchenexperten.

Auch bei der Digitalisierung im Gesundheitsmarkt ist noch deutlich Luft nach oben. Wie wird das den Markt verändern?

Girolstein: Ich glaube, es gibt keinen Bereich, in dem die Digitalisierung keine Auswirkungen haben wird. Jeder Versicherer arbeitet bereits daran, Prozesse zu vereinfachen und zu digitalisieren. Das kommt den Kunden zugute, weil sie viel schneller eine Reaktion von uns bekommen. Über die Vorteile der Telemedizin und digitalen Gesundheitsanwendungen haben wir ja bereits gesprochen. Im Zuge dessen wird auch die Infrastruktur etwa bei den Ärzten noch digitaler werden. Und durch vernetzte Gesundheitsdaten können beispielsweise bei Kunden für bestimmte Krankheiten viel besser Frühindikatoren identifiziert werden. Zudem denke ich, dass hier zunehmende Anreize gesetzt werden: Wenn der Kunde sich gesund ernährst, erhält er einen Bonus. Gesundes Verhalten wird mehr belohnt werden.

Azizi: Es ist ein Stück weit ein Blick in die Glaskugel, wie sich der Gesundheitsmarkt in Deutschland im Zuge des digitalen Wandels verändern wird. Ich habe mal einen Science-Fiction-Film geschaut, da konnte man anhand eines Tropfen Blutes eines Babys bereits ermitteln, wie hoch die Wahrscheinlichkeit dieses Neugeborenen ist, bestimmte Krankheiten zu bekommen. So abwegig ist dieser Gedanke gar nicht. Je mehr wir von der menschlichen DNA verstehen, desto stärker kann man den Menschen vor schlimmen Erkrankungen schützen. Das wird ein sehr wichtiger Faktor in diesem Markt werden.

Sanchez: Ihr Beispiel mit dem Blutstropfen – da bin ich mir absolut sicher, dass so was irgendwann kommen wird. Ich persönlich finde das nicht so gut, weil ich finde, dass das Leben auch ein bisschen „spannend“ bleiben sollte. Aber entsprechende Trends sieht man schon jetzt. Mit der Weiterentwicklung der 3-D-Druckertechnologie ist es auch nicht abwegig, dass wir irgendwann Organe komplett im 3-D-Drucker herstellen können. Die Entwicklungen sind da rasant. Und egal, was noch kommt – erfahrungsgemäß lassen sich neue Behandlungsmethoden viel schneller in neue PKV-Tarife einbauen als in der GKV umsetzen, da sie ja den Einschränkungen des 5. Sozialgesetzbuchs unterliegt. Deswegen ist man in der PKV deutlich besser aufgehoben.

Wird man als Krankenversicherer auch mal darauf bestehen, dass der Kunde einen DNA-Test macht, bevor man ihn versichert?

Sanchez: Dann haben wir wahrscheinlich keine Kunden mehr, weil man immer irgendetwas finden wird.

Girolstein: Das ist eine ganz interessante These, aber eben auch ein äußerst heikles und sensibles Thema. Es wird ja nicht umsonst sehr kontrovers diskutiert und lässt unter anderem auch Datenschützer aufhorchen. Aktuell kann ich mir diese Entwicklung daher nicht vorstellen.

Widmen wir uns zum Abschluss noch der betrieblichen Krankenversicherung. Wird der Boom in den kommenden Jahren weitergehen?

Azizi: Das Potenzial für die bKV ist nach wie vor enorm. Die Zahl der Unternehmen, die eine arbeitgeberfinanzierte betriebliche Krankenversicherung implementiert haben, ist von knapp 4.000 im Jahr 2015 auf 13.500 im Jahr 2020 gestiegen. Das ist eine Steigerungsrate von knapp 250 Prozent. Sind 13.500 Unternehmen schon viel? Das könnte man meinen. Wenn man diese Zahl aber in Relation zum gesamten Markt setzt, das sind alle Unternehmen in Deutschland mit zehn Mitarbeitern oder mehr, ist das noch wenig. Denn das sind knapp 443.000. Gerade einmal 3 Prozent des Marktes sind also erschlossen. Das ist eine Riesen-Chance für Vermittlerinnen und Vermittler, die sich mit diesem Thema beschäftigen.

Girolstein: Ich stimme Herrn Azizi zu, es handelt sich hierbei um einen Markt mit einer außerordentlichen Dynamik. Hier spielen auch noch weitere Effekte rein. Die gesetzlichen Krankenversicherungen werden ihre Leistungen in den kommenden Jahren womöglich weiter reduzieren müssen – ansonsten sind die Beitragssätze nicht mehr zu halten. Das ist die Folge des demografischen Wandels. Die ohnehin schon vorhandenen Versorgungslücken werden dann gegebenenfalls noch größer. Und das ist für den Arbeitgeber eine wunderbare Chance, sich zu profilieren und Mitarbeiter an sich zu binden. Er kümmert sich um seine Mitarbeiter und stellt sicher, dass sie fit und gesund bleiben – er investiert damit in die eigene Produktivität. Neben der bKV bietet die betriebliche Pflegeversicherung eine weitere hochinteressantes Chance. Mit CareFlex Chemie bieten wir als R+V im Konsortium gemeinsam mit der Barmenia die erste Branchenversorgung einer Pflegezusatzversicherung an. Hierüber werden rund 500.000 Mitarbeiter in der Chemiebranche abgesichert. Das ist auch ein ganz spannender Markt, der noch weniger erschlossen ist, als die betriebliche Krankenversicherung.

Sanchez: Wie wichtig eine gute Positionierung für Arbeitgeber ist, hat die Corona-Pandemie gerade verdeutlicht. In vielen Branchen – etwa in der Gastronomie und Hotellerie – gab es einen heftigen Mitarbeiterschwund. Gerade wenn Sie heute junge Menschen für Ihr Unternehmen gewinnen wollen, müssen Sie viel mehr bieten als ein gutes Gehalt. Da kann die bKV ein wertvoller Faktor sein. Unterstützend wirkt hier die Sachbezugsgrenze. Seit 2018 sind bKV-Beiträge bis zu einer Grenze von 44 Euro monatlich steuer- und sozialabgabenfrei. Dieser Beitrag wird 2022 auf 50 Euro steigen. Das wird der bKV auch noch mal einen ordentlichen Schub geben.

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Karen

Karen Schmidt

Karen Schmidt ist seit Gründung von Pfefferminzia im Jahr 2013 Chefredakteurin des Mediums.

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