- Von Andreas Harms
- 19.02.2025 um 14:12
Da zeigen sich sogar die Tester selbst ein bisschen überrascht: Zwei von drei Tarifen für eine private Krankenversicherung (PKV) kommen mit zu hohem Selbstbehalt daher oder mit auffallenden Lücken in der Leistung. Das schreibt die „Stiftung Warentest“ in ihrem aktuellen Test zur PKV. Demnach erreichen viele PKV-Tarife nicht einmal die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). So der Vorwurf.
„Defizite bestehen bei vielen Tarifen zum Beispiel bei der Palliativpflege, bei ambulanter Psychotherapie oder bei digitalen Anwendungen wie Ernährungs-Apps“, bemängelt „Stiftung Warentest“-Vorständin Julia Bönisch.
Den langjährigen, auf PKV spezialisierten Makler Sven Hennig bringen solche Vergleiche auf die Palme. „Das ist einer der schlimmsten Tests in der PKV, die Stiftung Warentest jemals abgeliefert hat. Und auch die bisherigen waren schon nicht gut“, sagt Hennig auf Anfrage und spricht von „klassischem PKV-Bashing“.

Finanztest und der PKV-Artikel
Die besten PKV-Tarife für Beamte, Selbstständige und Angestellte
Welche PKV-Zusatzversicherungen sinnvoll sind
Was hat also die „Stiftung Warentest“ getan? Die Tester besahen 1.245 Tarife und Tarifkombinationen für eine private Krankenvollversicherung von 35 Gesellschaften. Sie erstellten Modellkunden und ermittelten darüber die Prämien. 384 Tarife von 22 Anbietern erreichten die Noten „sehr gut“ oder „gut“ – sie bieten also den von der Stiftung verlangten „Rundum-Schutz“.
- 154 Tarife sind für Angestellte
- 77 Tarife sind für Beamte
- 153 Tarife sind für Selbstständige
Und wie soll der geforderte Rundum-Schutz aussehen?
- Die Leistungen sollen mindestens dem Niveau der GKV entsprechen
- In einigen Bereichen sollen sie das GKV-Niveau übertreffen, zum Beispiel soll immer mindestens ein Zweibettzimmer im Krankenhaus drin sein
- Zahnbehandlung soll der Tarif komplett bezahlen, Zahnersatz zu mindestens 75 Prozent. Ebenfalls enthalten sollen Kieferorthopädie für Kinder immer und bei Erwachsenen nach Unfall
- Stationäre Psychotherapie zahlt der Tarif unbegrenzt. Ambulante Psychotherapie zu 80 Prozent für mindestens 50 Sitzungen im Jahr
- Ab dem 43. Krankheitstag sollen 150 Euro Krankengeld fließen, auch für Selbstständige
- Der Selbstbehalt darf 660 Euro im Jahr nicht übersteigen
Diese zahlreichen geforderten einheitlichen Mindestleistungen treffen beim Verband der Privaten Krankenversicherung, also dem PKV-Lobbyverband, auf einiges Unverständnis. „Was die Stiftung Warentest als vermeintliche Schwäche ansieht, ist in Wahrheit eine große Stärke der PKV: die Möglichkeit nämlich, sich den Gesundheitsschutz nach persönlichen Bedürfnissen individuell zusammenzustellen – von der soliden Grundabsicherung bis zum Topschutz zum Beispiel mit Chefarztbehandlung und bis zu 100 Prozent Erstattung beim Zahnersatz oder Heilpraktiker“, kommentiert Verbandsdirektor Florian Reuther auf Anfrage.
Unterschiedliche Systeme mit unterschiedlichen Leistungsspektren
Auch laut Sven Hennig kann der Vergleich zwischen GKV und PKV gar nicht funktionieren. Es seien zwei völlig unterschiedliche Systeme mit unterschiedlichen Leistungsspektren. Manches aus der GKV, zum Beispiel manche budgetierten Medikamente oder vorgeschriebene Hersteller, gebe es in der PKV gar nicht. Und anders herum sei es ähnlich.
Die Sache mit dem Selbstbehalt findet Hennig zumindest unvollständig. „Die Selbstbeteiligung in der GKV beträgt 2 Prozent des Jahresbruttoeinkommens. Damit kommt die PKV-Klientel wegen ihrer hohen Einkommen auf 1.000 oder sogar 2.000 Euro Selbstbeteiligung“, rechnet er vor. Das sollte man der Vollständigkeit halber bei so einem Test hinzufügen.
Vieles in dem Test dreht sich um den Preis. Demnach beträgt die Spanne zwischen dem „sehr guten“ Angestellten-Tarif mit der höchsten (Barmenia) und der niedrigsten Prämie (Arag) 405 Euro im Monat. Deshalb folgert Testleiter Julian Chudoba von der „Stiftung Warentest“: „Mehr Beitrag bedeutet nicht immer, dass auch mehr Risiken abgedeckt sind.“
„Mehr Beitrag bedeutet, dass ich eine vernünftige Kalkulation kaufe“
„Das ist hanebüchener Unsinn. Man vergleicht hier Tarife mit völlig unterschiedlichen Leistungen und Kalkulationsansätzen“, schimpft Hennig. Der Arag-Tarif sei absolut unterkalkuliert, was allein schon der Vergleich mit den hauseigenen anderen Tarifen zeige. Und den vergleiche man mit einem vorsichtig kalkulierten Tarif. Hennig weiter: „Mehr Beitrag bedeutet, dass ich eine vernünftige Kalkulation kaufe. Und wenn ich billig kaufe, laufen mir später massiv die Beiträge weg, und ich kann nicht mehr ausgleichen.“
Aber die „Stiftung Warentest“ bleibt beim Preis, indem Chudoba rät: „Wer sich für die private Krankenversicherung entscheidet, sollte auch überlegen, ob es wirklich ein Top-Tarif sein muss. Die leistungsstärksten Tarife sind oft recht teuer, der Preisaufschlag spiegelt jedoch selten den Umfang der zusätzlich abgesicherten Gesundheitsrisiken wider.“
Es sind solche Sätze, die nahelegen, dass der Test dem Prinzip der privaten Krankenversicherung nicht gerecht wird. Da sind Dinge, die nicht zusammenpassen wollen. Einerseits empfehlen die Tester, auf die Prämien zu schauen und billige Tarife zu wählen. Andererseits warnen sie davor, dass PKV-Tarife im Alter zur Kostenfalle werden können.
Dabei fällt völlig unter den Tisch, dass die heutigen Prämien nicht nur die Leistungen abdecken, sondern schon Rückstellungen fürs Alter enthalten sind (die Alterungsrückstellungen). Auch Beitragsentlastungsbausteine sind wählbar und helfen im Alter, treiben aber heute erstmal die Prämie. Aber das ist nun mal eine langfristige Sache.


Carl Gitter
Vor 1 TagHallo Jean Margit. Ich kann Ihren Ärger gut verstehen. Wahrscheinlich hat Ihr damaliger Berater genau den gleichen Fehler begangen wie Stiftung Wahrentest in dem neuen aber auch in den alten Versicherungsvergleich zur PKV. Der Ansatz bestes Preis Leistungsverhältnis ist für die PKV komplett falsch, wenn man stabile Beiträge wünscht. Wer billig kauft kauft zweimal! Die Versicherung wechseln ist jedoch in der PKV nicht zu empfehlen, da immer ein Teil der Altersrückstellungen beim alten Versicherungskollektiv verbleibt. Zuwenig Altersrückstellung von Beginn an = höhere Beitragssteigerungen im Vertragsverlauf. Sehen Sie es doch mal wie bei der Baufinanzierung. Da hat der Kunde in der Regel auch nicht den Wunsch in jungen Jahren wenig zu bezahlen, damit er als Rentner eine möglichst hohe Belastung hat. Mehr dazu erfahren Sie unter dem folgenden Link:
https://www.versicherung-rechner.de/video/krankenversicherung/private-krankenversicherung-beitragsstabilitaet/
3 Kommentare
- anmelden
- registrieren
kommentierenJean.Magrit@gmail.com
Vor 1 TagSo leid es mir tut, ich finde den Test gut! Er gibt ein gutes Bild wieder, wie man bei der PKV versichert ist und was man alles berücksichtigen sollte. Der Kommentar dazu ist leider zumindest aus der Sicht eines Versicherten nicht nachvollziehbar.
Natürlich erwarte ich als PKV versicherter einen besseren, umfänglicheren Schutz als in der GKV. Und preiswerter soll er bitte auch sein, sonst macht es doch keinen Sinn, in der PKV versichert zu sein. Was ich über die Jahre feststelle, ist das eine immer größere Leistungseinschränkung erfolgt, wo es geht wird die Erstattung verweigert, Rechtsmittel gibt es kaum. Auch das Recht auf einen günstigeren Tarif ist schwer durchzusetzten. Kaum hat man es einmal geschafft kommt die nächste Beitragserhöhung. Insgesamt tut es mir leid, mich in der PKV versichert zu haben, aber es läßt sich leider nicht mehr ändern.
Und übrigens, wenn Sie den Test soo schlecht finden, dann machen Sie doch selbst einen. Mal sehen ob der dann besser ist, aus Sicht des Versicherten.
Carl Gitter
Vor 1 TagHallo Jean Margit. Ich kann Ihren Ärger gut verstehen. Wahrscheinlich hat Ihr damaliger Berater genau den gleichen Fehler begangen wie Stiftung Wahrentest in dem neuen aber auch in den alten Versicherungsvergleich zur PKV. Der Ansatz bestes Preis Leistungsverhältnis ist für die PKV komplett falsch, wenn man stabile Beiträge wünscht. Wer billig kauft kauft zweimal! Die Versicherung wechseln ist jedoch in der PKV nicht zu empfehlen, da immer ein Teil der Altersrückstellungen beim alten Versicherungskollektiv verbleibt. Zuwenig Altersrückstellung von Beginn an = höhere Beitragssteigerungen im Vertragsverlauf. Sehen Sie es doch mal wie bei der Baufinanzierung. Da hat der Kunde in der Regel auch nicht den Wunsch in jungen Jahren wenig zu bezahlen, damit er als Rentner eine möglichst hohe Belastung hat. Mehr dazu erfahren Sie unter dem folgenden Link:
https://www.versicherung-rechner.de/video/krankenversicherung/private-krankenversicherung-beitragsstabilitaet/
weitere kommentare
1 2