Fearless Girl Statue vor der New York Stock Exchange (NYSE): In den USA verhagelt die hohe Inflation die Stimmung der Börsianer – sie befürchten ein weiteres Drehen der US-Zentralbank an der Zinsschraube. © picture alliance / Daniel Kalker | Daniel Kalker
  • Von Lorenz Klein
  • 20.01.2022 um 17:08
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Der Kreditversicherer Atradius erwartet hierzulande eine deutliche Zunahme von Firmenpleiten, sollte sich der Trend zu höheren Leitzinsen verstetigen. Dies würde die Kosten für Unternehmenskredite „in die Höhe schnellen“ lassen, teilte das Unternehmen mit.

Der Kreditversicherer Atradius erwartet zusätzliche Firmenpleiten „in nahezu allen Branchen“, sofern die Leitzinsen auf breiter Front steigen, um so die weltweite Inflation zu bekämpfen. „Die von mehreren Zentralbanken für dieses Jahr angekündigten höheren Leitzinsen können auch in Deutschland zu zusätzlichen Firmenpleiten führen“, teilte Atradius am Donnerstag auf Basis einer internen Analyse mit.

Sofern die USA und Großbritannien die Leitzinsen „in größeren Schritten“ anheben – bei Atradius spricht man von einem Prozent oder mehr –, drohten zahlreichen Unternehmen Zahlungsschwierigkeiten, wie Konzernmanager Thomas Langen erklärte. Dies könnte auch Folgen für den deutschen Markt haben, denn die hohe Inflation könnte auch die EZB unter Druck setzen, ihre bisherige Strategie zu ändern und den Leitzins anzuheben, so Langen.

Durch eine Zinserhöhung würden allerdings nicht nur viele südeuropäische Volkswirtschaften aufgrund ihrer hohen Staatsverschuldung einer höheren Zinsbelastung ausgesetzt sein, sondern auch viele Unternehmen vor Probleme stellen.

Was Unternehmenskredite verteuern könnte

„Steigende Leitzinsen lassen auch die Kosten für Unternehmenskredite in die Höhe schnellen“, warnt Langen. Firmen drohe dann ein Szenario, in dem sie ihren Verbindlichkeiten nicht mehr nachkommen könnten. „Dann werden sich die Firmeninsolvenzen in diesem Jahr noch einmal stärker erhöhen als kürzlich angenommen“, gibt der Experte zu bedenken. Bei Atradius geht man davon aus, dass die US-Notenbank Fed und die Bank von England die Zinsen in den kommenden Monaten zunächst in kleinen Schritten steigerten und die Auswirkungen „in der ersten Jahreshälfte noch moderat bleiben“.

Doch auch die deutsche Wirtschaft würde die Auswirkungen der Notenbankentscheidungen zu spüren bekommen, hieß es weiter. So hätten sich die Schulden in der Corona-Krise in nahezu allen Branchen erhöht. Zugleich stiegen die Belastungen durch höhere Lohnkosten sowie höhere Material- und Energiepreise. Atradius wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass 2022 für rund zehn Millionen Arbeitnehmer Tarifverhandlungen anstünden.  

„Bei den Automobilzulieferern dürfte die Neuverschuldung insgesamt etwas über dem Durchschnitt liegen“, so Langen weiter. Viele Automobilfirmen seien zuletzt nicht nur den Belastungen der Corona-Pandemie und steigenden Materialkosten ausgesetzt, sondern hätten auch erheblich in ihr Geschäftsmodell investieren müssen, um angesichts fortschreitender Elektromobilität weiter gefragt zu sein.

EZB-Kurs könnte Exporteure im Euroraum stärken

Sollte die EZB ihren Kurs der lockeren Geldpolitik beibehalten, so böte dies aus Sicht der Kredit-Experten auch einige Vorteile: Sofern es bei den unterschiedlichen Strategien der EZB und der Fed bliebe, ergeben sich demnach neue Geschäftschancen, etwa für Exporteure im Euroraum: „Je mehr sich die Zinsschere zwischen den USA und Europa vergrößert, desto stärker könnte der Euro gegenüber dem Dollar an Wert verlieren. Ausführende europäische Unternehmen könnten dann profitieren, da sich ihre Produkte dann zu günstigeren Preisen in den USA anbieten lassen“, so der Hinweis der Analysten.

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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