- Von Lorenz Klein
- 23.07.2020 um 18:49
Im Frühjahr mussten die Restaurants im Münsterland reihenweise dicht machen – schuld war der Corona-Lockdown. Immerhin hatte aber über die Hälfte der dortigen Wirte eine Betriebsschließungsversicherung (BSV) abgeschlossen, wie der WDR am Dienstag berichtete. Doch viele stünden nun ohne Zahlung da, hieß es – darunter auch der Gastronom André Milewski.
„BSV-Regelung stand zu keinem Zeitpunkt zur Disposition“
„Viele Vergleiche mit Versicherern dürften treuwidrig und damit unwirksam sein“
Vor sieben Jahren schloss Milewski, der ein Brauhaus in Oelde betreibt, eine BSV bei der Haftpflichtkasse ab. Er rechnete nun mit einer Zahlung von über 30.000 Euro. Denn die Police sei darauf ausgelegt gewesen, die wirtschaftlichen Schäden für die ersten 30 Tage zu ersetzen. „Zumal die Versicherung in den ersten drei Wochen behauptete, zahlen zu wollen“, wie der WDR weiter berichtete.
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Doch die Haftpflichtkasse habe diese Aussage nach Abschluss des sogenannten bayerischen Kompromisses wieder zurückgezogen. „Sie würde zahlen, wenn der Betrieb wegen einer Infektion geschlossen werden würde“, heißt es im Bericht.
„Viele Betriebe wurden aber lediglich (…) geschlossen, ohne dass ein konkreter Infektionsfall vorlag“, zitiert der WDR aus einer Stellungnahme der Haftpflichtkasse. „Von dem Betrieb ging also keine unmittelbare Gefährdung für die Gesundheit aus“, so die Begründung.
Allerdings stehe in der Police deutlich, verweisen die Reporter auf die Bedingungen (siehe Foto), „dass die Versicherung zahlt, wenn das Lokal geschlossen werden muss, wegen der Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen – und Corona ist ja so eine“.
Was hat es nun mit dem bayerischen Kompromiss auf sich?
Mehrere Versicherer einigten sich mit dem bayerischen Wirtschaftsministerium, dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) Bayern und der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft darauf, dass sie im Sinne einer „Kulanz-Lösung“ 10 und 15 Prozent des Schadens der BSV-Kunden übernehmen – und das meist bundesweit.
Eine versicherungsrechtliche Pflicht zur vollen Leistung bestünde hingegen aus Sicht der teilnehmenden Versicherer in der Regel nicht, weil fast alle Betriebe in der Corona-Pandemie auf Basis von behördlicher Allgemeinverfügungen geschlossen worden seien – nicht aber aufgrund von Einzelverfügungen, wie es etwa nach einem Salmonellenbefall üblich sei.
Ein Großteil der finanziellen Ausfälle der betroffenen Gaststätten und Hotels in Höhe von gut 70 Prozent würden laut bayerischem Kompromiss ohnehin von Bund und Ländern per Kurzarbeitergeld und Soforthilfen übernommen. Der restliche Schaden auf dem die Wirte sitzen bleiben, betrage demnach also nur noch gut 15 Prozent.
Im November soll die Verhandlung starten
Doch Wirt Milewski will sich auf einen derartigen Deal, den ihm die Haftpflichtkasse angeboten hatte, nicht einlassen – der 37-Jährige hat den Versicherer verklagt. „Im November haben er und sein Anwalt einen ersten Gerichtstermin“, so der WDR.
Wie sich die Haftpflichtkasse zum Thema Betriebsschließungsversicherung positioniert, können Sie hier im Exklusiv-Interview mit Vorstand Torsten Wetzel vom 9. Juni 2020 nachlesen.
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