Rechtsanwalt Stephan Michaelis. © Kanzlei Michaelis
  • Von Redaktion
  • 02.11.2020 um 16:17
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Seit Montag befindet sich Deutschland in einem erneuten Lockdown. Welche Folgen hat das jetzt für Betriebsschließungsversicherungen? Diese und weitere Fragen hat der Hamburger Rechtsanwalt Stephan Michaelis in den vergangenen Tagen zuhauf von Maklern bekommen. In diesem Beitrag geht Michaelis auf die häufigsten Fragen zum Thema ein.

4. Leistungsbeschränkungsklauseln im Versicherungsvertrag

Eine ganze Reihe von Betriebsschließungsversicherungen enthalten Klauseln, in denen sinngemäß geregelt ist, dass die Versicherung im Rahmen eines zweiten Schadenfalles durch die behördliche Anordnung der Betriebsschließung wegen der gleichen Umstände möglicherweise nicht erneut leisten muss.

Die Versicherungsbedingungen sind hier oft völlig unklar. Es wird zum Beispiel ausgeführt:

„Wird eine der durch die Versicherung gedeckten Maßnahmen mehrmals angeordnet und beruhen die mehrfachen Anordnungen auf den gleichen Umständen, so wird die nach Teil E, Ziffer 2.1. zu leistende einschlägige Entschädigung nur einmal zur Verfügung gestellt.“ (Versicherungsbedingungen der Alte Leipziger Versicherung AG)

Es stellt sich die Frage, was dies bedeutet? Die Versicherung wird sich bei erneuten Betriebsschließungen aufgrund behördlicher Anordnungen auf Grundlage des Infektionsschutzgesetztes (IfSG) im Rahmen des bevorstehenden zweiten Lockdowns wahrscheinlich auf diese Klausel berufen und argumentieren, dass aufgrund dieser Versicherungsklausel eine erneute Schadenregulierung nicht geschuldet ist.

Ich halte diese Klausel für möglicherweise unwirksam, da auch sie einer AGB-rechtlichen Prüfung meines Erachtens eher nicht standhält. Die Klausel ist meines Erachtens völlig unklar und damit intransparent. Es ist schon unklar, auf welchen Zeitraum sich ein Ausschluss der Versicherungsleistung bei mehrmaliger Anordnung der von der Versicherung gedeckten Maßnahmen beziehen soll. Soll dies auch gelten, wenn zum Beispiel ein Betrieb im Abstand von zehn Jahren aufgrund der gleichen Umstände von der Behörde zweimal geschlossen wird?

Unscharfe und intransparente Klausel

Nach dem Wortlaut der Klausel ist dies möglicherweise der Fall. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird dies hingegen nicht so verstehen. Allein dieses kleine Beispiel zeigt, dass die Klausel völlig unscharf und damit intransparent ist. Auch inhaltlich ist nicht erkennbar, was überhaupt die Anordnung aufgrund „gleicher Umstände“ bedeuten soll. Was genau sind gleiche Umstände? Auch hier kann jeder verstehen, was er möchte. Man kann die Klausel aufgrund ihres unscharfen Wortlautes zu Gunsten der Versicherung fast beliebig weit auslegen, was zur Unwirksamkeit der Klausel führen könnte. Wie die Rechtsprechung dies später beurteilen wird, kann ich naturgemäß nicht vorhersehen.

Soweit der konkrete Betriebsschließungsversicherungsvertrag eine solche Klausel nicht enthält, stellt sich an dieser Stelle natürlich auch kein Problem. Enthält er eine solche Klausel, so sollte der neu eintretende Schadenfall der Versicherung gegenüber trotzdem ordnungsgemäß gemeldet und geltend gemacht werden. Es wird dann später zu klären sein, ob die entsprechende Klausel im Versicherungsvertrag überhaupt Anwendung findet und falls ja, ob sie wirksam ist oder ob die Klausel unwirksam ist und die Versicherung deshalb auch für diesen weiteren Schadenfall leisten muss.

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