Ein Schild weist im Frühjahr 2020 an der A1 in Nähe der Landesgrenze zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein auf eine drastische Maßnahme zur Eindämmung des Coronavirus hin. Wie die Eckpunkte eines runderneuerten Versicherungsschutzes in Pandemie-Zeiten aussehen können, dazu hat sich der Maklerverband BDVM gemeinsam mit Unternehmen beraten. © picture alliance / Markus Scholz | Markus Scholz
  • Von Lorenz Klein
  • 19.08.2020 um 12:53
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In welchen Fällen Betriebsschließungsversicherungen für coronabedingte Schäden aufkommen müssen, bleibt heftig umstritten. Nun hat der Maklerverband BDVM gemeinsam mit der deutschen Industrie einen Vorstoß für eine Pandemie-Deckung unternommen, die sich am Beispiel der Extremus-Versicherung zur Absicherung von Terrorangriffen orientiert. Hier kommen die Details.

Der Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler (BDVM) und der Gesamtverband der versicherungsnehmenden Wirtschaft (GVNW) haben ein gemeinsames Forderungspapier vorgelegt, mit dem Ziel, die Absicherung von Pandemie-Risiken auf neue Füße zu stellen.

Hintergrund sind die anhaltenden Querelen um die Betriebsschließungsversicherung (BSV). So bekamen zuletzt viele Makler den Unmut von Kunden zu spüren, die eine BSV abgeschlossen hatten und davon ausgingen, dass ihre Umsatzausfälle infolge des Corona-Lockdowns von der Police gedeckt seien. Dies betraf vor allem das Gast- und Hotelgewerbe. Viele Fälle werden derzeit allerdings vor Gericht verhandelt, weil einige Versicherer den Standpunkt vertreten, dass der Pandemie-Fall nur unter bestimmten Voraussetzungen versichert sei.

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So gesehen zielt der BDVM-Vorstoß maßgeblich darauf ab, verlorenes Vertrauen in den Unternehmen zurückzugewinnen. In dem Papier fordern die Makler gemeinsam mit der deutschen Industrie eine Pandemie-Deckung aufzubauen, die ähnlich wie bei Terrorrisiken durch die Beteiligung des Staates möglich gemacht werden soll. Der Versicherungsverband GDV hatte unlängst ebenfalls Eckpunkte für ein Versicherungskonzept in Pandemie-Zeiten vorgelegt (wir berichteten).

„Wir, der GVNW und der BDVM, sind bereit, uns bei einer Diskussion über die Schaffung einer Pandemie-Absicherung konstruktiv einzubringen“, teilten die Partner am Dienstag mit.

Welche neun Forderungen der Maklerverband und die Unternehmen konkret äußern, zeigt die nachfolgende Übersicht:

  • Eine Pandemie-Absicherung ist nötig, weil eine umfassende und dauerhafte Absicherung aller aus einer Pandemie folgenden wirtschaftlichen Schäden die Leistungsfähigkeit der Versicherungswirtschaft deutlich überschreitet.
  • Die Absicherung muss allen Arten und Größen von Unternehmen sowie Selbständigen zur Verfügung stehen und sollte sich nicht nur auf kleine- und mittelständische Unternehmen (KMUs) – wie immer dieser Begriff zu definieren ist – beschränken. Hierzu kann und sollte sie gestaffelt sein, weil kleine Unternehmen und Selbstständige einen anderen Bedarf haben als große Industrieunternehmen.
  • Die Pandemie-Absicherung sollte eine freiwillige Lösung sein und keinem Abschlusszwang unterliegen. Es muss jedoch jedem Unternehmer klar sein, dass zur guten Unternehmensführung und zur Risikovorsorge eine Beschäftigung mit dem Abschluss einer solchen Pandemie-Absicherung selbstverständlich sein sollte.
  • Es muss bei der gemeinsamen Schaffung einer Pandemie-Absicherung durch die Versi- cherungswirtschaft und dem Staat jedem Unternehmer klar sein, dass der unterlassene Abschluss einer an sich gebotenen Pandemie-Absicherung nicht dazu führen kann, dass im Pandemiefall eine uneingeschränkte Hilfe des Staates zur Verfügung stehen würde. Es müssen Anreize geschaffen werden, welche die möglichen Betroffenen motivieren, in eine solche „Pandemie-Vorsorge“ zu investieren.
  • Die bewährten Mechanismen der Versicherungswirtschaft und ihre Fähigkeit, entsprechende Beiträge zu kalkulieren und im Schadenfall die Absicherung auch schnell zur Verfügung zu stellen, machen eine solche „Pandemie-Vorsorge“ im Wege einer Versicherungslösung sinnvoll. Die Extremus-Versicherung zur Absicherung von Terrorangriffen kann hier als ein Beispiel dienen und es sollte überlegt werden, Extremus entsprechend auf die Pandemie-Absicherung zu erweitern. Aber auch die Möglichkeit der Schaffung einer eigenständigen Lösung sollte diskutiert werden.
  • Da der Staat durch im Vorhinein finanzierte Pandemie-Absicherung im Pandemiefalle entlastet wird, sollte sich im Rahmen einer sogenannten Public-Private-Partnership der Staat auch bei der Finanzierung einer solchen Pandemie-Abdeckung angemessen beteiligen. Hierdurch könnten die Risikoprämien auch in einem für die Betroffenen vertretbaren finanziellen Rahmen gehalten werden.
  • Diese Versicherungslösung sollte nicht dazu dienen, dass unterhalb einer Mindestschwel- le stattfindende wirtschaftliche Beeinträchtigungen abgedeckt werden. Es ist deswegen mit Bedacht ein einfacher und klarer „Schwellenwert“ wirtschaftlicher Beeinträchtigung und eine damit einhergehende Gefahr für die dauerhafte Fortführung der Tätigkeit der Betroffenen zu definieren, der schnell und unkompliziert die Versicherungsleistungen auslöst. Die Versicherungslösung könnte und sollte über ein Grundangebot hinaus auch noch weitere Stufen einer versicherungsmäßigen Grundabdeckung enthalten.
  • Um insbesondere den Interessen großer gewerblicher und industrieller Unternehmen gerecht zu werden, bedarf es über den Grundbaustein der Versicherungslösung hinaus weitergehender Absicherungsinstrumente. Ob hierfür eine Lösung über eine Versicherung oder über den Kapitalmarkt sachgerecht ist und wie der Staat hieran zu beteiligen ist, ist eine weitere Frage und sollte unter anderem auch von der genauen Ausgestaltung der Grundabdeckung abhängig gemacht werden.
  • Die Schaffung einer Pandemie-Absicherung in Deutschland geschieht nicht im luftleeren Raum. Gerade die Verflechtung der deutschen Wirtschaft mit unseren europäischen Nachbarn in der EU erfordert einen Blick über den Tellerrand. Bei Schaffung einer Pandemie-Absicherung sollte versucht werden, auf europäischer Ebene eine Harmonisierung der Sicherungsinstrumente für den Grundbaustein zu erreichen. Insbesondere bei der Ausbaustufe bietet es sich an, in einem nächsten Schritt eine europäische Lösung anzustreben. Sieht man sich zum Beispiel die Problematik internationaler Lieferketten an, kann es nicht ausreichen, sich nur auf Deutschland zu beschränken. Die deutsche Lösung könnte allerdings ein Referenzmodell für die EU-Staaten sein.
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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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