- Von Redaktion
- 25.11.2015 um 23:09
Die niedrigen Zinsen sind eine Herausforderung für die gesamte Branche. Die Lebensversicherer legen ihr Geld zu 80 Prozent in festverzinslichen Wertpapieren an. Leider ist diese Anlageform durch die Niedrigzinspolitik der EZB deutlich unattraktiver geworden. Der durchschnittliche Garantiezins bei uns im Bestand liegt bei rund 3,3 Prozent. Diese Rendite ist derzeit bei Neuanlagen mit sicheren festverzinslichen Wertpapieren nicht erzielbar. Wir haben vor Beginn der Krisenjahre unser Engagement in Aktien reduziert und in langfristige Rentenpapiere investiert, für die es damals 4 Prozent und mehr gab. Das war eine richtige Entscheidung, davon profitieren wir heute noch. Aber natürlich enden diese Anlagen auch irgendwann, und wir müssen dieses Geld neu anlegen. Das ist und bleibt eine Herausforderung.
Kommen Aktien denn jetzt wieder infrage, um Rendite zu erzielen?
Sie verzichten natürlich auf Chancen, wenn Sie Aktien in der Kapitalanlage nur geringfügig berücksichtigen. Aber in Aktien können sie als Versicherung nach wie vor nur bedingt investieren, weil sie in Bezug auf Solvency II ein enormes Risikokapital vorhalten müssen. Je geringer ihr Risikokapital ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie bei Schwankungen die Aktien veräußern müssen. Dann ist das Risikokapital weg und die Chancen auch. Unser Ziel sind konstante Erträge mit geringen Wertschwankungen. Deshalb haben wir unsere Kapitalanlagen weiter diversifiziert und alternative Anlagen, wie erneuerbare Energien und Infrastrukturinvestitionen, dem Portfolio beigemischt.
Wie hoch sind die Belastungen der Zinszusatzreserve bei Ihnen?
Enorm, wie bei allen in der Branche auch. Die Zinszusatzreserve hat man eingeführt, um die Differenz zwischen dem Garantiezins in den Beständen und der Verzinsung von Staatsanleihen in Europa auszugleichen. Das erste Mal, als dieser Zinsdurchschnitt unter die 4-Prozent-Marke fiel – das war im Jahr 2011 – ging es noch recht verhalten los mit Rückstellungen von 1,5 Milliarden Euro für die Branche. Weil dieser Durchschnittszins aber immer weiter absinkt, müssen Sie immer größere Teile Ihres Bestands absichern. Derzeit liegen wir bei 2,88 Prozent, also müssen Sie nun bereits alle 3-Prozenter im Bestand absichern. Diese Dynamik hat man damals bei der Einführung der Zinszusatzreserve nicht berücksichtigt. Es gibt Berechnungen, dass die Lebensversicherer bis 2020 rund 100 Milliarden Euro an Zinszusatzreserve aufbauen müssen. Das Eigenkapital aller Gesellschaften zusammen liegt bei 13 Milliarden Euro. Da sieht man die Dimension des Ganzen. Die Herausforderung ist auch hier die Kapitalanlage.
Warum?
Nehmen Sie unsere festverzinslichen Papiere, die wir vor Jahren beispielsweise für 4,5 Prozent gezeichnet haben. Die müssen jetzt verkauft werden, um den Ertrag zur Finanzierung der Zinszusatzreserve aufzubringen. Die Kapitalanlagen, die veräußert wurden, müssen Sie wieder neu anlegen – zu deutlich niedrigeren Konditionen, die es jetzt am Markt gibt. Die Zinszusatzreserve führt damit zwangsläufig zu sinkenden Durchschnittsrenditen.
Die Aufsichtsbehörde Bafin überlegt aber inzwischen, wie man das Problem entschärfen kann.
Ja, es gibt zaghafte erste Schritte. Sie dürfen jetzt Storno- und Kapitalwahlwahrscheinlichkeiten realitätsnäher berücksichtigen. Das hat aber nur eine marginale Wirkung. Kurzfristig sind leider keine weiteren Änderungen bei der Berechnungsmethode zu erwarten. Somit müssen die Versicherer weiter Bewertungsreserven realisieren, um die Belastungen der Zinszusatzreserve auszugleichen.
Sehen Sie sich denn alles in allem gut aufgestellt, um diesen enormen Herausforderungen durch Niedrigzins, Zinszusatzreserve und Solvency II zu begegnen?
Was Solvency II angeht, haben wir schon jetzt alle geforderten Bedeckungsquoten erfüllt. Hier kommt uns unsere überdurchschnittliche Eigenkapitalausstattung zugute. Wir sind aufgrund unserer langfristigen Anlagen derzeit noch in einer guten Situation. Aber je länger diese Niedrigzinsphase dauert, umso schwieriger ist die Neu- und Wiederanlage. Von dieser Entwicklung können wir uns nicht abkoppeln. Hier sind die Europäische Zentralbank und die Politik gefordert. Auf Kapitalanlagen muss es mittel- bis langfristig wieder auskömmliche Renditen geben. Das ist auch für jeden Altersvorsorgesparer wichtig.
Werner Gremmelmaier (im Foto mit Pfefferminzia-Chefredakteurin Karen Schmidt, Foto: Dirk Messberger), geboren am 12. Januar 1959 in Karlsruhe, ist bereits seit 1986 in der Assekuranz tätig, davon viele Jahre als Führungskraft im Vertrieb. Im Jahr 2006 übernahm der gelernte Marketingkaufmann bei der Universa als Vorstand die Leitung des Vertriebs. Seitdem hat er die Universa zu einer service- und vertriebsorientierten Marke im Maklermarkt etabliert und als spartenübergreifenden Personenversicherungsspezialisten positioniert.
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