- Von Redaktion
- 30.10.2020 um 13:41
Was ist geschehen?
Die Klägerin ist Betreiberin eines Münchener Gasthauses und hat einen Versicherungsvertrag, der auch eine Betriebsschließungsversicherung als Deckungserweiterung umfasst. Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege hatte den Betrieb der Klägerin ab dem 21. März 2020 aufgrund des Corona-Virus geschlossen. Die Frau fordert daraufhin Geld von ihrem Versicherer, der will nicht zahlen.
Die rechtliche Wertung des Landgerichts München I
Das LG München hat der Klage wegen einer Corona-bedingten Betriebsschließung stattgegeben (Urteil vom 22.10.2020 – Aktenzeichen 12 O 5868/20). Zunächst stellte das Gericht klar, dass es für die Einstandspflicht der Versicherung auf die Rechtsform und die Rechtmäßigkeit der Anordnung nicht ankomme. Bezogen hat sich das Gericht dabei auf die Betriebsschließung durch das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege am 21. März 2020.
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Außerdem stehe dem Anspruch der Klägerin aus dem Versicherungsvertrag nicht entgegen, dass das Corona-Virus nicht in ihrem Betrieb aufgetreten ist. Maßgeblich sei nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) allein, dass der Betrieb aufgrund des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) geschlossen wurde.
Außerhausverkauf ist unzumutbar
Das Gericht führte weiter aus, dass ein rechtlicher zulässiger Außerhausverkauf der Klägerin nicht zumutbar gewesen sei. Der Betrieb der Klägerin sei damit auch vollständig geschlossen gewesen. Nach Auffassung des Gerichts stellt Außerhausverkauf, wenn er für den Betrieb des Gasthauses lediglich ein vollkommen untergeordnetes Mitnahmegeschäft ist, keine unternehmerische Alternative dar, auf die sich die Versicherungsnehmerin verweisen lassen muss.
Streitgegenständliche Klausel der Versicherungsbedingungen
Die streitgegenständliche, in dem Bedingungswerk enthaltene Klausel sei nach Ansicht des Gerichts intransparent und daher unwirksam. Der Versicherungsumfang sei entgegen der Ansicht der Beklagten damit nicht wirksam eingeschränkt worden. Es müsse der Versicherungsnehmerin, wenn der Versicherungsschutz durch eine AVB-Klausel eingeschränkt wird, deutlich erkennbar gemacht werden, in welchem Umfang Versicherungsschutz trotz der AVB-Klausel besteht, stellt das Gericht klar.
Vorliegend werde Paragraf 1 Ziffer 2 AVB diesen genannten Anforderungen nicht gerecht. In Bezug auf den Wortlaut des Bedingungswerkes gehe die Versicherungsnehmerin davon aus, dass der Versicherungsschutz dem Grunde nach umfassend ist und sich mit dem IfSG deckt. Er gehe ferner davon aus, dass Paragraf 1 Ziffer 2 AVB somit eine bloße Wiedergabe der gesetzlich erfassten Krankheiten und Krankheitserreger darstellt. Für den Versicherten sei nicht ersichtlich, dass die Aufzählung der Krankheiten und Erreger in Paragraf 1 Ziffer 2 AVB im Vergleich zum IfSG unvollständig ist. Diese Annahme sei auf den Umstand zu stützen, dass eine eindeutig und klare Formulierung, wie „nur die folgenden“, „ausschließlich die folgenden“ oder „diese Auflistung ist abschließend“, in der Klausel nicht enthalten sei, so das Landgericht.
Durch das Fehlen einer solchen deutlichen und klaren Formulierung müsste die Versicherungsnehmerin letztendlich die Aufzählung in der AVB-Klausel Wort für Wort mit der aktuellen geltenden Fassung des Infektionsschutzgesetzes vergleich. Nur so könne die Versicherte den wahren Gehalt des Versicherungsschutzes erfassen, unterstreicht das Gericht. Eine Klausel, deren Bedeutung und Tragweite nur durch einen Vergleich mit dem Gesetz erkennbar wird, die der durchschnittliche verständige Versicherungsnehmer nicht kennt, sei jedoch intransparent und verstoße gegen das Transparenzgebot aus Paragraf 307 Absatz 1 Satz 2 BGB.
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