Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD, Mitte) mit Reiner Haseloff (CDU, links), Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt und Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident von Brandenburg, vor der 1049. Plenarsitzung des Bundesrats: Kurze Zeit später billigte das Gremium die Krankenhausreform © picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow
  • Von Andreas Harms
  • 22.11.2024 um 13:28
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Nun ist es doch auch über diese Hürde gesprungen. Der Bundesrat hat dem Gesetz für die große Krankenhausreform zugestimmt. Der Vermittlungsausschuss blieb außen vor. Allerdings hat das Gremium noch einige Bedenken. Und auch die Krankenkassen sind noch immer nicht begeistert – aus unverändertem Grund.

Die Krankenhausreform, das große Projekt von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat den Bundesrat passiert. Wie das Gremium selbst mitteilt, hat es auf seiner Sitzung das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz, wie die Reform in Gänze heißt, gebilligt. Der Antrag aus Bayern, den Vermittlungsausschuss anzurufen, habe keine Mehrheit gefunden, heißt es weiter.

Über die Reform will Lauterbach Leistungen nach Kliniken aufteilen. Bestimmte komplizierte Behandlungen sollen spezialisierten Kliniken vorbehalten bleiben. Zudem sollen ambulante und stationäre Sektoren enger verzahnt werden.

Die Vergütung soll sich weniger nach Fallpauschalen richten, also nach der Zahl der behandelten Patienten. Stattdessen bekommen die Häuser Vorhaltevergütungen, wenn sie bestimmte Leistungen anbieten. Mehr Details zur Reform lesen Sie hier.

Der Bundesrat hat jedoch Kritikpunkte zur Krankenhausreform vorgebracht. So bemängelt er „die zu hohen Anforderungen des Gesetzes an den Facharztstandard“. Der Fachkräftemangel sei Realität und führe zur Abmeldung von Fachabteilungen im Krankenhaus, begründet er. Das dürfe die Reform nicht noch verschärfen. In einigen Bereichen sei jetzt schon klar, dass die Facharztzahlen nicht erreichbar sind, insbesondere in der Notfallversorgung und Kinderchirurgie.

Finanzielle Auswirkung „nur in Teilen“ bekannt

Der zweite Punkt ist, dass die Vorhaltevergütung in der aktuellen Form nach wie vor von der Leistungsmenge abhängt, also von den Fallzahlen. Die für flächendeckende Versorgung nötigen Standorte müssten so finanziert werden, dass sie wirtschaftlich arbeiten können. Wie sich die Umstellung auf die Krankenhauslandschaft wirklich auswirkt, wisse man aber „nur in Teilen“. Anders herum: Der Bundesrat bezweifelt, dass wirklich jede Klinik von den Vorhaltepauschalen existieren kann.

Und am Ende habe das Gesundheitsministerium die finanzielle Wirkung der Reform ab 2025 nicht ausreichend dargelegt, heißt es von der Länderkammer. Man müsse da noch einiges prüfen.

Der bei den Krankenkassen besonders umstrittene Teil ist jedoch die Frage, wer die Reform bezahlen soll. Wie auch der Bundesrat bestätigt, soll das ganze Projekt 50 Milliarden Euro kosten. Jeweils die Hälfte sollen Bund und Länder tragen. Nur will der Bund seinen Anteil den gesetzlich Krankenversicherten, also der GKV aufdrücken (Pfefferminzia berichtete).

Bei den Innungskrankenkassen bleibt man deshalb kritisch. So sagt Jürgen Hohnl, Geschäftsführer des Branchenverbands IKK e.V.: „Es hat sich nichts daran geändert, dass die Krankenhausstrukturreform nach wie vor weniger eine dringend notwendige Struktur- als vielmehr eine Finanzierungsreform darstellt. Dazu kommt noch der Transformationsfonds zum Umbau der Krankenhauslandschaft, der zur Hälfte durch die Beitragszahlenden, also Versicherte und Arbeitgeber, finanziert werden soll. Das ist verfassungsrechtlich bedenklich.“

Finanzierung nochmal überdenken

Die Regierung solle die Finanzierung der Krankenhausreform und des Transformationsfonds noch einmal überdenken, fordert Hohnl. „Die Kosten der Umstrukturierung der Krankenhauslandschaft fallen als Investitionskosten in die Finanzierungsverantwortung der Länder. Wenn der Bund in die Finanzierung einsteigt, hat dies über Steuermittel zu erfolgen und darf keinesfalls zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung beziehungsweise den Beitragszahlenden gehen.“

Insgesamt wird es wohl noch Reibereien geben. So kann sich Hohnl vorstellen: „Das Kräftemessen ist an dieser Stelle auch noch nicht beendet. Es steht zu befürchten, dass die Länder sich über die noch zu erlassenden Rechtsverordnungen im Rahmen der Krankenhausstrukturreform weitere Zusicherungen hinsichtlich einer Abschwächung von Struktur- und Qualitätsanforderungen ausbedingen werden. Auch dieses Problem wird der neuen Bundesregierung vor die Füße fallen.“

Die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, sieht erst einmal das Gute: nämlich, dass das Gesetz nicht vor dem Vermittlungsausschuss gelandet ist. Trotz aller Mängel sieht sie es als „solide Basis“, um die Behandlungsqualität zu verbessern und die Kliniken finanziell abzusichern.

„Prekäre Finanzlage der gesetzlichen Krankenkassen“

Doch auch Reimann sieht im Rahmen der Krankenhausreform noch einige Arbeit kommen. „Statt der geplanten fallbezogenen Ermittlung und Finanzierung der Vorhaltebudgets fordern wir weiterhin eine fallunabhängige, bevölkerungsbezogene und bedarfsorientierte Finanzierung der Vorhaltekosten über einen Fonds“, sagt sie. Das sei weniger bürokratisch als der aktuelle Plan und würde die Solvenz der Krankenhäuser garantieren. Damit schließt sie sich den Bedenken des Bundesrats an.

Doch das größte Problem sieht auch sie darin, dass die GKV die Hälfte bezahlen soll. „Angesichts der prekären Finanzlage der gesetzlichen Krankenkassen sind die geplanten zusätzlichen Belastungen für die Beitragszahlenden ab dem Jahr 2026 auch sozialpolitisch unverantwortlich“, schimpft Reimann.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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