- Von Redaktion
- 09.11.2022 um 12:36
Das Gesetz zur Modernisierung des Versicherungssteuerrechts (VersStG 2021) ist am 10. Dezember 2020 in Kraft getreten. Das gesetzgeberische Ziel ist es unter anderem, einzelne Normen deutlicher zu fassen und somit mehr Rechtssicherheit zu schaffen. Außerdem kommt es in Deutschland dadurch erstmals zur Einführung einer partiellen Versicherungssteuerpflicht für Lebens- und Krankenversicherungsverträge, die ab dem 1. Januar 2022 abgeschlossen werden. Zudem sind die Versicherungsunternehmen verpflichtet, bei steuerpflichtigen Auszahlungen elektronische Versicherungssteueranmeldungen vorzunehmen.
Die Auswirkungen beim Versicherer und dem Versicherungsvertrieb sind zum Beispiel bei Vertragsabschluss und vor allem in der Vertragsverwaltung insbesondere der Leistungsauszahlung durchaus von Bedeutung. Versicherungsunternehmen haben nun zu entscheiden, wie sie mit diesem Thema in der Praxis umgehen möchten, beispielsweise ist eine Abwägung zwischen den entstehenden Kosten sowie den Ertragsverlusten vorzunehmen.
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Auf den ersten Blick ist die Komplexität des Themas vielleicht nicht direkt erkennbar. Aber die Gesetze und Verordnungen, die hier ineinandergreifen, machen dieses teilweise undurchsichtig.
Steuerbefreite Leistungsauszahlungen
Welche Zahlungen des Versicherungsentgelts weiterhin steuerbefreit sind, ist im Paragrafen 4 VersStG 2021 geregelt. Hierunter fallen beispielsweise Rückdeckungsversicherungen. Auch Versicherungen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung bleiben weiterhin steuerbefreit, ebenso wie bereits bestehende Versicherungsverträge.
Weiterhin sind die Auszahlungen von Versicherungsleistungen steuerbefreit, wenn diese beispielsweise im Falle der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit, bei Verlust der Grundfähigkeit, bei schwerer Erkrankung oder Pflegebedürftigkeit an die versicherte Person oder deren (nahen) Angehörigen gemäß Paragraf 7 Absatz 3 Pflegezeitgesetz (PflegeZG) und gemäß Paragraf 15 Abgabenordnung (AO) erfolgt. Zu diesem Personenkreis zählen beispielsweise Eltern, Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, Geschwister, Kinder und Enkelkinder.
Steuerschädliche Leistungsauszahlungen
Steuerschädliche Leistungsauszahlungen sind Versicherungsverträge, die bei Vertragsabschluss oder durch Veränderungen während der Vertragszeitlaufzeit die Voraussetzungen für die steuerbefreiten Leistungsentgelte gemäß den gesetzlichen Vorgaben nicht erfüllen. Als Beispiel sei hier die Keyman- oder auch Schlüsselkraftversicherung genannt. Hierbei sichern sich Unternehmen finanziell den Todesfall und/oder die Berufsunfähigkeit von wichtigen Schlüsselpersonen wie Führungskräften ab. Die Vorgaben zu den nahen Angehörigen werden nicht erfüllt, da das Unternehmen in solchen Fällen Leistungsempfänger ist.
Auswirkungen
Der Aufwand beim Versicherungsunternehmen für die Umsetzung des Gesetzes zur Modernisierung des Versicherungssteuerrechts, die Verwaltung und Leistungsauszahlung von steuerpflichtigen Versicherungsverträgen sowie für die Meldung von steuerpflichtigen Versicherungsentgelten ist hoch und verursacht entsprechende Kosten. Beispielsweise hat der Versicherer bereits bei Vertragsabschluss zu prüfen und zu beurteilen, ob es sich um einen steuerbefreiten oder steuerschädlichen Versicherungsvertrag handelt.
Auch bei Vertragsänderungen kann dies erforderlich sein, beispielsweise wenn eine Leistungserweiterung wie der Einschluss einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung vereinbart wird oder eine Änderung des Bezugsrechts vorliegt. Abhängig vom Prüfungsergebnis ist ein erhöhter Kommunikations- und Informationsbedarf seitens des Versicherers mit dem Vertragspartner erforderlich. Das Prüfungsergebnis ist im Bestandsverwaltungs- und gegebenenfalls Leistungssystem zu dokumentieren. Bei steuerpflichtigen Auszahlungen ist die elektronische Versicherungssteueranmeldung vorzunehmen. Darüber hinaus sind bestehende Prozesse, Arbeits- sowie Verfahrensweisen und Druckstücke anzupassen. Auch die Mitarbeitenden und der Versicherungsvertrieb sind über das Thema sowie seine Auswirkungen auf die Praxis zu informieren und gegebenenfalls zu schulen.
Vor diesem Hintergrund scheuen einige Versicherer den beschriebenen Aufwand und bieten nur noch Produkte an, die keine Versicherungsteuer auslösen. Eine solche rein aufwandsorientierte Entscheidung hat selbstverständlich wiederum Auswirkungen auf künftige Umsatzchancen und somit auf den Versicherungsvertrieb, der in der Folge dieses Geschäftsfeld nicht mehr bedienen kann. Am Ende bleibt es eine Abwägung zwischen Kosteneinsparungen versus Umsatzeinbußen.
Lösungsansatz
Eine Kosten-/Nutzen-Betrachtung sollte die Ableitung und Umsetzung verschiedener – auch technischer – Lösungen beinhalten. Die Themenbegleitung sollte daher von Fachleuten erfolgen, die sich mit dem Versicherungssteuerrecht und den Prozessen bei Versicherungsunternehmen auskennen sowie über eine ausgeprägte betriebswirtschaftliche und insbesondere technologische Kompetenz verfügen.
Über die Autorin
Sandra Weis ist als Senior Business Consultant bei Adesso tätig. Sie hat jahrzehntelange Erfahrung im Projektmanagement und als Business Analyst im Bereich der Lebensversicherung einschließlich Betriebliche Altersversorgung sowie Biometrie.
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