- Von Redaktion
- 29.04.2016 um 11:30
Pfefferminzia: Warum genügt es heutzutage nicht, wenn der Kunde die Gesundheitsfragen einfach nach bestem Wissen und Gewissen ausfüllt?
Stephan Kaiser: Weil viele Kunden damit überfordert sind. Vor der Novellierung des Versicherungsvertragsgesetzes hatte der Versicherungsnehmer die Pflicht, von sich aus alle gefahrerheblichen Umstände anzuzeigen. Seit 2008 ist nur noch von Bedeutung, wonach der Versicherer explizit fragt. Daher sind die Fragen viel komplexer geworden. Bei rundherum gesunden Kunden meist kein Problem, aber wer ständig beim Arzt ist, kann sich sicher nicht an alles erinnern. Gesetzlich Versicherte haben zudem keine Ahnung über die ärztlichen Diagnosen in ihren Akten, weil sie die Unterlagen und Korrespondenz mit der Krankenkasse, anders als ein privat Versicherter, nicht zu sehen bekommen.
Handelt der Berater fahrlässig, wenn er dem Kunden bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen nicht beisteht?
Man sollte den Kunden damit nicht allein lassen, aber der Vermittler muss wissen, dass er dann auch in der Haftung ist. Jahrzehntelang wurden Gesundheitsfragen im Vertrieb schlampig behandelt. Sie sollten dem Verkauf nicht im Wege stehen. Die Rechtsprechung hat klar gemacht, dass sich das ändern muss, aber es passieren immer noch viele Fehler, die man auf Unwissen schieben muss. Ein guter Vermittler hat grundlegende medizinische Kenntnisse und weiß, wie er die Unterlagen von Ärzten und Krankenkassen seiner Kunden filtert und was er an den Versicherer schicken muss.
Im BU-Fall lehnen Versicherer die vereinbarte Leistung ab, wenn falsche Angaben zum Gesundheitszustand gemacht wurden. Wie häufig kommt das vor?
Die Zahl der Verletzungen der vorvertraglichen Anzeigepflicht ist schwierig zu überblicken, weil es dazu keine verifizierbaren Statistiken gibt. Es gibt pro Jahr vielleicht 50.000 Leistungsfälle in Deutschland. Vieles wird völlig geräuschlos und zur Zufriedenheit der Kunden reguliert. Die Zahlungsmoral ist aber sehr unterschiedlich je nach Versicherer. Ich würde grob schätzen, dass 60 Prozent der Beantragungen bezahlt werden. Das Image der Branche ist deshalb so schlecht, weil einige – zugegebenermaßen krasse Fälle – die öffentliche Meinung und die Medien prägen.
Welche Fehler machen Versicherte am häufigsten?
Sie geben entweder zu viel oder zu wenig an. In der Regel wird ein bestimmter Zeitraum abgefragt, zum Beispiel fünf Jahre. Schickt der Makler nun einfach alle Unterlagen seines Kunden an den Versicherer, wertet der auch Dinge aus, die nicht gefragt wurden und länger zurückliegen. Daraus können sich Ausschlüsse oder Ablehnungen ableiten lassen und dann hat der Makler ein Problem. Häufig wird auch zu wenig angegeben, weil Kunde und Makler die verwendeten Fragen falsch interpretieren.
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