- Von Lorenz Klein
- 20.07.2023 um 17:13
Es sollte eigentlich das Vorzeigeprodukt der Hanse-Merkur sein: Die neue Krebs-Scan-Police. Es handelt es sich dabei um eine Zusatzversicherung, in deren Zentrum ein Krebsfrüherkennungs-Programm steht. Doch nun steht das Produkt im Feuer der Kritik.
Wie der „Bayerische Rundfunk“ (BR) berichtet, zweifeln Wissenschaftler an der Qualität einer Studie, auf deren Ergebnisse sich die Hanse-Merkur beruft. Die Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) spiele im Versicherungspaket der Hanse-Merkur eine zentrale Rolle, doch die Arbeit lasse grundlegende wissenschaftliche Standards vermissen. Das meint allen voran die Medizinprofessorin Jutta Hübner von der Universität Jena. Hübner, die sich auch für die Deutsche Krebsgesellschaft engagiert, sprach gegenüber dem BR gar von „Scharlatanerie“. Es werde ein Produkt vermarktet, „ohne einen Nachweis einer Wirksamkeit, eines positiven Ergebnisses“.
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Knapp zusammengefasst hat Krebs-Scan das Ziel, mit der Kombination aus dem Bluttest PanTum Detect und modernsten bildgebenden Verfahren wie MRT und PET/CT eine Vielzahl an Krebsarten besonders frühzeitig zu entdecken – auch solche, für die es bislang keine etablierten Früherkennungsprogramme gibt.
Wie der BR weiter berichtet, stuft die Hanse-Merkur die kritisierte UKE-Studie als „unabhängig“ ein. Finanziert wurde sie allerdings vom Hersteller des Krebs-Bluttests PanTum Detect – dem Biotechnologieunternehmen Zyagnum aus Darmstadt, was dieses gegenüber dem BR auch bestätigt haben soll. Über die genaue Höhe der Fremdfinanzierung machten demnach aber weder das Unternehmen noch das Uniklinikum Hamburg-Eppendorf Angaben.
Ohnehin will das UKE zunächst keine weiteren Auskünfte zum Thema geben. Es sei eine interne Prüfung der Vorgänge um die Studie veranlasst worden, man nehme die Hinweise durch den BR „sehr ernst“, hieß es.
Kommt es zu einem Werbestopp?
Auch die Hanse-Merkur will die geäußerte Kritik „sehr ernst“ nehmen, man verfolge die aktuelle mediale Berichterstattung intensiv, teilte eine Sprecherin am Donnerstag auf Anfrage von Pfefferminzia mit. Wird es womöglich gar zu einem Werbe- und Vermarktungsstopp der Police kommen? Von der Sprecherin dazu nur so viel: Vor dem Hintergrund der Ereignisse „überprüfen wir unsere Mediaaktivitäten laufend und werden diese gegebenenfalls an einigen Stellen anpassen“.
Grundsätzlich steht der Hamburger Versicherer aber auch weiterhin zu seinem Produkt. So betonte die Sprecherin, dass der Bluttest PanTum Detect seit 2017 altersunabhängig zugelassen sei und entsprechend der Zulassung auch eingesetzt werde. Zudem verwies sie darauf, dass die UKE-Studie zu dem Ergebnis kam, „dass ein auffälliger Bluttest in acht von zehn Fällen einen korrekten Hinweis auf Krebs oder eine Krebsvorstufe liefert“. Diese Eindeutigkeit der Ergebnisse hätten den Versicherer darin bestärkt, den Kunden „ein nutzbringendes Versicherungsangebot machen zu können“. Zudem seien keinerlei Erkenntnisse an die Hanse-Merkur herangetragen worden, die diese Ergebnisse in Frage stellen würden, so die Sprecherin.
Um weitere Informationen zu erhalten zur „darüberhinausgehenden Gesamtstudienlage und zu weiteren wissenschaftlichen Hintergründen“, verwies die Hanse-Merkur an den Testhersteller Zyagnum. Dem Versicherer sei aber bewusst, „dass aus wissenschaftlicher Perspektive neben den bisher vorliegenden Studien sicher noch weitere Studien sowie fachlicher Diskurs erfolgen werden“.
Hanse-Merkur würde auf „anderslautende wissenschaftliche Erkenntnisse“ reagieren
Zugleich gibt sich die Hanse-Merkur wehrhaft und betont – frei übersetzt –, es doch nur gut gemeint zu haben. Denn für rund 55 Prozent der jährlichen Krebsneuerkrankungen habe es bislang keine Früherkennungsmethoden gegeben. Daher stehe Krebs-Scan jedem Menschen ab 18 Jahren offen. „Sollten hinsichtlich der Studienergebnisse nun anderslautende wissenschaftliche Erkenntnisse zu Tage treten, werden wir diese selbstverständlich prüfen und entsprechend darauf reagieren“, fügte die Sprecherin abschließend hinzu.
Hintergrund: An der UKE-Studie waren laut „Bayerischem Rundfunk“ Patientinnen und Patienten zwischen 50 und 70 Jahren beteiligt. „Die Ergebnisse der Studie über die Aussagekraft des Tests beziehen sich also auf eine Altersgruppe, in der Krebs wesentlich häufiger vorkommt als bei jungen Menschen“, so der BR – allerdings vermarkten Hanse-Merkur und Vertriebspartner Tchibo Krebs-Scan bereits ab 18 Jahren. „Ob es sich medizinisch begründen lässt, einen Test, zu dem eine Studie bei Menschen zwischen 50 und 70 Jahren erstellt wurde, ab 18 Jahren zu vermarkten, gibt die Uniklinik keine Antwort“, schreibt der BR. Das UKE verweise auch hier auf den internen Prüfprozess. Pfefferminzia bleibt dran.
1 Kommentare
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kommentierenjelope@web.de
Vor 8 MonatenIm Marketing von Hanse Merkur spielt die Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) eine wichtige Rolle. Wegen anhaltender Kritik empfiehlt die Universität Hamburg jetzt, die Studie zurückzuziehen. Von Juli 2023 bis Ende März 2024 konnte also die Hanse Merkur, wie bisher, die Studie für ihre Werbung nutzen? Kritik ernst zu nehmen, sieht für mich anders aus. Aber vielleicht liegt es an der Stadt Hamburg, dass man an Gedächtnislücken und Aufklärungsmangel leidet. Ich weiß es nicht.
Wie lange wird es wohl „gut gemeint“ weitergehen, auch wenn die Universität Hamburg die Empfehlung ausgesprochen hat? Elizabeth Holmes wurde für ihre Bluttests verklagt. Mehr Achtsamkeit wäre wohl seitdem angebracht gewesen.